Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Vorzimmer des Königs be-
fand sich, an den Plafond gemalt, wie schon er-
wähnt, eine Kopie des großen Terwestenschen Bildes, während im sogenannten »Orangesaal« ein an-
deres großes Deckengemälde die Verherrlichung des
oranischen Hauses symbolisch darstellte. In der Mitte
desselben erblickte man eine weibliche Figur mit
dem oranischen Wappen und einem Orangebouquet
im Haar, während sie zugleich eine Schnur mit Me-
daillons in Händen hielt, wodurch die Geschlechtsfol-
ge des Hauses Oranien veranschaulicht werden soll-
te. Neid und Verräterei mühen sich, die Schnur zu
zerreißen, aber ein Blitzstrahl aus den Wolken fährt
zwischen sie.
In demselben Saale befanden sich die Bildnisse der
Fürsten von Oranien von 1382 ab, daneben aber das
Portrait König Friedrichs I. selbst, mit dem bekann-
ten Distichon als Unterschrift, durch das einst der
Königsberger Dichter Bödecker die Geburt Friedrichs
verherrlicht und seine künftige Königschaft vorher-
gesagt hatte:
Nascitur in Regis Friedericus Monte; quid istud?
Praedicunt musae: Rex Friedericus erit.
(Königsberg heißt die Geburtsstadt des Prinzen
Friedrich; was folgt draus? Musen, kündet es laut:
König wird Friedrich uns sein .)
1793
So waren Säle und Treppenhaus. Fast noch prächti-
ger war die Kapelle: die Wände waren mit Marmor
bekleidet und die Decke mit Kirchenbildern geziert,
während der Altartisch auf vier vergoldeten Adlern
ruhte. Bischof Ursinus hielt hier 1704 die Einwei-
hungsrede. Nun ist alles hin, alles verweht und zer-
stoben. Nur Orgel, Kanzel und königliche Loge exis-
tieren noch, sind aber nach Französisch-Buchholz hin
verpflanzt worden und zieren dort die Kirche bis die-
sen Tag.
So war Schloß Oranienburg in den Tagen, die der
oranischen Prinzessin unmittelbar folgten. Wir fragen
weiter: Wie war das Leben in diesen Räumen? Dar-
über liegen leider wenige Aufzeichnungen vor, und
wir müssen auf Umwegen und durch Schlüsse zu
einem Resultat zu gelangen suchen. Daß der Kurfürst
häufig hier verweilte, geht weniger aus der Reich-
tumsfülle hervor, mit der er das Schloß ausstattete
(eine prächtige Ausstattung verrät noch keine per-
sönliche Teilnahme, keine Herzensbeziehungen), als
aus dem Eifer, mit dem er die Herrschaft Oranien-
burg zu erweitern und einige der im Umkreis gelege-
nen Dörfer in einen gewissen Einklang mit dem
Schlosse selbst zu bringen suchte . Diese sorgliche Fassung , die er dem Edelsteine gab, bewies am besten, wie sehr er an demselben hing. So wurden
Grabsdorf und Lehnitz, Cossebant und Perwenitz,
vier in der Nähe befindliche Güter, angekauft und in
Vorwerke oder Koloniedörfer umgewandelt. Grabs-
dorf erhielt ein Jagdschloß, das innerhalb seiner
schmucklosen Mauern bis diesen Augenblick noch die
eiförmigen Zimmer zeigt, die, nach damaliger Mode,
1794
ihm gegeben wurden. Dabei wurde der Name Grabs-
dorf, der an unbequeme Dinge erinnern mochte, bei-
seite getan und in »Friedrichsthal« umgewandelt,
unter welcher Bezeichnung Dorf und Jagdschloß bis
diesen Tag noch vorhanden sind. Auch Cossebant
verlor seinen alten Namen und trat die Erbschaft des
vakant gewordenen Namens »Bötzow« an. Das heu-
tige Bötzow hat also nichts gemein mit Burg und Stadt Bötzow, die bis 1650 anstelle des jetzigen Oranienburg zu finden waren, sondern ist ein in der
Nähe gelegenes Dorf, das bis 1694 den Namen Cos-
sebant führte.
Diese Neuschöpfungen, mit denen der Kurfürst
Schloß Oranienburg umgab, beweisen genugsam,
daß dies Havelschloß, dies Vermächtnis von der Mut-
ter her, ein bevorzugter Aufenthalt des Kurfürsten
und spätern Königs war, aber auch einzelne Berichte
sind uns zur Hand, die uns, trotz einer gewissen
Dürftigkeit der Details, den Kurfürsten (damals schon
König) direkt an dieser Stelle zeigen. »Im Som-
mer 1708«, so erzählt Pöllnitz, »rieten die Ärzte dem
Könige, das Karlsbad in Böhmen zu gebrauchen, wo-
hin er sich im Laufe des Sommers auch wirklich be-
gab. Vorher war er in Oranienburg und hatte auf
dem dortigen Schlosse eine Zusammenkunft mit dem
regierenden Herzog von Mecklenburg-Schwerin. Die-
se Zusammenkunft der beiden Fürsten war nicht oh-
ne Bedeutung: sie hatte zunächst nur eine Erneue-
rung und Bestätigung des alten Erbfolgevergleichs im Auge, der im Jahre 1442, zu Wittstock, zwischen
Friedrich II., dem Eisernen, und den Herzögen von
Mecklenburg geschlossen worden war, mußte
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