Wanderungen durch die Mark Brandenburg
wegen Rück-
kaufs von Sacrow . Es kam zustande. Auf Johannis war die Übergabe.
1936
Der Baron von Fouqué war reformiert; Graf Schmet-
tau auch. Die Baronesse lutherisch. Die ersten Jahre
ging sie jährlich zweimal zur Kommunion, immer mit
der Gemeinde und immer nur als die erste von den
Frauenspersonen. In den letzten Jahren war sie sehr
freundschaftlich mit mir und den Meinigen.
Sacrow von 1787 bis 1794
Der Graf Hordt hatte in Berlin eine reiche Witwe ge-
heiratet, die schon drei Männer und darunter einen
Herrn von H. gehabt hatte. Der Sohn dieser Dame,
Lieutenant im Regiment Gensdarmes, sollte nun Sac-
row bewirtschaften.
Den sechsten Sonntag Trinitatis hielt ich in Sacrow
Abendmahl. Herr von H., der nunmehrige Besitzer,
war da, und ich speiste wie gewöhnlich bei ihm. Ein
Lieutenant, Herr von Sobbe, vom Regiment Herzog
Friedrich, ingleichen ein Frauenzimmer waren auch
da. Über Tisch kam eine Amme herein mit einem
Kinde. »Es ist mein Sohn«, sagte er. Und nun hätte
ich nur fragen dürfen: »Und die Mutter?« Aber ich
vermied alle Weitläufigkeit. Es war ein allerliebstes
Kind. Das Frauenzimmer wird Mamsell genannt.
Sonntag, den 15. September, war ich wieder in Sac-
row. Traf niemand. Der Lieutenant war abermals des
Morgens um acht Uhr weggefahren. Auch war der
Graf Hordt zweimal dagewesen, einmal mit seiner
1937
Gemahlin. Nach mir hat er nicht gefragt. Des Mor-
gens kommen sie an, besehen sich, essen zu Mittag,
fahren wieder ab.
Weihnachten 87. Den 29. Dezember taufte ich des
Küsters Söhnlein. Herr von H. war Gevatter und
schickte seinen Jäger. Er kam mit der Mamsell ins
Küsterhaus, als wir uns eben zu Tische setzen woll-
ten. Sie blieb, er ging weg; dann kam er noch mal
und ließ sie herausrufen. Sie kamen nicht wieder.
(1788.) Neujahr. Der Herr Lieutenant war da, fuhr
aber unter der Kirche ab.
Sexagesima. Es fiel mir diesmal auf: gerade in der
Minute, da ich an dem einen Ende hereinkam, fuhr
der Dorfherr zum andern heraus. Seit dem fünfund-
zwanzigsten Sonntag Trinitatis vorigen Jahres hatte
ich ihn nicht gesehen.
Elften Sonntag Trinitatis hielt ich Abendmahl. Dann
ins Schloß. Nebst der Herrschaft war zu Tische Herr
Jäger Sonnenberg aus Gatow, cum uxore. Den
4. August fuhr ich nach Döberitz. Unterdes war Herr
von H. cum amasia hier gewesen.
Den zweiten Advent hielt ich Abendmahl. Der Herr
Inspektor Schübe speiste mit. Er kommunizierte mir
die Memoiren d'un comte suédois. Der schwedische
Graf schließt mit folgenden Versen:
1938
Las d'espérer et de me plaindre
Des grands de la terre et du sort,
C'est ici que j'attends la mort,
Sans la souhaiter, sans la craindre.
Den 28. November starb zu Lentzke Frau Marie Lui-
se, geborne von Schlegel, verehelichte Baronesse
von Fouqué, im neunundvierzigsten Jahre ihres Al-
ters, nach einem sechswöchentlichen Krankenlager.
(1789.) Den 11. Januar. Wegen des außerordentlich
vielen Schnees konnte ich ohne Lebensgefahr weder
auf Weihnacht noch Neujahr nach Sacrow fahren.
Heute wagte ich es, weil der Einwohner Weber gern
seinen verstorbenen Sohn feierlich beerdigen lassen
wollte. Ich predigte und begrub. Der Herr des Gutes
war da. Ich ging nachher herauf, traf ihn cum anne-
xis. 25. Januar. Der Weg war überaus beschwerlich.
Ich fuhr anderthalb Stunde. Er und sie waren da.
Zwischen dem 11. und 25. war das zweite Kind ver-
storben. Man überreichte mir eine kleine Summe
Geld und sagte: »Für den verstorbenen Junker.«
8. März. Predigt über die Epistel. Er war nicht da, hat in Berlin abermals einen Sohn taufen lassen. –
Schwerer Tag für mich. Bittre Kälte, dabei Ostwind.
Ich fuhr also gegen den Wind und war schon seit
acht Uhr in der Arbeit und Kälte gewesen. Fünf Frau-
en und sechs Männer kamen zur Kirche. Mein Körper
fror zusammen; meine Seele war ganz niederge-
schlagen. Fand nirgends ein freundlich Gesicht. Auch
du, Sacrow, so klein du bist, auch du bist seit 1776
1939
herabgesunken. Die Exempel deiner Vorgesetzten
haben dich verdorben. Unter Hordt war Sacrow
fromm, denn er war zu der Zeit bigott. Unter Fouqué
ward es leichtsinnig, endlich frech. Der Küster hatte
oft nur drei Zuhörer. Das Verständnis der Baronin
mit dem Grafen Schmettau wirkte schädlich auf die
Sitten. Unter von H. ist alles frank und frei.
12. April. Ostertag. Achtundvierzig Zuhörer. Er hatte
Fremde aus Berlin. Welch Exempel geben unsere
Vorgesetzten!
Pfingsten. Der Herr
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