Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
beziehungsweise zum Marmorpalais beset-
    zen, warf sich dann aufs Pferd und eilte nach Berlin,
    um, als erster, den Kronprinzen als König zu begrü-
    ßen. Er empfing den Stern des Schwarzen Adleror-
    dens. Ob diese Auszeichnung ihn einen Augenblick

    1993
    glauben machte, er werde sich auch unter dem neu-
    en Regime behaupten können, lassen wir dahinge-
    stellt sein. Es ist nicht wahrscheinlich. Beim Begräb-
    nis des Königs trat er zum letzten Mal in den Vorder-
    grund.
    Es war im Dom; das offizielle Preußen war versam-
    melt, Lichter brannten, Uniform an Uniform, nur vor
    dem Altar ein leerer Platz: auf der Versenkung, die in
    die Gruft führt, stand der Sarg. Jetzt wurde das Zei-
    chen gegeben. In demselben Augenblicke trat Bi-
    schofswerder, eine Fackel in der Hand, neben den
    Sarg, und der Tote und der Lebende stiegen gleich-
    zeitig in die Tiefe. Es machte auf alle, auch auf die
    Gegner des Mannes, einen mächtigen Eindruck. Es
    war das letzte Geleit. Zugleich symbolisch ausdrü-
    ckend: Ich lasse nun die Welt.
    Und er ließ die Welt. Sein Dorf, sein Haus, sein Park
    füllten von nun an seine Seele. Mit seinen Bauern
    stand er gut; die Auseinanderlegung der Äcker, die
    sogenannte »Separation«, die gesetzlich erst zehn
    Jahre später ins Leben trat, führte er durch freie
    Vereinbarung aus; er erweiterte und schmückte das
    Schloß, den Park; dem letztern gab er durch Ankauf
    von Bauerhöfen, deren Brunnenstellen sich noch
    heut erkennen lassen, wie durch Anpflanzung wert-
    voller Bäume seine gegenwärtige Gestalt. Alle Wege,
    die durch die Gutsäcker führten, ließ er mit Obst-
    bäumen, die er für bedeutende Summen aus dem
    Dessauischen bezog, bepflanzen und schuf dadurch
    eine Kultur, die noch jetzt eine nicht unerhebliche
    jährliche Rente abwirft. Er hatte ganz die Ackerbau-

    1994
    passion, den tiefen Zug für Natur, Abgeschiedenheit
    und Stille, den man bei allen Personen beobachten
    kann, die sich aus der Hofsphäre oder aus hohen
    Berufsstellungen in einfache Verhältnisse, aus dem
    glänzenden Schein in die Wirklichkeit des Lebens
    zurückziehen.
    Der Verkehr im Hause war nichtsdestoweniger ein
    ziemlich reger. Die katholischen und ökonomischen
    Grundsätze seiner zweiten Frau griffen zwar gele-
    gentlich störend ein; seine Bonhommie wußte aber
    alles wieder auszugleichen. Mit dem benachbarten
    Adel stand er auf gutem Fuß; die Beziehungen zur
    Potsdamer Gesellschaft waren wenigstens nicht ab-
    gebrochen; nur die eigentlichen Hofkreise, die der an
    oberster Stelle herrschenden Empfindung Folge ge-
    ben mußten, hielten sich zurück. Friedrich Wil-
    helm III., sooft er auch auf dem Wege nach Paretz
    das Marquardter Herrenhaus zu passieren hatte, hielt
    nie vor demselben an; die Jahre, die nun mal die
    Signatur: Rietz, Wöllner, Bischofswerder trugen,
    trotzdem er zu dem letzteren nie in einem direkten
    Gegensatze stand, lebten zu unliebsam in der Erin-
    nerung fort, um eine Annäherung wünschenswert
    erscheinen zu lassen.

    1. Dies Geburtsdatum festzustellen war schwie-
    rig. Die Geschichts- und Nachschlagebücher
    geben abwechselnd 1737, 1738 und 1741 an.
    Monat und Tag werden gar nicht genannt. In
    dieser Verlegenheit half endlich das Mar-

    1995
    quardter Kirchenbuch . Es heißt in demselben:
    Hans Rudolf von Bischofswerder starb am
    30. Oktober 1803, in einem »ruhmvollen Al-
    ter« von zweiundsechzig Jahren, elf Monaten
    und neunzehn Tagen. Dies ergibt das oben im
    Text angegebene Geburtsdatum. – Eine ver-
    wandte Mühe (was gleich hier bemerkt sein
    mag) haben alle andern Namen-, Zahlen- und
    Verwandtschaftsangaben gemacht, und nicht
    immer ist das Resultat ein gleich befriedigen-
    des gewesen. Vieles war absolut nicht in Er-
    fahrung zu bringen. Ich habe das Vermäh-
    lungsjahr Bischofswerders mit seiner zweiten
    Gemahlin, Gräfin Pinto, nicht mit Sicherheit
    feststellen können. Bestimmte Angaben hier-
    über würden mit Dank entgegengenommen
    werden.

    So kam der Herbst 1803 und mit ihm das Scheiden.
    Die Arkana und Panazeen konnten's nicht abwenden;
    das »Lebenselixier«, von dem er täglich einen Trop-
    fen nahm, und das rotseidene Kissen, das er als A-
    mulett auf der Brust trug, sie mußten weichen vor
    einer stärkeren Macht, die sich mehr und mehr an-
    kündigte. Der Erbring mit dem weißen Milchstein
    dunkelte rasch auf dem Zeigefinger, an dem er ihn
    trug, und so wußte er denn, daß seine letzte Stunde
    nahe sei. Er las im Swedenborg, als der Tod ihn an-
    trat. Nach

Weitere Kostenlose Bücher