Wanderungen durch die Mark Brandenburg
andere von ihm zu se-
hen . Ein glücklicher Zufall führte mich, gleich zuerst, in das Haus der seitdem verstorbenen Frau Geheimrätin Zimmermann, gebornen Palis, wo ich, zu mei-
ner freudigsten Überraschung, ein ganzes Museum
von Röselianas vorfand: Bilder, pompejanische
Scherben und Briefe.
Die Ausbeute war so reich, daß ich, aus Furcht vor
einem embarras de richesse, meine Bemühungen
nicht weiter fortsetzte. Denn ähnlich intime Bezie-
hungen wie zum Hause Zimmermann2) unterhielt
Rösel zu vielleicht zwanzig andern Häusern, unter
denen hier nur die Häuser Mendelssohn, Brose, Feil-
ner, Hotho, Decker und Hofzimmermeister Glatz ge-
nannt werden mögen.
Auf diese Röseliana des Hauses Zimmermann geh ich
nunmehr näher ein.
I. Bilder
Eingerahmt und alle in Sepia
1. Kloster oberhalb Subiaco im Sabinergebirge.
2. Kloster San Cosimato ohnweit Tivoli, an welcher Stelle der heilige Benedikt längere Zeit
1963
lebte, eh er das erste Kloster auf Monte Cas-
sino erbaute.
3. Die Kirche der heiligen Constantia (früher
Bacchus-Tempel) vor der Porta Pia in Rom.
4. Ein Teil des alten Schlosses zu Mansfeld, der
»Mittelort« genannt, in welchem Martin Lu-
ther kurz vor seinem Tode die gräflich Mans-
feldsche Familie zur Eintracht ermahnte und
Frieden stiftete.
5. Ein Blick vom südwestlichen Abhange des
Schloßberges zu Wernigerode auf den Kirch-
hof und die Sankt-Theobalds-Kirche zu Nö-
schenrode. Das älteste Kirchlein im Harzge-
birge; Sankt Theobald eines Köhlers Sohn.
6. Die Bäder von Gastein im Salzburgischen.
Dies letztgenannte ist das Hauptbild, größer
als die andern und mit besondrer Liebe aus-
geführt. Ich glaube, daß es auch jetzt noch
vor Künstleraugen bestehen kann. Es war
zum 10. Oktober 1831 als Geburtstagsge-
schenk für den alten Jordan bestimmt, leider
aber nur halb fertig geworden. Um diesen un-
fertigen Zustand zu entschuldigen, begleitete
er das Bild mit einem Gedichte, das folgen-
dermaßen lautete:
Der Kritiker
Nun, das ist wahr, mein Herr Rösèll,
Ihre Zeichnung ist wirklich höchst originell,
Man möchte schwören, 's wär leeres Papier,
So schrecklich klar ist Ihre Manier.
Solch Angebinde kein Kind begehrt,
1964
Am wenigsten ist es den Rahmen wert.
Der Zeichner
Geh zu, Sie treiben mich in die Eng',
Aber sind doch viel zu streng.
Diese Zeichnung erkennen bloß Kinder des Lichts,
Sie sind aber keins, drum sehen Sie nichts.
Ich laß Ihnen noch acht Tage Ruh,
Dann sehn Sie mal wieder nach oder zu.
Der Kritiker
Nun merk ich, wie's zusammenhängt:
So geht es, wenn man zu spät anfängt .
Diese Verse sind auf die Rückseite geklebt, passen
aber in soweit nicht mehr, als das Bild jetzt in allen
Stücken fertig ist.
Außer diesen eingerahmten Bildern besitzt die Fami-
lie Z. noch eine ganze Anzahl von Zeichnungen, die
als Vorlegeblätter benutzt werden. Wenn mich nicht
alles täuscht, stehen sie, in ihrer saubren Einfach-
heit, künstlerisch höher als die sorglich ausgeführten
großen Landschaften.
Hierher gehört auch ein Kästchen, auf dessen Deckel
er eine kleine Niedlichkeit gezeichnet hat. Dies Käst-
chen, als er es schenkte, war von folgenden vier Zei-
len begleitet:
1965
Hölzern ist die Gabe
Und leer im Innern; drum habe
Den Inhalt ich mit gutem Bedacht
Gleich von außen angebracht.
II. Kuriositäten
Alle diese Dinge sind heute, wo jeder dritte Mensch
in Rom und Neapel war, zu wertlosem Trödelkram
geworden. Vor fünfzig Jahren hatten sie noch eini-
germaßen eine Bedeutung. Es sind das die »Scher-
ben«, von denen der vorstehende, aus Rom mitge-
teilte Brief H. W.'s spricht. Ich leiste deshalb auch
Verzicht darauf, die einzelnen Stücke hier namentlich
aufzuführen.
1. Generallieutenant von Roeder kommandierte
im dänischen Kriege 1864 die »Düppel-
Brigade«, Regimenter 24 und 64, und war un-
ter den ersten, die auf Alsen landeten. Auf
dem bekannten Bleibtreuschen Bilde Ȇber-
gang nach Alsen« (Nationalgalerie) steht er,
ein großer schöner Mann, in einem der vor-
dersten Boote. Während meines Militärjahres
war er Offizier in der Compagnie des Kaiser-
Franz-Regiments, in dem ich diente, und be-
wahrte mir seitdem sein Wohlwollen.
1966
2. Rösels Beziehungen zum Hause Zimmermann
waren schon Erbstück, zweite Generation. Ei-
gentlich befreundet war er mit den Pflegeel-
tern der Geheimrätin Zimmermann, der Fami-
lie Jordan, die das große, schöne Haus
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