Wanderungen durch die Mark Brandenburg
vertellen noch allerhann anner
dumm Tüüch un dohn joa binah, as wenn he de Dü-
wel selber west wihr. Se seggen, he föhr nich giern
dörch 'n Sann, un wenn he sinen Mantel antrecken
deih, denn wihr et mit eens as en groten Winn, un
Kutsch un Pierd un allens geng heidi dörch de Luft.
Mal eens verluhr sien Kutscher sien' Pietsch un wull
sich büggen. Awers Oll-Sparr heel' em von hinnen
her fast un seggte man bloot: ›Vergett nich, mien
Söhn, wo du bist.‹ Un as de Kutscher den annern
Dag durch Biesenthal torüggföhr, doa seech he, dat
sien' Pietsch an 'n Biesenthalschen Kirchturm hängen
deih. Awers ick glöv et nich. Ick bin nich bührtig
vunn Pren'n.«
»Ich glaub es auch nicht, aber man kann doch nicht
wissen.«
»Nei. weeten kann man't nich. Un se seggen ook, he
spökt in dissen Wald, hier so rümmer. Un ick hebb
ook all so watt hührt, as wie Pietschenknalln un
Pruhsten un as ob een' vunn wiet aff lachen deih.
Nei, weeten kann man't nich.«
1540
»Adieu, Papa, und seht Euch vor.«
»Wovor?«
»Vor 'm alten Sparr.«
Er lachte und rief mir nach: »Nei, nei, de Sünn is joa
noch an 'n Heben. Un he kümmt nich an helln lichten
Dag.«1)
Es war, wie der Alte gesagt hatte, Prenden versteck-
te sich. Aber in einiger Entfernung drehte sich eine
Mühle langsam im Winde. Dort mußt es sein.
Und dort war es wirklich. Kaum daß ich die Mühle
passiert hatte, so stand ich abermals an einem jener
vielen Taleinschnitte, die hier das Hügelland durch-
ziehen, und sah, über die Kronen der unten stehen-
den Bäume hinweg, in Dorf Prenden hinein. Ich wer-
de dieses Anblicks nicht leicht vergessen. Nach
rechts hin dehnte sich ein stiller, graublauer See mit
breitem Sandufer, während sich zur Linken ein durch
Gartenland und bestellte Äcker hinplätscherndes
Fließ in Wald und Wiese verlor. Dazwischen aber –
dem Lauf des Tales nicht folgend, sondern die Längs-
linie desselben quer durchschneidend – lag das Dorf,
auf seinen zwei höchsten Punkten Schloß und Kirche
tragend.
Die bunten Farben eines Herbsttages steigerten noch
den Reiz des Bildes.
1541
Ich durchschritt das Dorf, um zuerst die jenseits ge-
legene Kirche nach ihren etwaigen Schätzen zu
durchforschen. Konnte nicht Edell Sparr ein Marmor-
denkmal im hohen Chor oder Emerentia von
Seestedt einen Denkstein vor dem Altar haben? Die
Hoffnung war gerechtfertigt, aber sie blieb unerfüllt,
und ich habe selten einen freudloseren Platz betre-
ten. Malerisch hatte mich die Kirche von der andern
Seite des Hügels aus gegrüßt, nun erst sah ich, daß
alles nicht viel andres als eine Landschaftscoulisse
gewesen war. Das Innere kahl, der Kirchhof verödet
und kein Andenken erfindbar als das eine , das sich der Feldmarschall selber gestiftet: zwei schöne Glocken , deren Inschriften unter einer Kruste von
Schwalbenguano meiner Entzifferungskunst spotte-
ten.
Und so hatt ich denn Einblick in eine Kirche getan,
deren gesamter Kunstschmuck ein zerbrochener Rest
eines Altarschnitzwerks und deren historisches
Glanzstück, außer den zwei Glocken, eine vereinzelte
Kriegsdenkmünze vom Jahre 1813 war.
Ich war enttäuscht, aber nicht verstimmt, denn
Kirchhof und Kirche hatten als Musterstücke in ihrer Art zu mir gesprochen. Auch hatt ich bald der Öde
vergessen, als die Dorfstraße mich wieder aufnahm.
An hohen Stangen reiften die Saatbohnen für das
nächste Jahr, und der eigentliche Baum an dieser
Stelle schien der Holunderbaum zu sein, dessen
schwarzrote Beerenbüschel über alle Zäune hingen.
Diese selbst aber waren mehr in graue Flechten als
in grünes Moos gekleidet, und der Rauch stieg lang-
1542
sam und mühevoll auf, als läg ein Druck auf allen
Dächern.
So kam ich an den diesseitigen Krug, genau die Stel-
le, wo vordem die Einfahrt in den Schloßhof war. Die
Krügerin berichtete mir ähnliches wie der alte Reisig-
sammler und fuhr dann, indem sie mich plaudernd
an die Küchentüre führte, fort: »Hier links und rechts
waren die Karpfenteiche, so weit das Kohlfeld reicht,
und weiter hin, wo Sie den türkischen Weizen sehen,
da fing der Obstgarten an. Dies hier herum war Hof.
Mein Mann hat es gekauft: Krug und Schloß und Gar-
ten und alles, was auf und in der Erde ist.« Auf meine Frage, »ob viel in der Erde sei«, antwortete sie
zustimmend und erzählte mir, daß nicht nur der Zie-
genstall des alten Reisigsammlers, sondern auch die
Wirtschaftsgebäude des Krügers aus dem
Weitere Kostenlose Bücher