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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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bequemen
    Steinbruch des ehemaligen Sparren-Schlosses ge-
    baut worden seien.
    Ich trat nun in den Garten, um die Reste, die bis
    dahin der Spreng- und Grabekunst der Prendener
    gespottet haben mochten, in Augenschein zu neh-
    men. Anfangs empfing ich nur den Eindruck einer
    unentwirrbaren Masse, bald aber fand ich mich zu-
    recht und konnte, mit Hülfe der nach zwei Seiten hin
    völlig intakt erhaltenen Fundamente, die Grundform
    des alten Schlosses unschwer verfolgen. Es scheint
    ein Gebäude von funfzig Fuß Länge und halb soviel
    Tiefe gewesen zu sein, an das sich nach der Hofseite
    hin ein Turm, wahrscheinlich der Treppenturm, an-
    lehnte. Die schön gewölbten Keller sind noch teilweis
    im Gebrauch, ja, bis vor kurzem ließ sich das ganze

    1543
    Souterrain durchschreiten, und Küche und Waschkü-
    che (mit dem eingemauerten Kessel) waren unver-
    kennbar. Die Festigkeit dieser Grundmauern ist ihre
    Rettung gewesen und ist es noch, sonst würden auch
    sie bald verschwunden sein, um als Stallgebäude wieder aufzuwachsen. Ein bescheidenes Maß von
    Schutz mag ihnen auch der Umstand gewähren, daß
    sie hoch mit Erdreich überschüttet sind, so daß Birn-
    bäume darauf wachsen und Hagebuttensträucher
    eine Art lebendiger Hecke bilden.
    Ich pflückte mir einen Zweig, an dem bereits die ro-
    ten Beeren hingen, und steckt ihn an den Hut. Und
    als ich bald darauf wieder auf der Höhe des Hügels
    stand und noch einmal in das verschleiert darlegende
    Dorf zurückblickte, das jetzt, bei niedergehender
    Sonne, in wunderbaren Farben schwamm, klang, von
    der andern Hügelseite her, die Betglocke zu mir her-
    über. Es war eine der alten Sparren -Glocken, und es klang mir, als riefe sie mir einen Gruß nach und einen Dank für freundliches Gedenken.
    Und nun trat ich, weiterschreitend, in den dunkel
    gewordenen Forst, und die Fichtenkronen neigten
    sich tief im Abendwind. Ein Rauschen ging voll und
    wachsend durch den Wald. Ich zuckte zusammen,
    halb in Lächeln und halb in Bangen, und murmelte
    vor mich hin: »Sparr kümmt – man kann et nich
    weeten.«

    1544
    1. Es ist sehr interessant, zu verfolgen, in wel-
    cher Art und nach welchen Gesetzen das Volk
    sich seine Helden ausstaffiert. Es verfährt da-
    bei lediglich nach einem ihm innewohnenden
    romantischen Bedürfnis und ist gegen nichts
    gleichgültiger als gegen den wirklichen histo-
    rischen Sachverhalt. Otto Christoph von Sparr
    war in den letzten zehn Jahren seines Lebens
    ein frommer Kriegsheld. Hätte seine Fröm-
    migkeit nach außen hin in irgend etwas Wun-
    dersamem eklatiert, so würde diese eklatante
    Tat für das Sagenbedürfnis der Prendener
    Stoff und Anlehnung geboten haben; da
    Sparrs Frömmigkeit aber stille Wege ging und
    alles frappierend Wundersame vermied, so
    war sie für die Prendener so gut wie gar nicht
    da, die denn auch sein Leben um Züge be-
    fragten, die mehr in die Augen sprangen. Da
    hörten sie von Türkenzügen, vom Nieder-
    schießen des Marienkirchturms, von Ketten-
    kugeln, von seinen sonstigen Wundern als Ar-
    tilleriegeneral, und der Zauberer war fertig. Er hat nun Fausts Mantel und fährt, wie Derfflinger, über die Kirchtürme hin, an denen der
    eine die Peitsche des Kutschers, der andre die
    Teerbutte seines Wagens hängenläßt. Was
    den Stein mit den Krampen und Ketten und
    den vier Sklaven angeht, so ist es ersichtlich,
    daß das Reiterbild des Großen Kurfürsten, mit
    den vier Gefesselten am Sockel desselben, zu
    dieser wie zu ähnlichen Sagen Veranlassung
    gegeben hat.

    1545

    Lichterfelde

    Sein Nam' und seiner Glocken Klang
    Ziehen still die Heid entlang.

    Prenden bildete den linken Flügel des Sparren-
    Landes, dessen Zentrum , wie schon hervorgehoben, um Neustadt-Eberswalde herum gelegen war. Es
    bestand aus folgenden Dörfern: Hohenfinow, Tor-
    now, Sommerfelde, Kruge, Klobbicke, Wölsickendorf,
    Dannenberg, Heckelberg, Trampe und Lichterfelde.
    In den sechs erstgenannten Dörfern, die seinerzeit
    zu dem ältesten Besitzstande der Familie gehörten,
    ist nichts mehr, was an die Sparrs erinnerte. Verblei-
    ben noch: Dannenberg, Heckelberg, Trampe und
    Lichterfelde.

    In Dannenberg klingt es nur leise noch von den
    Sparrs, und allein ihr Name lebt noch fort in dem
    »Sparren-Busch«, der unmittelbar vor dem Dorfe
    beginnt und den Reisenden bis in die Freienwalder
    Heide begleitet.

    1546

    In Heckelberg finden wir schon mehr. Hier begegnen
    wir wieder einigen Sparren- Glocken . Heckelberg war nur kurze Zeit in

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