Wanderungen durch die Mark Brandenburg
begab er sich auf ein Landgut in der sächsischen
Lausitz, wo er sich 1764 mit einer Tochter des kur-
sächsischen Kammerherrn von Wilke vermählte. Er
lebte hier mehrere Jahre in glücklicher Zurückgezo-
genheit und »übte«, wie es in einer der zeitgenössi-
schen Schriften heißt, »all die gesellschaftlichen und
häuslichen Tugenden, die ihm die Hochachtung de-
rer, die ihn kannten, erwarben«.
Sein guter Ruf verschaffte ihm die Ehre, als Kavalier
an den sächsischen Hof gerufen zu werden. Von hier
aus machte er mit dem Prinzen Xaver eine Reise
nach Frankreich. Bald nach seiner Rückkehr wurde er
Kammerherr des Kurfürsten, hiernächst Stallmeister
des Prinzen Karl, Herzogs von Kurland.
Herzog Karl von Kurland, Sohn Friedrich Augusts II.,
lebte damals zumeist in Dresden und gehörte in ers-
ter Reihe zu jener nicht kleinen Zahl von Fürstlich-
keiten, die für das epidemisch auftretende Ordens-
wesen, für Goldmachekunst und Geistererscheinun-
gen ein lebhaftes Interesse zeigten.
So konnte es denn kaum ausbleiben, daß auch Bi-
schofswerder, wie alle übrigen Personen des Hofes,
zu jenen Alchimisten und Wunderleuten in nähere
Beziehung trat, die damals beim Herzoge aus und
1985
ein gingen. Unter diesen war Johann Georg
Schrepfer der bemerkenswerteste. Er besaß einen
»Apparat«, der so ziemlich das Beste leistete, was,
nach dieser Seite hin, in damaliger Zeit geleistet
werden konnte. Dazu war er kühn und von einem
gewissen ehrlichen Glauben an sich selbst. Es
scheint, daß er, inmitten aller seiner Betrügereien,
doch ganz aufrichtig die Meinung unterhielt: jeder
Tag bringt Wunder; warum sollte am Ende nicht auch
mir zuliebe ein Wunder geschehn? Als trotz dieses
Glaubens die eingesiegelten Papierschnitzel nicht zu
Golde werden wollten, erschoß er sich im Leipziger
Rosental (1774). Bischofswerder war unter den
Freunden, die ihn auf diesem Gange begleiteten und
denen er eine »wunderbare Erscheinung« zugesagt
hatte.
Die ganze Schrepfer-Episode hatte als Schwindelko-
mödie geendet. Aber sosehr sie für Unbefangene
diesen Stempel trug, sowenig waren die Adepten
geneigt, ihren Meister und seine Kunst aufzugeben.
Man trat die Schrepfersche Erbschaft an und zitierte
weiter. Friedrich Foerster erzählt: »Bischofswerder,
in einem Vorgefühl, daß hier ein Schatz, eine Brücke
zu Glück und Macht gefunden sei, wußte den
Schrepferschen Apparat zu erwerben.« Doch ist dies
nicht allzu wahrscheinlich. Wenn Bischofswerder spä-
ter sehr ähnlich operierte, so konnte er es, weil ein
längerer intimer Verkehr mit dem »Meister« ihn in
alle Geheimnisse eingeführt hatte.
Der prosaische Ausgang Schrepfers – prosaisch,
trotzdem er mit einem Pistolenschuß endete – hatte
1986
unseren Bischofswerder nicht um gestimmt aber verstimmt; er gab Dresden auf oder mußte es aufge-
ben, da der ganze Hergang doch viel von sich reden
machte, und nicht gerade zugunsten der Beteiligten.
Er ging nach Schlesien und lebte einige Zeit (1774
bis 1775) in der Nähe von Grüneberg, auf den Gü-
tern des Generals von Frankenberg. Bischofswerders
äußere Lage war damals eine sehr bedrückte.
Dieser Aufenthalt vermittelte auch wohl den Wieder-
eintritt B.'s in den preußischen Dienst, der nach eini-
gen Angaben 1775 oder 1776, nach anderen erst bei
Ausbruch des Bayerischen Erbfolgekriegs 1778 er-
folgte. Prinz Heinrich verlangte ihn zum Adjutanten;
als sich diesem Verlangen indes Hindernisse in den
Weg stellten, errichtete von B., inzwischen zum Ma-
jor avanciert, ein sächsisches Jägercorps, das der
Armee des »Rheinsberger Prinzen« zugeteilt wurde.
Beim Frieden hatte diese Jägertruppe das Schicksal,
das ähnliche Corps immer zu haben pflegen: es wur-
de aufgelöst. König Friedrich II. indes, »der die Men-
schen kannte«, nahm den nunmehrigen Major von
Bischofswerder in seine Suite auf, worauf sich dieser
in Potsdam niederließ. Die schon zitierte Schrift
schreibt über die sich unmittelbar anschließende E-
poche (von 1780 bis 1786) das Folgende:
»Um diese Zeit war es auch, daß der damalige Prinz
von Preußen, der spätere König Friedrich Wilhelm II.,
ihn kennenlernte und seines besonderen Zutrauens
würdig fand. Wobei übrigens eigens bemerkt sein
mag, daß von Bischofswerder der einzige aus der
1987
Umgebung des Prinzen war, welchen König Friedrich
hochzuachten und auszuzeichnen fortfuhr, so groß
war die gute Meinung des Königs von
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