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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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See
    im Schilfgürtel und spiegelt das darüber hinziehende
    weiße Gewölk.

    1943
    Dieser Gegensatz von Kunst und Natur unterstützt
    beide in ihrer Wirkung. Wer hätte nicht an sich selbst
    erfahren, wie frei man aufatmet, wenn man aus der
    kunstgezogenen Linie auch des frischesten und na-
    türlichsten Parkes endlich über Graben und Birken-
    brücke hinweg in die weitgespannte Wiesenland-
    schaft eintritt, die ihn umschließt! Mit diesem Reiz
    des Einfachen und Natürlichen berührt uns auch
    Bornstedt. Wie in einem grünen Korbe liegt es da.
    Aber das anmutige Bild, das es bietet, ist nicht bloß
    ein Produkt des Kontrastes; zu gutem Teile ist es
    eine Wirkung der pittoresken Kirche, die, in allen
    ihren Teilen deutlich erkennbar, mit Säulengang,
    Langschiff und Etagenturm, aus dem bunten Ge-
    misch von Dächern und Obstbäumen emporwächst.
    Diese Kirche ist eine aus jener reichen Zahl von Got-
    teshäusern, womit König Friedrich Wilhelm IV. Pots-
    dam gleichsam umstellte, dabei von dem in seiner
    Natur begründeten Doppelmotiv geleitet: den Ge-
    meinden ein christliches Haus, sich selber einen
    künstlerischen Anblick zu gewähren. Auch für
    Bornstedt wählte er die Basilikaform.
    Über die Zulässigkeit dieser Form, speziell für unser
    märkisches Flachland, ist viel hin und her gestritten
    worden, und es mag zugestanden werden, daß sie,
    samt dem danebengestellten Campanile, vorzugs-
    weise ein coupiertes Terrain und nicht die Ebene zur
    Voraussetzung hat. Deshalb wirken diese Kirchen in
    den flachen und geradlinigen Straßen unserer Resi-
    denzen nicht eben allzu vorteilhaft, und der unver-
    mittelt aufsteigende, weder durch Baumgruppen

    1944
    noch sich vorschiebende Bergcoulissen in seiner Linie
    durchschnittene Etagenturm tritt – an die Porzellan-
    türme Chinas erinnernd – in einen gewissen Wider-
    spruch mit unserem christlichen Gefühl. Mit unseren
    baulichen Traditionen gewiß! Aber so unzweifelhaft
    dies zuzugestehen ist, so unzweifelhaft sind doch
    auch Ausnahmen, und eine solche bietet Bornstedt.
    Es wird hier ein so malerischer Effekt erzielt, daß wir nicht wissen, wie derselbe überboten werden sollte.
    Der grüne Korb des Dorfes schafft eine glückliche
    Umrahmung, und während das Hochaufragende des
    Etagenturms etwas von dem Poetisch-Symbolischen
    der alten Spitztürme bewahrt, wird doch zugleich
    dem feineren Sinn eine Form geboten, die mehr ist
    als der Zuckerhut unserer alten Schindelspitzen. Der
    Ruf dieser hat sich nur, faute de mieux, im Zeitalter
    der Laternen- und Butterglockentürme entwickeln
    können.
    Die Bornstedter Basilika samt Säulengang und Eta-
    genturm ist ein Schmuck des Dorfes und der Land-
    schaft; aber was doch weit über die Kirche hinaus-
    geht, das ist ihr Kirchhof , dem sich an Zahl berühmter Gräber vielleicht kein anderer Dorfkirchhof ver-
    gleichen kann. Wir haben viele Dorfkirchhöfe gese-
    hen, die um ihres landschaftlichen oder überhaupt
    ihres poetischen Zaubers willen einen tieferen Ein-
    druck auf uns gemacht haben; wir haben andere
    besucht, die historisch den Bornstedter Kirchhof in-
    soweit in Schatten stellen, als sie ein Grab haben, das mehr wiegt als alle Bornstedter Gräber zusammengenommen; aber wir sind nirgends einem Dorf-

    1945
    kirchhofe begegnet, der solche Fülle von Namen auf-
    zuweisen hätte.
    Es hat dies einfach seinen Grund in der unmittelba-
    ren Nähe von Sanssouci und seinen Dependenzien.
    Alle diese Schlösser und Villen sind hier eingepfarrt,
    und was in Sanssouci stirbt, das wird in Bornstedt
    begraben – in den meisten Fällen königliche Diener
    aller Grade, näher- und fernerstehende, solche, de-
    ren Dienst sie entweder direkt an Sanssouci band,
    oder solche, denen eine besondere Auszeichnung es
    gestattete, ein zurückliegendes Leben voll Tätigkeit
    an dieser Stätte voll Ruhe beschließen zu dürfen. So
    finden wir denn auf dem Bornstedter Kirchhofe Ge-
    nerale und Offiziere, Kammerherren und Kammer-
    diener, Geheime Räte und Geheime Kämmeriere,
    Hofärzte und Hofbaumeister, vor allem – Hofgärtner
    in Bataillonen.
    Der Kirchhof teilt sich in zwei Hälften, in einen alten und einen neuen. Jener liegt hoch, dieser tief. Der
    letztere (der neue) bietet kein besonderes Interesse.
    Der alte Kirchhof hat den freundlichen Charakter
    einer Obstbaumplantage. Die vom Winde abgeweh-
    ten Früchte, reif und unreif, liegen in den geharkten
    Gängen oder zwischen den Gräbern der Dörfler, die
    in unmittelbarer Nähe

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