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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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hatte. Das gab nun
    ein Kopfschütteln im Dorf und allerlei Sorg und
    Furcht im Schloß, aber Sorg und Furcht konnte den
    Spuk nicht bannen, und obwohlen der alte Gottlob
    Ernst von Löschebrand, der erst Anno 19 starb und

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    den ich selber noch gekannt habe, die Glocke mit
    sechs Pferden und einer schwarzen Decke darüber
    (als ob es ein Leichenzug wäre) nach Berlin fahren
    und einen frommen Spruch mit eingießen ließ – ei-
    nen frommen Spruch, an den er nicht recht glaubte –
    , so war es doch von dem Tag an vorbei mit der ›Lö-
    schebranden Glück‹ und ist seitdem auch nicht mehr
    aufgekommen.«
    All die Zeit über war mir der Neufundländer unaus-
    gesetzt zur Seite gewesen und nur ein paarmal bis
    an den Wagen vorgesprungen, um nach Irme zu
    sehn. Der Emeritus aber öffnete mir immer mehr das
    Schatzkästlein seiner Erinnerungen, und als er hörte,
    daß ich zunächst nach Groß Rietz wollte, riet er mir,
    bei seinem alten Freunde, dem Kantor, vorzuspre-
    chen und ihm Grüße zu bringen, »der werde mir mit
    Rat und Tat behilflich sein und mir zeigen, was zu
    zeigen sei«.
    Dabei waren wir aus dem Walde heraus und bis in
    die Front eines etwas zurück gelegenen und hinter
    Efeu halb versteckten Steinhäuschens gekommen,
    über dessen Heckenzaun fort ein kleiner Pfirsich-
    baum blühte.
    »Wie schön«, sagt ich. »Wem gehört dies Idyll an
    der Heerstraße?«
    Der Alte lächelte vor sich hin. »Es wird wohl das des
    alten Emeritus sein.« Und wirklich, es war es.

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    Eine Minute später schritten Großvater und Enkelin
    auf das Häuschen zu. Der Neufundländer folgte, ver-
    stimmt über die zu rasch abgebrochene Bekannt-
    schaft. Irme drehte sich noch einmal um und nickte;
    dann verschwanden alle drei hinter dem Hecken-
    zaun, und Moll und ich waren wieder allein.
    »Er ist auch nur arm«, sagte mein Philosoph in erns-
    ter Betrachtung. »Und dabei neunundsiebzig. Es is
    doch eigentlich eine traurige Geschichte.«
    »Warum? Er sah ja nicht traurig aus. Ganz und gar
    nicht. Aber Sie sind ein Mammonsjäger, Moll; Ihr
    drittes Wort ist immer Geld, und da kann ich schließ-
    lich nicht mehr mit. Ich hab Ihnen heute früh recht
    gegeben, aber Sie gehen ja viel zu weit und verges-
    sen, daß ein Unterschied ist zwischen Pauvresein und
    Armsein. Armsein ist nicht so schlimm. Achten Sie
    mal darauf, immer die, denen das Leben das Leben
    schwer macht das sind die Tüchtigsten und Klügsten.
    War nicht die pieskowsche Wirtin eine kluge Frau?«
    »Ja, ja.«
    »Nun sehen Sie, so viel Schneid ist immer nur bei
    der Armut. Die Not lehrt beten, sagt das Sprüchwort,
    aber sie lehrt auch denken, und wer immer satt ist,
    der betet nicht viel und denkt nicht viel.«
    »Ich bin aber doch lieber satt.«

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    »Ehrlich gestanden, ich auch. Darin stimmen wir nun
    wieder zusammen. Aber es ist doch auch was mit der
    Armut, oder wenn man so will, sie hat auch ihre Vor-
    züge.«
    »Man bloß nich viele...«
    »Nein, viele nicht. Aber doch welche. Sehen Sie, Sie
    haben viel gelesen und sind eigentlich, wenn es nicht
    grad Ihre schwache Stelle trifft (Sie wissen schon,
    welche), für einen gebildeten Fortschritt. Und nun
    frag ich Sie, wo säßen wir noch und wo wären wir
    noch, wenn es keine Not in der Welt gäbe. Die Not
    ist der große Treiber oder der eigentliche ›Motor‹,
    wie manche sagen, und daß ich hier jetzt mit Ihnen
    herumkutschiere trotz Ostwind und dieser Stichson-
    ne (fühlen Sie mal, wie mir die Haut schon abschül-
    bert), ist eigentlich auch bloß aus Not.«
    »I nu ja, man kann es auch so sagen. Aber ich bin
    doch mehr fürs Amöne. Sehen Sie den hübschen
    Turm da vor uns? Das ist Groß Rietz; da kann man
    doch wieder ein Glas Bier kriegen und ein Rührei mit
    Schinken.«
    »Und da finden wir auch was in Schloß oder Kirche.
    Ja, Sie lachen, Moll, und denken: ›Ach, das sagt er
    schon den ganzen Tag‹; aber Sie sollen sehen, hier
    gibt es was. In Groß Rietz nämlich hat der Minister
    Wöllner gewohnt, freilich erst, als er in Ungnade ge-
    fallen war, und ist auch bald nachher gestorben. Wer
    in Ungnade fällt, heißt es, der lebt nicht mehr lange.

Nu, mir könnt es nicht passieren; In-Ungnade-Fallen 2324
    und Pensioniertwerden ist eigentlich immer mein
    Ideal gewesen. Aber der eine denkt so und der andre
    so... Haben Sie schon mal von dem Minister Wöllner
    gehört?«
    »Nein. Wer war er denn? Ich habe bloß noch von die
    Manteuffels gehört. Und einer hieß der kleine Man-
    teuffel. Es

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