Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Brandenburg,
Herzogtum Hinterpommern und Fürstentum Halber-
stadt belegenen Festungen, Obrister zu Roß und zu
Fuß, Herr zu Trampe, Prenden, Lanke und Neustadt
an der Dohhl« (soll höchstwahrscheinlich Dosse hei-
ßen). Darunter das Sparrsche Wappen.
Diese Glocke, wie man sonst wohl mit gesprungenen
Glocken tut, umzuschmelzen wäre nicht ratsam, da
sie dadurch aufhören würde die alte Sparren-Glocke
zu sein, und zwar, soviel ich weiß, die schönste und
reichste, die er hat gießen lassen. Allerhand Sagen
knüpfen sich außerdem an dieselbe, die den Feuer-
tod sterben würden, wenn man sich entschlösse,
durch Umschmelzung aus der alten Glocke eine neue
zu machen. Die eine Sage berichtet die vielerorten
wiederkehrende Geschichte vom Glockengießer, der
eine Schlange mit in die Glockenspeise hineingetan
habe, so daß seitdem die Schlangen aus der Umge-
gend verschwunden seien. Die andere meint, daß die
Glocke aus türkischen Geschützen gegossen sei, die
der Feldmarschall während seines Türkenzuges den
Ungläubigen abgenommen, ja sie geht noch weiter
und verbürgt sich, daß Sparr die Glocke selbst er-
obert und später dafür gesorgt habe, daß sie durch
Tramper Bauern aus dem fernen Ungarlande herbei-
geholt worden. Auch die glaubhaftere Hälfte dieser
Tradition hält eine Kritik nicht aus, da die Glocke, wie sie selber besagt, 1660 gegossen wurde und »Vater
Sparr« erst 1664 seinen großen Türkenzug antrat.
1550
Und nun endlich Lichterfelde selbst. In seiner Kirche,
der ausnahmsweise die Sparren-Glocken fehlen, be-
finden sich drei Kindergrabsteine aus der Sparren-
Zeit. Sie sind sehr abgetreten, einer so völlig, daß
von Inschriftlesen keine Rede mehr sein konnte. Bei
den beiden andern entzifferte ich folgendes. Auf dem
größeren : »Anno 1606 (oder 1600, wahrscheinlich letzteres) ist geboren Anna Sparr und... 16... in Gott
selig entschlafen; der Seele Gott genade.« – Auf
dem kleineren : »Anno 1604 den 2. Januar ist geboren Elisabeth Sparrn... entschlafen den 3. Januar um
12 Uhr in der Nacht.«
Die Hauptsehenswürdigkeit ist das Schloß , in dem mutmaßlich um 1605 unser Otto Christoph geboren
wurde. Dieser Umstand allein schon würde dem
Schloß ein Anrecht auf unser Interesse geben; es
trifft sich aber, daß es, abgesehen von seinen Bezie-
hungen zu den Sparrs, auch als eine durch Eigenart
und Munifizenz ausgezeichnete bauliche Schöpfung
anzusehen ist.
Über die näheren Umstände des Baues, über Jahres-
zahl, Namen der Bauherrn und des Baumeisters, gibt
eine lateinische Inschrift Auskunft, die sich in Front
des Schlosses befindet. Sie lautet:
»Dominus conserva nos. Psalm 126: ›Nisi Dominus
aedificaverit domum in vanum laboraverant, qui ae-
dificant.‹ Ao. Dni. 1565 die 26 Julii Arendt et Chris-
toph fratres de Sparrn hanc domum aedificare ince-
1551
perunt, in Ao. 1567 cum gratia Dei patris nostri Jesu
Christi consummaverunt per Joachimum de Roncha
ex Italia de Manilia.
Soli Deo Gloria.
Renovat. In Ao. 1580.«
Also etwa:
»Der Herr schütze und bewahre uns. Psalm 126
(muß heißen: Psalm 127): ›Wo der Herr nicht das
Haus bauet, so arbeiten umsonst, die dran bauen.‹
Anno 1565 haben die Brüder Arendt und Christoph
von Sparr dies Haus zu bauen angefangen; An-
no 1567 haben sie es durch die Gnade Gottes und
unseres Heilands Jesu Christi beendigt, und zwar
unter Leitung Joachims von Roncha aus Manilia in
Italien. Ruhm dem alleinigen Gott. Erneuert An-
no 1580.«
Diese Inschrift, wiewohl bis diesen Tag in aller Deut-
lichkeit zu lesen, hat zwei schwache Punkte: einmal
den Namen und Geburtsort des italienischen Bau-
meisters, dann die Renovierungs-Jahreszahl 1580.
Es ist mindestens ungewöhnlich, daß ein überaus
solid aufgeführter Schloßbau nach dreizehn Jahren
schon wieder renoviert wird. Dies aber ist unwichti-
ger. Wichtiger ist die Frage: Wer war dieser Joachim
von Roncha aus Manilia in Italien? gibt es ein Manilia, gibt es einen Roncha? oder ist alles Irrtum und Ver-drehung von Anfang bis Ende? Mörner hat folgende
1552
Lesart vorgeschlagen: »per Fra. Chiaramellum (da
Gandino) ex Italia de Venetia«, wobei er sich auf die
Tatsache beruft, daß es einen Joachim von Roncha
niemals gab, wohl aber einen Francesco Chiaramelo
oder Chiaramelli (da Gandino), der von 1562
bis 1565 die Festung Spandau zu bauen begann.
Diese Mörnersche Interpretation ist außerordentlich
scharfsinnig und
Weitere Kostenlose Bücher