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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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den Namen »die Oranienburg« erhielt. In kürzester Frist tat
    auch die zu Füßen des Schlosses gelegene Stadt ihren alten Namen Bötzow beiseit und nahm den Na-
    men Oranienburg an. Das Jahr 1650 (eigent-
    lich 1652) bezeichnet also einen Wendepunkt. Bis
    dahin Burg und Stadt Bötzow, von da ab Schloß und Stadt Oranienburg.
    Auch die Geschichte von Schloß Oranienburg, der wir
    uns jetzt zuwenden, sondert sich in drei Hauptepo-
    chen, und zwar in die Zeit der Kurfürstin Luise Hen-
    riette, von 1650 bis 1667, in die Zeit ihres Sohnes,
    des ersten Königs, von 1688 bis 1713, und in die
    Zeit des Prinzen August Wilhelm, von 1744 bis 1758.
    Alles andere wird nur in Kürze zu erwähnen sein.

    1784

    Die Zeit Luise Henriettens,
    von 1650 bis 1667
    Kaum war die Schenkungsurkunde ausgestellt, so
    begann auch die Tätigkeit der hohen Frau, die durch
    den Anblick frischer Wiesen nicht nur an die Bilder
    ihrer Heimat erinnert sein, die vor allem auch einen
    Wohlstand , wie ihn die Niederlande seit lange kannten, hier ins Dasein rufen und nach Möglichkeit die
    Wunden heilen wollte, die der Dreißigjährige Krieg
    diesen schwer geprüften Landesteilen geschlagen
    hatte. Kolonisten wurden ins Land gezogen, Häuser
    gebaut, Vorwerke angelegt und alle zur Landwirt-
    schaft gehörigen Einzelheiten alsbald mit Emsigkeit
    betrieben. Eine Meierei entstand, und Gärten und
    Anlagen faßten alsbald das Schloß ein, in denen der
    Gemüsebau, die Baum- und Blumenzucht ebenso das
    Interesse der Kurfürstin wie die Arbeit der Kolonisten
    in Anspruch nahmen. Sie war eine sehr fromme Frau
    (ihr Leben und ihre Lieder zeugen in gleicher Weise
    dafür), aber ihre Frömmigkeit war nicht von der bloß
    beschaulichen Art, und neben dem »bete« stand ihr
    das »arbeite«. Mild und wohlwollend, wie sie war,
    duldete sie doch keine Nachlässigkeit und in diesem
    Sinne schrieb sie zum Beispiel am 27. April 1657
    nach Oranienburg, daß es schimpflich für alle Beam-
    ten und geradezu unverantwortlich sei, daß in allen
    Gärten nicht so viel Hopfen gewonnen werde, wie
    zum Brauen erforderlich, und könne daran nichts als
    eine schändliche Faulheit die Schuld sein.

    1785
    Eine Musterwirtschaft nach holländischem Vorbild
    sollte hier entstehn, aber die Hauptaufmerksamkeit
    der hohen Frau war doch dem Schloßbau, der Grün-
    dung eines Waisenhauses und der Aufführung einer
    Kirche zugewendet. Von dem Schloßbau werden wir
    ausführlicher zu sprechen haben; nur die Kirche sei
    schon hier in aller Kürze erwähnt. Mit großer Munifi-
    zenz ausgestattet, war sie nur wenig über hundert
    Jahr eine Zierde der Stadt. Im Jahre 1788 brannte
    sie nieder, und nichts blieb übrig oder wurde aus
    dem Trümmerhaufen gerettet als ein kleiner Sand-
    stein, der als einzige Inschrift die Buchstaben trägt:
    »L. C. Z. B. G. P. V. O., MDCLVIII.« (Luise, Kurfürs-
    tin zu Brandenburg, geborene Prinzessin von Ora-
    nien, 1658.) Diesen Sandstein hat man bei Auffüh-
    rung des kümmerlichen Neubaues, der seitdem an
    die Stelle der alten Kirche getreten ist, in die Außen-
    wand, nahe dem Eingang, eingefügt. Insoweit gewiß
    mit Unrecht, als er nunmehr die irrige Vorstellung
    weckt, daß dieser Bau es sei, den die fromme Werktätigkeit der Kurfürstin habe entstehen lassen.
    Waisenhaus und Kirche entstanden unter der christli-
    chen Fürsorge Luise Henriettens, aber früher als bei-
    de entstand ihr Wohnsitz, das Schloß selber. Die
    Frage drängt sich uns auf: Wie war dies Schloß? Es war, nach allgemeiner Annahme, ein drei Stock hohes, fünf Fenster breites Gebäude von Würfelform,
    das nur mittelst eines stattlichen Frontispices den
    Charakter eines Schlosses erhielt. Dies Frontispice
    war drei Fenster breit und vier Stock hoch, so daß es
    nicht nur das Hauptstück der ganzen Front bildete,
    sondern auch den übrigen Teil des Gebäudes turmar-

    1786
    tig überragte. Auf dem flachen Dache befand sich ein
    mit einer Galerie umgebener Altan, auf dem sich in
    der Mitte ein hoher und an jeder der vier Ecken ein
    kleinerer Turm erhob. Der Schloßhof war mit einem
    bedeckten Gange umgeben, auf dessen Plattform zur
    Sommerzeit zahlreiche Orangenbäume standen. So
    war Schloß Oranienburg in den Jahren, die seiner
    Gründung unmittelbar folgten. Nichts davon ist der
    Gegenwart geblieben, und wir würden, da keine
    gleichzeitigen Pläne und Beschreibungen existieren,
    darauf verzichten müssen, uns eine Vorstellung von
    dem damaligen Schlosse zu machen, wenn nicht

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