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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Brandenburg,
    Herzogtum Hinterpommern und Fürstentum Halber-
    stadt belegenen Festungen, Obrister zu Roß und zu
    Fuß, Herr zu Trampe, Prenden, Lanke und Neustadt
    an der Dohhl« (soll höchstwahrscheinlich Dosse hei-
    ßen). Darunter das Sparrsche Wappen.
    Diese Glocke, wie man sonst wohl mit gesprungenen
    Glocken tut, umzuschmelzen wäre nicht ratsam, da
    sie dadurch aufhören würde die alte Sparren-Glocke
    zu sein, und zwar, soviel ich weiß, die schönste und
    reichste, die er hat gießen lassen. Allerhand Sagen
    knüpfen sich außerdem an dieselbe, die den Feuer-
    tod sterben würden, wenn man sich entschlösse,
    durch Umschmelzung aus der alten Glocke eine neue
    zu machen. Die eine Sage berichtet die vielerorten
    wiederkehrende Geschichte vom Glockengießer, der
    eine Schlange mit in die Glockenspeise hineingetan
    habe, so daß seitdem die Schlangen aus der Umge-
    gend verschwunden seien. Die andere meint, daß die
    Glocke aus türkischen Geschützen gegossen sei, die
    der Feldmarschall während seines Türkenzuges den
    Ungläubigen abgenommen, ja sie geht noch weiter
    und verbürgt sich, daß Sparr die Glocke selbst er-
    obert und später dafür gesorgt habe, daß sie durch
    Tramper Bauern aus dem fernen Ungarlande herbei-
    geholt worden. Auch die glaubhaftere Hälfte dieser
    Tradition hält eine Kritik nicht aus, da die Glocke, wie sie selber besagt, 1660 gegossen wurde und »Vater
    Sparr« erst 1664 seinen großen Türkenzug antrat.

    1550

    Und nun endlich Lichterfelde selbst. In seiner Kirche,
    der ausnahmsweise die Sparren-Glocken fehlen, be-
    finden sich drei Kindergrabsteine aus der Sparren-
    Zeit. Sie sind sehr abgetreten, einer so völlig, daß
    von Inschriftlesen keine Rede mehr sein konnte. Bei
    den beiden andern entzifferte ich folgendes. Auf dem
    größeren : »Anno 1606 (oder 1600, wahrscheinlich letzteres) ist geboren Anna Sparr und... 16... in Gott
    selig entschlafen; der Seele Gott genade.« – Auf
    dem kleineren : »Anno 1604 den 2. Januar ist geboren Elisabeth Sparrn... entschlafen den 3. Januar um
    12 Uhr in der Nacht.«
    Die Hauptsehenswürdigkeit ist das Schloß , in dem mutmaßlich um 1605 unser Otto Christoph geboren
    wurde. Dieser Umstand allein schon würde dem
    Schloß ein Anrecht auf unser Interesse geben; es
    trifft sich aber, daß es, abgesehen von seinen Bezie-
    hungen zu den Sparrs, auch als eine durch Eigenart
    und Munifizenz ausgezeichnete bauliche Schöpfung
    anzusehen ist.
    Über die näheren Umstände des Baues, über Jahres-
    zahl, Namen der Bauherrn und des Baumeisters, gibt
    eine lateinische Inschrift Auskunft, die sich in Front
    des Schlosses befindet. Sie lautet:
    »Dominus conserva nos. Psalm 126: ›Nisi Dominus
    aedificaverit domum in vanum laboraverant, qui ae-
    dificant.‹ Ao. Dni. 1565 die 26 Julii Arendt et Chris-
    toph fratres de Sparrn hanc domum aedificare ince-

    1551
    perunt, in Ao. 1567 cum gratia Dei patris nostri Jesu
    Christi consummaverunt per Joachimum de Roncha
    ex Italia de Manilia.
    Soli Deo Gloria.
    Renovat. In Ao. 1580.«

    Also etwa:
    »Der Herr schütze und bewahre uns. Psalm 126
    (muß heißen: Psalm 127): ›Wo der Herr nicht das
    Haus bauet, so arbeiten umsonst, die dran bauen.‹
    Anno 1565 haben die Brüder Arendt und Christoph
    von Sparr dies Haus zu bauen angefangen; An-
    no 1567 haben sie es durch die Gnade Gottes und
    unseres Heilands Jesu Christi beendigt, und zwar
    unter Leitung Joachims von Roncha aus Manilia in
    Italien. Ruhm dem alleinigen Gott. Erneuert An-
    no 1580.«
    Diese Inschrift, wiewohl bis diesen Tag in aller Deut-
    lichkeit zu lesen, hat zwei schwache Punkte: einmal
    den Namen und Geburtsort des italienischen Bau-
    meisters, dann die Renovierungs-Jahreszahl 1580.
    Es ist mindestens ungewöhnlich, daß ein überaus
    solid aufgeführter Schloßbau nach dreizehn Jahren
    schon wieder renoviert wird. Dies aber ist unwichti-
    ger. Wichtiger ist die Frage: Wer war dieser Joachim
    von Roncha aus Manilia in Italien? gibt es ein Manilia, gibt es einen Roncha? oder ist alles Irrtum und Ver-drehung von Anfang bis Ende? Mörner hat folgende

    1552
    Lesart vorgeschlagen: »per Fra. Chiaramellum (da
    Gandino) ex Italia de Venetia«, wobei er sich auf die
    Tatsache beruft, daß es einen Joachim von Roncha
    niemals gab, wohl aber einen Francesco Chiaramelo
    oder Chiaramelli (da Gandino), der von 1562
    bis 1565 die Festung Spandau zu bauen begann.
    Diese Mörnersche Interpretation ist außerordentlich
    scharfsinnig und

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