Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Satyrspiel beschließt. Es ist dies das Grabdenk-
mal des bekannten Freiherrn Paul Jakob von Gund-
ling, der Witz und Wüstheit, Wein- und Wissensdurst,
niedere Gesinnung und stupende Gelehrsamkeit in
sich vereinigte und der, in seiner Doppeleigenschaft
als Trinker und Hofnarr, in einem Weinfaß begraben wurde. In der Bornstedter Kirche selbst, in der Nähe
des Altars. Über seinem Grabe ließ König Friedrich
Wilhelm I. einen Stein errichten, der trotz des zwei-
fachen Neubaus, den die Kirche seitdem erfuhr, der-
selben erhalten blieb. Dies Epitaphium, ein Kuriosum
ersten Ranges, bildet immer noch die Hauptsehens-
würdigkeit der Kirche. Hübsche Basiliken gibt es vie-
le; ein solches Denkmal gibt es nur einmal. Ehe wir
eine Beschreibung desselben versuchen, begleiten
wir den Freiherrn durch seine letzten Tage, auf sei-
nem letzten Gange. Wir benutzen dabei, mit gerin-
gen Abweichungen, einen zeitgenössischen Bericht:
»Von Gundling wurde vor Ostern des Jahres 1731
krank und starb den 11. April auf seiner Stube im
königlichen Schlosse zu Potsdam. Sein Körper ward
sogleich auf einem Brette nach dem Witwenhause
der Lakaienfrauen getragen und hier von den Wund-
ärzten geöffnet. In seinem Magen fand man ein
Loch.
Sein Leichenbegängnis war äußerst lustig und sei-
nem geführten Lebenswandel völlig angemessen.
Schon vor zehn Jahren hatte ihm der König seinen
Sarg in Form eines Weinfasses verfertigen lassen. Es war schwarz angestrichen und auf dem obern Teile
mit einem weißen Kreuze geschmückt, welches nach
1950
allen vier Seiten herunterging. Es wird erzählt, daß
Gundling sich schon bei Lebzeiten öfters in diesen
Sarg gelegt und zur Ergötzung des Hofes ein Glas
Wein darin getrunken habe. Nachdem er tot war,
legte man ihn in seinem rotsamtenen, mit blauen
Aufschlägen besetzten Kleide, desgleichen mit roten
seidenen Strümpfen und einer großen Staatsperü-
cke, in dasselbe hinein. Umher stellte man zwölf Gu-
éridons mit brennenden weißen Wachskerzen. In
dieser Parade ward er jedermann öffentlich gezeigt.
Besonders kamen viele Fremde nach Potsdam, um
ihn zu sehen.
Nachdem der Kastellan des Schlosses vom Könige
den Befehl erhalten hatte, alles zum Begräbnis Er-
forderliche zu besorgen, ward dem Verstorbenen die
Kirche zu Bornstedt als Ruhestätte bestimmt. Zur
Leichenbegleitung wurden mehr als fünfzig Offiziere,
Generale, Obersten und andere angesehene Kriegs-
bediente, die Geistlichen, die Potsdamer Schule, die
königlichen Cabinetssecretaire, Kammerdiener, Kü-
chen- und Kellereibediente eingeladen. Hiezu kam
noch der Rat und die Bürgerschaft der Stadt, welche
sich sämtlich, mit schwarzen Mänteln angetan, bei
dieser Handlung einfinden mußten. Alle diese Beglei-
ter waren bereit und willig, Gundlingen die letzte
Ehre zu erweisen, bis auf die lutherischen und refor-
mierten Geistlichen, die zu erscheinen sich weiger-
ten. Da sie um die Ursache befragt wurden, schütz-
ten sie die Gestalt des Sarges vor, welche nicht er-
laube, daß sie dabei ohne Anstoß erscheinen könn-
ten. Man fand nicht für gut, sie weiter zu nötigen,
und ließ sie weg.
1951
Nun stellte sich aber ein zweiter Umstand dar, wel-
cher neue Schwierigkeiten hervorbrachte. Da die
Geistlichkeit, von der ein lutherisches Mitglied die
Parentation halten sollte, nicht erschien, so war man
verlegen, wer dies Geschäft nun übernehmen würde.
Nachdem man hin und her gesonnen hatte, verfiel
man endlich auf des Verstorbenen Erzfeind, auf Da-
vid Faßmann. Dieser übernahm es und hielt wirklich
die Leichenrede.
Nach Schluß derselben wurden Lieder gesungen und
alle Glocken geläutet. Der bis dahin offengestandene
Sarg ward zugemacht, ein Bahrtuch darübergewor-
fen, und so ging es in bester Ordnung und unter
fortgesetztem Läuten bis vor den Schlagbaum von
Potsdam hinaus. Hier blieb die Prozession zurück,
und nur wenige folgten der Leiche, die auf einen Wa-
gen gesetzt und nach Bornstedt gefahren wurde.
Hier wurde sie abgeladen und inmitten der Kirche
eingesenkt. – Ein großer, zierlich ausgehauener Lei-
chenstein erhielt folgende Inschrift:
›Allhier liegt begraben der weiland hoch- und wohl-
geborne Herr,
Herr Jakob Paul Freiherr von Gundling,
Seiner Königlichen Majestät in Preußen hochbestallt
gewesener Oberzeremonienmeister, Kammerherr,
Geheimer Ober-Appellations-, Kriegs-, Hof-, Kam-
merrat, Präsident der Königlichen Sozietät der
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