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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Umbau jedoch
    im Jahre 1688 bereits seinen Anfang nahm,
    so ist es mindestens fraglich, ob Terwesten
    das ursprüngliche Schloß, wie es die Kurfürs-
    tin hier entstehen ließ, noch gesehen hat.
    Dennoch möcht ich auf diesen Umstand kein
    allzu bedeutendes Gewicht legen, da es, zwei
    Jahre nach dem Neu- und Umbau des Schlos-
    ses, allerdings nicht schwerhalten konnte, bei
    Malern und Architekten Auskunft darüber zu
    erhalten, wie denn eigentlich das Schloß der
    Oranierin gewesen sei, immer vorausgesetzt,
    daß dem Künstler daran gelegen war, über
    diesen Punkt Zuverlässiges zu erfahren . Es ist
    aber sehr zweifelhaft, daß ihm daran lag.
    Denn wir dürfen nicht vergessen, daß er den
    Moment der Landesschenkung (1650) bildlich
    darzustellen hatte, also einen Moment, der
    dem Schloßbau um vier, mindestens aber um
    zwei Jahre vorausging. Er konnte sich also in
    seinem künstlerischen Gewissen nicht im ge-
    ringsten gedrungen fühlen, ein Schloß in his-
    torischer Treue darzustellen, das 1650 noch
    gar nicht existierte, sondern erst 1654 fertig
    aus der Hand des Baumeisters hervorging.

    1790
    Die Zeit Friedrichs III.,
    von 1688 bis 1713
    Schloß Oranienburg war, wie wir es geschildert ha-
    ben, ein Bau von mäßigen Dimensionen (nur fünf
    Fenster breit), als 1688, nach dem Tode des Großen
    Kurfürsten, der prachtliebende Friedrich III. zur Re-
    gierung kam. Es war eine Zeit für die bildenden
    Künste in unserem Lande wie vielleicht keine zwei-
    te1), zumal wenn man die verhältnismäßig beschei-
    denen Mittel in Anschlag bringt, die dem fürstlichen
    Bauherrn zur Verfügung standen. Schloß Köpenick,
    wo der Kurfürst die letzten Jahre vor seiner Thronbe-
    steigung zugebracht hatte, wurde zuerst beendet;
    dann folgte, mit einer Munifizenz, die noch weit über
    das hinausging, was in Köpenick geleistet worden
    war, der Ausbau des Oranienburger Schlosses. Ob
    der Kurfürst damals die Absicht hatte, das Schloß an
    der Oberhavel zu seinem bevorzugten Aufenthalt zu
    machen, oder ob er seiner Stiefmutter, der holstein-
    schen Dorothea, in nicht mißzuverstehender Weise
    zeigen wollte, wie heilig, wie wert ihm die Schöpfung
    und Hinterlassenschaft seiner rechten Mutter sei, gleichviel, Schloß Oranienburg wuchs alsbald aus
    seiner engen Umgrenzung heraus, und ein Prachtbau
    stieg empor, wie die Marken damals, mit alleiniger
    Ausnahme des Schlosses zu Cölln an der Spree, kei-
    nen zweiten aufzuweisen hatten. Von 1688 bis 1704
    dauerte der Bau, und das Schloß nahm im wesentli-
    chen die Gestalt und Dimensionen an, worin wir es
    noch jetzt erblicken. An ein reich ornamentiertes
    Mittelstück (corps de logis) lehnten sich zwei Vorder-

    1791
    und zwei Hinterflügel, zwischen denen ein nach einer
    Seite hin geöffneter Hofraum lag. Ganz wie jetzt. Am
    Ende jedes der vier Flügel erhob sich ein Pavillon,
    und das corps de logis trug zwischen dem Dach und
    den Fenstern des dritten Stockes die Frontalinschrift:
    »A Ludovica princip. Auriac. matre optima exstruct.
    et nom. gentis insignit. aedes Friedericus Tertius
    Elector in memoriam parentis piissimae ampliavit,
    ornavit, auxit MDCXC.« (Dies von der besten Mutter,
    der Prinzessin von Oranien, Luise, gebaute und durch
    den Namen ihres Geschlechts ausgezeichnete Schloß
    hat der Kurfürst Friedrich III. zum Gedächtnis der
    frömmsten Mutter erweitert und geschmückt im Jah-
    re 1690.) Diese Inschrift existiert noch.
    Es kann nicht Zweck dieser Zeilen sein, mit Hülfe
    noch vorhandener Aufzeichnungen den Leser durch
    eine lange Reihe von Prachtzimmern und Galerien,
    von Sälen und Porzellancabinetten zu führen, von
    denen, mit Ausnahme weniger Zimmer, die ich ge-
    gen den Schluß des Aufsatzes hin zu beschreiben
    gedenke, auch jede Spur verlorengegangen ist; nur
    einiges werde ich hervorzuheben haben, um wenigs-
    tens eine Andeutung von dem Reichtum zu geben,
    der innerhalb dieser Mauern heimisch war. In dem
    Treppenhaus, das fast die halbe Breite des corps
    de logis einnahm, sprang eine Fontaine und trieb den
    Wasserstrahl bis in das dritte Stock hinauf; die Trep-
    pe selbst aber war unten mit vier Jaspis- und weiter
    oben mit vier Marmorsäulen geschmückt. An der
    gewölbten Decke waren die vier Laster des Hofes:
    Gleisnerei, Verleumdung, Neid und Habsucht, darge-
    stellt, wie sie von ebenso vielen Engeln aus dem

    1792
    Himmel gestürzt werden. Deckengemälde, zum Teil
    ähnlichen symbolischen Inhalts, zeigten sich in fast
    allen größeren Sälen. Im

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