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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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geblieben. Wie streng
    er aber in jeder Beziehung sich selbst beurteilte, so
    mild, so liebevoll anerkennend war er gegen andere.
    Nur innere Unwahrheit, falsche Ostentation, hohles
    Aufblähen, leerer Dünkel, geistige Trägheit, Ober-
    flächlichkeit und Gemeinheit waren Eigenschaften,
    welche im Leben wie in der Kunst zu sehr mit seiner
    innersten Natur in Widerspruch standen, als daß sie
    nicht sein Mißfallen, bisweilen seinen lebhaften Tadel
    hervorgerufen hätten. Und in diesem Punkte, Wesen
    von Schein, Wahrheit von Lüge zu unterscheiden,
    besaß er eben vermöge seiner großen Reinheit einen
    sehr feinen, in unsren Tagen immer seltener wer-
    denden Sinn. Sein ganzes Wesen war so durchaus
    auf das Geistige gerichtet, daß man von ihm, im Gegensatze zu denen, die nur leben, um zu essen, ohne
    Übertreibung sagen konnte: er aß nur, um zu leben.
    Was man andern, gewöhnlicheren Menschen mit
    Recht zum hohen Verdienst anrechnet, die größte
    Uneigennützigkeit, die strengste Rechtlichkeit,
    verstand sich bei einem so hohen, durchaus edlen
    Charakter wie Schinkel von selbst, und nur selten ist
    mir im Leben eine Natur begegnet, auf welche Goe-
    thes schöne Worte über Schiller: ›Und hinter ihm, in
    wesenlosem Scheine, lag, was uns alle bändigt, das
    Gemeine‹, in so vollem Maße ihre Anwendung gefun-
    den hätten.«

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    Soviel über seinen Charakter. Wir wenden uns jetzt
    ausschließlich dem Künstler zu und legen uns zu-
    nächst die zwei Fragen vor:
    1. Bestimmte die Antike, in deren Geist er zu bauen
    trachtete, von Anfang an seine Richtung?, und
    2. inwieweit beherrschte ihn diese Richtung überhaupt? Gehorchte er ihr ausschließlich, oder erkann-
    te er Mängel und Grenzen innerhalb derselben an?
    Zunächst ad 1. Die Hellenik war nicht ein Patengeschenk, das irgendeine griechische Fee unserem
    Schinkel gleich bei seiner Geburt mit in die Wiege
    gelegt hätte, sie war ein mühevoll Erobertes, das er
    erst nach langem Suchen fand. Es ist wahr, daß sich
    in all jenen Schinkelschen Bauwerken, die vorzugs-
    weise vor unsrer Seele stehn, wenn wir von Schinkel
    sprechen, kaum ein Schwanken, kaum eine prinzi-
    pielle Unsicherheit nachweisen läßt, aber wir müssen
    uns hüten, hieraus, wie aus dem zufälligen Umstan-
    de, daß einige seiner frühesten, aus der Gilly-Zeit
    herstammenden Jugendarbeiten einen gewissen an-
    tikisierenden Charakter tragen, den Schluß zu zie-
    hen: »er sei immer Hellene gewesen und habe schon
    mit achtzehn Jahren auf demselben Grund und Bo-
    den gestanden, auf dem er dreißig Jahre später,
    während der Blütezeit seines Schaffens, stand«.
    Diese Annahme wäre durchaus unrichtig. Seitdem
    wir eine völlige Schinkel-Literatur haben, seitdem
    uns zuletzt noch das mehrgenannte Wolzogensche
    Werk einen Einblick verschafft hat in den Entwick-

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    lungsgang des Meisters, haben wir auch Gewißheit
    darüber, daß Schinkel, als er im Jahre 1816 die Neue
    Wache zeichnete, nicht einfach wieder an seine Gilly-
    Zeit anknüpfte, sondern daß umgekehrt der Wieder-
    aufnahme dessen, was er dreizehn Jahre früher ohne
    volles künstlerisches Bewußtsein praktisch geübt
    hatte, ernste Kämpfe vorausgingen, Kämpfe, die nie
    ganz abschlossen und sich bis in die letzten Jahre
    seines Lebens hinzogen.
    Ohne bei den italienischen Briefen Schinkels verwei-
    len zu wollen, die genugsam zeigen, daß ihn damals
    die mittelalterlich-sarazenischen Bauten weit mehr
    interessierten als die griechischen Tempel, für die er
    doch in erster Reihe hätte schwärmen müssen, ver-
    weisen wir an dieser Stelle lediglich auf die Zeich-
    nungen und Pläne zu der großen, schon erwähnten
    Friedenskathedrale, die auf dem Leipziger Platz er-
    richtet werden sollte. Die Beschäftigung mit diesem
    Kathedralenbau fällt in das Jahr 1817 und 1818, und
    die Hellenik hatte zu dieser Zeit noch so wenig ausschließlich Besitz von ihm genommen, daß er diesen
    Erinnerungsbau nicht als einen griechischen Tempel, sondern umgekehrt als einen großen gotischen Dom
    (mit Kuppel) auszuführen gedachte. Also 1818 noch
    Gotiker.
    Dieser Bau kam nicht zur Ausführung, und es scheint allerdings, als ob sich die Anschauungen Schinkels
    von jener Zeit an der Gotik immer mehr ab- und der
    Antike immer mehr zugewandt hätten. Aber – und
    hiermit gehen wir zu unsrer zweiten Frage über –
    auch in dieser seiner späteren Epoche ließ er sich

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    von der Vorliebe für das Griechentum niemals so
    beherrschen, daß er es in

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