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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

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Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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gehal-
    ten, weil er wenig da war. Bei der neuen Herrschaft
    drang ich oft darauf, aber die Baronesse Fouqué
    antwortete darauf: »Hat doch der Graf Hordt auch
    keine gehalten.« – Ich habe in nachstehendem, avec
    pardon, immer nur von der Baronesse zu sprechen.
    Dès-lors règne la baronne. Der Gemahl bedeutet
    wenig. Monsieur le comte de Schmettau est l'aide de
    l'économie et – du reste.
    1779, in demselben Jahre, in dem die neue Herr-
    schaft nach Sacrow gekommen war, starb in dem

    1930
    benachbarten Kartzow Herr Prediger Woltersdorf. Er
    war ein Schwätzer, beliebt beim großen Haufen, weil
    er immer »weiland« und »selig« bei der Hand hatte.
    Dem Branntwein ergeben bis ans Ende mit vielen
    Ärgernissen. Seine Witwe wurde Haushälterin beim
    Baron von Monteton. Sein Nachfolger war Herr
    Schulte, ein Jüngling voll Eigendünkel, der sich bald
    beflissen zeigte, unserem Orden große Schande zu
    machen.
    1780 den 30. November erging an mich Befehl, ver-
    schiedene Fragen hinsichtlich der Kirchenländereien
    mit möglichster Genauigkeit zu beantworten. Dies
    konnte ich nicht; Kirchenrechnung war nie gewesen.
    Die Herrschaft war damals in Brandenburg; der Ba-
    ron hatte sein eigen Haus daselbst, wo sie den Win-
    ter zubrachten. Dazu kam, das Kirchenrechnungs-
    buch war noch beim Grafen Hordt. Wem muß das
    nicht auffallen! »Wie léger«, würde die Herrschaft
    ausrufen, wenn unsereiner so etwas täte.
    Zum Gesangbuchstreit . Im selben Jahre 1780, am
    1. Dezember, publizierte ich das neue Gesangbuch
    und kündigte an, daß ich über vierzehn Tage aus-
    führlicher von dieser Sache reden wollte.
    Währenddem entstanden schon allerhand Unruhen in
    dem orthodoxen Nachbardorf, gestiftet und unterhal-
    ten von dem Küster, wie das allerorten der Fall war.
    Madame Oberamtmann redete von nichts, als daß
    man wolle »neuen Schmu« machen.

    1931
    Inzwischen (am 15.) hielt ich meine Rede über Ko-
    losser 3, 16.
    Bei der Applikation sagte ich unter anderen: »Als
    König David von den vielen Kriegen, die er führen
    mußte, zur Ruhe kam, richtete er seine ganze Sorge
    auf die innere Verbesserung des Landes, namentlich
    auf das Kirchenwesen und öffentlichen Gottesdienst.
    Er entwarf den Plan, wonach der Nationaltempel soll-
    te gebauet werden, und ordnete die Kirchenmusik
    nebst jeder äußeren gottesdienstlichen Verrichtung
    an.
    Etwas Ähnliches geschieht jetzo und schon seit zehn
    Jahren in den protestantischen Ländern. Jeder gute
    Fürst führt bessere Kirchenlieder ein, weil die bisherigen nicht zweckmäßig waren. Nunmehr ist auch in diesem Lande ein neues Gesangbuch angefertigt
    worden. Ein Drittel unsrer Lieder konnte wegen un-
    bekannter Melodien nicht gesungen werden, das
    zweite Drittel hatte gar nichts zur Erbauung, und das
    dritte Drittel konnte in einzelnen Stellen noch besser
    sein.
    Ich kann von der ganzen Veränderung um so freimü-
    tiger reden, als es nicht meine Sache ist, die ich füh-
    re. Auch soll die königliche Verordnung nicht etwa
    verteidigt werden; das wäre ein lächerlicher Einfall.
    Ich will nur überzeugen, daß die Sache gut und nütz-
    lich sei. Ich will eure Gemüter gegen die schiefen
    Urteile anderer verwahren und euch zu einem Betra-
    gen bewegen, das euch Ehre macht.

    1932
    Der Wert eines Liedes dependiert von dessen innerer
    Güte. Wenn der Ausdruck deutlich, der Begriff rich-
    tig, der Ton rührend, der Gedanke erhaben, gleich
    faßlich dem Verstande und dem Herzen, passend zur
    Erweckung und Stärkung der Gottseligkeit ist – dann
    ist das Lied gut. Unseren meisten Liedern fehlet die
    Deutlichkeit, die Richtigkeit, die Verständlichkeit, die Anständigkeit, das Lehrreiche.«
    Darauf beantwortete ich den Einwurf, daß » Gottes
    Wort verfälscht worden sei «.
    So gedachte ich es gut zu machen und machte es
    übel. Denn es hieß bei den Bauern: ich hätt ihren
    alten Glauben verachtet .
    Die Herrschaft kaufte gleich zwanzig Stück, und
    gleich mit Neujahr 1781 sang ich neu; der erste auf
    dem flachen Lande in der ganzen Provinz. Selbst
    Herr Teller, der erste in Berlin , sang nur vierzehn Tage eher.
    1781, am 10. Januar, fand man zu Berlin folgendes,
    als Beitrag zum Gesangbuchstreit bemerkenswertes Pasquill an den Galgen angeschlagen:
    »So hat uns der Teufel abermals drei Apostel auf den
    Hals geschickt, die unser Gesangbuch gottesläster-
    lich verdorben haben. Spalding, Teller, Dietrich.
    Kaum sind's fünfzehn Jahre (es war im März 1766),
    als Spaldings Name zum

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