Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
Satyrspiel beschließt. Es ist dies das Grabdenk-
    mal des bekannten Freiherrn Paul Jakob von Gund-
    ling, der Witz und Wüstheit, Wein- und Wissensdurst,
    niedere Gesinnung und stupende Gelehrsamkeit in
    sich vereinigte und der, in seiner Doppeleigenschaft
    als Trinker und Hofnarr, in einem Weinfaß begraben wurde. In der Bornstedter Kirche selbst, in der Nähe
    des Altars. Über seinem Grabe ließ König Friedrich
    Wilhelm I. einen Stein errichten, der trotz des zwei-
    fachen Neubaus, den die Kirche seitdem erfuhr, der-
    selben erhalten blieb. Dies Epitaphium, ein Kuriosum
    ersten Ranges, bildet immer noch die Hauptsehens-
    würdigkeit der Kirche. Hübsche Basiliken gibt es vie-
    le; ein solches Denkmal gibt es nur einmal. Ehe wir
    eine Beschreibung desselben versuchen, begleiten
    wir den Freiherrn durch seine letzten Tage, auf sei-
    nem letzten Gange. Wir benutzen dabei, mit gerin-
    gen Abweichungen, einen zeitgenössischen Bericht:
    »Von Gundling wurde vor Ostern des Jahres 1731
    krank und starb den 11. April auf seiner Stube im
    königlichen Schlosse zu Potsdam. Sein Körper ward
    sogleich auf einem Brette nach dem Witwenhause
    der Lakaienfrauen getragen und hier von den Wund-
    ärzten geöffnet. In seinem Magen fand man ein
    Loch.
    Sein Leichenbegängnis war äußerst lustig und sei-
    nem geführten Lebenswandel völlig angemessen.
    Schon vor zehn Jahren hatte ihm der König seinen
    Sarg in Form eines Weinfasses verfertigen lassen. Es war schwarz angestrichen und auf dem obern Teile
    mit einem weißen Kreuze geschmückt, welches nach

    1950
    allen vier Seiten herunterging. Es wird erzählt, daß
    Gundling sich schon bei Lebzeiten öfters in diesen
    Sarg gelegt und zur Ergötzung des Hofes ein Glas
    Wein darin getrunken habe. Nachdem er tot war,
    legte man ihn in seinem rotsamtenen, mit blauen
    Aufschlägen besetzten Kleide, desgleichen mit roten
    seidenen Strümpfen und einer großen Staatsperü-
    cke, in dasselbe hinein. Umher stellte man zwölf Gu-
    éridons mit brennenden weißen Wachskerzen. In
    dieser Parade ward er jedermann öffentlich gezeigt.
    Besonders kamen viele Fremde nach Potsdam, um
    ihn zu sehen.
    Nachdem der Kastellan des Schlosses vom Könige
    den Befehl erhalten hatte, alles zum Begräbnis Er-
    forderliche zu besorgen, ward dem Verstorbenen die
    Kirche zu Bornstedt als Ruhestätte bestimmt. Zur
    Leichenbegleitung wurden mehr als fünfzig Offiziere,
    Generale, Obersten und andere angesehene Kriegs-
    bediente, die Geistlichen, die Potsdamer Schule, die
    königlichen Cabinetssecretaire, Kammerdiener, Kü-
    chen- und Kellereibediente eingeladen. Hiezu kam
    noch der Rat und die Bürgerschaft der Stadt, welche
    sich sämtlich, mit schwarzen Mänteln angetan, bei
    dieser Handlung einfinden mußten. Alle diese Beglei-
    ter waren bereit und willig, Gundlingen die letzte
    Ehre zu erweisen, bis auf die lutherischen und refor-
    mierten Geistlichen, die zu erscheinen sich weiger-
    ten. Da sie um die Ursache befragt wurden, schütz-
    ten sie die Gestalt des Sarges vor, welche nicht er-
    laube, daß sie dabei ohne Anstoß erscheinen könn-
    ten. Man fand nicht für gut, sie weiter zu nötigen,
    und ließ sie weg.

    1951
    Nun stellte sich aber ein zweiter Umstand dar, wel-
    cher neue Schwierigkeiten hervorbrachte. Da die
    Geistlichkeit, von der ein lutherisches Mitglied die
    Parentation halten sollte, nicht erschien, so war man
    verlegen, wer dies Geschäft nun übernehmen würde.
    Nachdem man hin und her gesonnen hatte, verfiel
    man endlich auf des Verstorbenen Erzfeind, auf Da-
    vid Faßmann. Dieser übernahm es und hielt wirklich
    die Leichenrede.
    Nach Schluß derselben wurden Lieder gesungen und
    alle Glocken geläutet. Der bis dahin offengestandene
    Sarg ward zugemacht, ein Bahrtuch darübergewor-
    fen, und so ging es in bester Ordnung und unter
    fortgesetztem Läuten bis vor den Schlagbaum von
    Potsdam hinaus. Hier blieb die Prozession zurück,
    und nur wenige folgten der Leiche, die auf einen Wa-
    gen gesetzt und nach Bornstedt gefahren wurde.
    Hier wurde sie abgeladen und inmitten der Kirche
    eingesenkt. – Ein großer, zierlich ausgehauener Lei-
    chenstein erhielt folgende Inschrift:
    ›Allhier liegt begraben der weiland hoch- und wohl-
    geborne Herr,
    Herr Jakob Paul Freiherr von Gundling,
    Seiner Königlichen Majestät in Preußen hochbestallt
    gewesener Oberzeremonienmeister, Kammerherr,
    Geheimer Ober-Appellations-, Kriegs-, Hof-, Kam-
    merrat, Präsident der Königlichen Sozietät der

Weitere Kostenlose Bücher