Wanderungen durch die Mark Brandenburg
bequemen
Steinbruch des ehemaligen Sparren-Schlosses ge-
baut worden seien.
Ich trat nun in den Garten, um die Reste, die bis
dahin der Spreng- und Grabekunst der Prendener
gespottet haben mochten, in Augenschein zu neh-
men. Anfangs empfing ich nur den Eindruck einer
unentwirrbaren Masse, bald aber fand ich mich zu-
recht und konnte, mit Hülfe der nach zwei Seiten hin
völlig intakt erhaltenen Fundamente, die Grundform
des alten Schlosses unschwer verfolgen. Es scheint
ein Gebäude von funfzig Fuß Länge und halb soviel
Tiefe gewesen zu sein, an das sich nach der Hofseite
hin ein Turm, wahrscheinlich der Treppenturm, an-
lehnte. Die schön gewölbten Keller sind noch teilweis
im Gebrauch, ja, bis vor kurzem ließ sich das ganze
1543
Souterrain durchschreiten, und Küche und Waschkü-
che (mit dem eingemauerten Kessel) waren unver-
kennbar. Die Festigkeit dieser Grundmauern ist ihre
Rettung gewesen und ist es noch, sonst würden auch
sie bald verschwunden sein, um als Stallgebäude wieder aufzuwachsen. Ein bescheidenes Maß von
Schutz mag ihnen auch der Umstand gewähren, daß
sie hoch mit Erdreich überschüttet sind, so daß Birn-
bäume darauf wachsen und Hagebuttensträucher
eine Art lebendiger Hecke bilden.
Ich pflückte mir einen Zweig, an dem bereits die ro-
ten Beeren hingen, und steckt ihn an den Hut. Und
als ich bald darauf wieder auf der Höhe des Hügels
stand und noch einmal in das verschleiert darlegende
Dorf zurückblickte, das jetzt, bei niedergehender
Sonne, in wunderbaren Farben schwamm, klang, von
der andern Hügelseite her, die Betglocke zu mir her-
über. Es war eine der alten Sparren -Glocken, und es klang mir, als riefe sie mir einen Gruß nach und einen Dank für freundliches Gedenken.
Und nun trat ich, weiterschreitend, in den dunkel
gewordenen Forst, und die Fichtenkronen neigten
sich tief im Abendwind. Ein Rauschen ging voll und
wachsend durch den Wald. Ich zuckte zusammen,
halb in Lächeln und halb in Bangen, und murmelte
vor mich hin: »Sparr kümmt – man kann et nich
weeten.«
1544
1. Es ist sehr interessant, zu verfolgen, in wel-
cher Art und nach welchen Gesetzen das Volk
sich seine Helden ausstaffiert. Es verfährt da-
bei lediglich nach einem ihm innewohnenden
romantischen Bedürfnis und ist gegen nichts
gleichgültiger als gegen den wirklichen histo-
rischen Sachverhalt. Otto Christoph von Sparr
war in den letzten zehn Jahren seines Lebens
ein frommer Kriegsheld. Hätte seine Fröm-
migkeit nach außen hin in irgend etwas Wun-
dersamem eklatiert, so würde diese eklatante
Tat für das Sagenbedürfnis der Prendener
Stoff und Anlehnung geboten haben; da
Sparrs Frömmigkeit aber stille Wege ging und
alles frappierend Wundersame vermied, so
war sie für die Prendener so gut wie gar nicht
da, die denn auch sein Leben um Züge be-
fragten, die mehr in die Augen sprangen. Da
hörten sie von Türkenzügen, vom Nieder-
schießen des Marienkirchturms, von Ketten-
kugeln, von seinen sonstigen Wundern als Ar-
tilleriegeneral, und der Zauberer war fertig. Er hat nun Fausts Mantel und fährt, wie Derfflinger, über die Kirchtürme hin, an denen der
eine die Peitsche des Kutschers, der andre die
Teerbutte seines Wagens hängenläßt. Was
den Stein mit den Krampen und Ketten und
den vier Sklaven angeht, so ist es ersichtlich,
daß das Reiterbild des Großen Kurfürsten, mit
den vier Gefesselten am Sockel desselben, zu
dieser wie zu ähnlichen Sagen Veranlassung
gegeben hat.
1545
Lichterfelde
Sein Nam' und seiner Glocken Klang
Ziehen still die Heid entlang.
Prenden bildete den linken Flügel des Sparren-
Landes, dessen Zentrum , wie schon hervorgehoben, um Neustadt-Eberswalde herum gelegen war. Es
bestand aus folgenden Dörfern: Hohenfinow, Tor-
now, Sommerfelde, Kruge, Klobbicke, Wölsickendorf,
Dannenberg, Heckelberg, Trampe und Lichterfelde.
In den sechs erstgenannten Dörfern, die seinerzeit
zu dem ältesten Besitzstande der Familie gehörten,
ist nichts mehr, was an die Sparrs erinnerte. Verblei-
ben noch: Dannenberg, Heckelberg, Trampe und
Lichterfelde.
In Dannenberg klingt es nur leise noch von den
Sparrs, und allein ihr Name lebt noch fort in dem
»Sparren-Busch«, der unmittelbar vor dem Dorfe
beginnt und den Reisenden bis in die Freienwalder
Heide begleitet.
1546
In Heckelberg finden wir schon mehr. Hier begegnen
wir wieder einigen Sparren- Glocken . Heckelberg war nur kurze Zeit in
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