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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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von Treibhäusern eingefaßten Garten hatte.
    Dieser Blick war hübsch, aber der Saal selber zeigte
    nichts als eine Stehuhr, eine Portraitbüste Friedrich
    Wilhelms II. und jene vier Bilder, über die mir die
    Frau Kantorin einen vorläufigen kurzen Bericht gege-
    ben hatte.
    Der letzte Glutschein der untergehenden Sonne fiel
    auf drei Bilder; das vierte (kleinere) hing an einer
    Schmalwand unmittelbar daneben und war das Wöll-
    ner-Bild aus seiner Ministerzeit. Er trägt auf demsel-
    ben gepudertes Haar, einen roten Uniformrock und
    einen blauen, mit Silber gestickten Kragen. Ebensol-
    che Rabatten und Aufschläge. Die Nase dicklich, die
    Lippen wulstig, die Augen groß und hervortretend.
    Alles in allem entschlossen und charaktervoll, aber
    ohne Wohlwollen.
    Auf diesem kleineren Portrait ist er ein mittlerer
    Fünfziger, auf dem größeren, im rechten Winkel
    daneben hängenden aber erscheint er als ein ju-
    gendlicher und in der Tat schöner abbéhafter Mann,
    wie man ihnen auch heute noch innerhalb der katho-
    lischen Geistlichkeit in Östreich und Süddeutschland

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    zu begegnen pflegt. Er zeigt sich, seinen damaligen
    Studien entsprechend, mit einem Mikroskop beschäf-
    tigt, zwischen dessen Gläser er eben einen zu beo-
    bachtenden Gegenstand gelegt zu haben scheint.
    Eine Verwandtschaft zwischen den beiden Bildern ist
    unverkennbar: derselbe sinnliche Mund, dazu diesel-
    ben großen Vollaugen. Und doch, welch ein Unter-
    schied! Auf dem Ministerportrait alles abstoßend,
    hier alles anziehend bis zum Verführerischen. Dazu
    gut und, soweit meine Kenntnis reicht, in einzelnen
    Partien sogar vortrefflich gemalt. Von welcher Hand,
    würde sich durch Kunstverständige leicht feststellen
    lassen, da, nach Antoine Pesnes Tode, wohl nur we-
    nige Maler in Berlin existierten, die so zu malen im-
    stande waren.
    Die beiden Itzenplitzischen Frauenportraits, die die-
    selbe Wand schmücken, sind in Ausdruck und Vor-
    tragsweise nur Durchschnitt. Alles Interesse verbleibt
    also ihm , und wer die Geschichte dieses vielfach verkannten und unterschätzten Mannes dermaleinst zu
    schreiben gedenkt, wird an diesen Groß-Rietzer Bild-
    nissen nicht vorübergehen dürfen. Sie lehren uns
    manches in seinem Leben und Charakter verstehn.
    Inzwischen war die Sonne gesunken, und als wir
    jetzt aus dem Saal auf die große Freitreppe hinaus-
    treten, stand der Vollmond bereits in aller Klarheit
    am Himmel. Ihn als Leuchte zur Seite, gingen wir auf
    die nah gelegene Kirche zu, hinter deren Fenstern
    ich ein paar Epitaphien und Trophäen in ihrem flim-
    mernden Schmucke von Waffen und Goldbuchstaben
    erkannte. Dieser flimmernde Schmuck aber war nicht

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    das, was meine Schritte hierher gelenkt hatte, viel-
    mehr hielt ich mich jetzt auf die Mitte des Kirchhofs
    zu, wo, von einer Gruppe von Ahornplatanen um-
    stellt, ein großer Granit, ein Doppel grabstein lag, auf dem einfach die Namen standen: »J. C. von Wöllner
    und C. A. C. von Wöllner, geborne von Itzenplitz«.
    Sonst nichts, weder Spruch noch Inschrift. Um die
    Stätte her war braunes Laub hoch zusammengefegt
    und predigte wie der Stein selber von der Vergäng-
    lichkeit irdischer Dinge.
    Moll war uns auf den Kirchhof gefolgt. Er schien ei-
    nen Augenblick zu Reflexionen in dem eben ange-
    deuteten Sinne geneigt, gab es aber doch auf und
    begnügte sich schließlich mit einer einfachen Wetter-
    betrachtung: »Ich dachte, der Wind würd uns einen
    Regen zusammenfegen. Aber es is nichts. Sehen Sie
    sich bloß den Mond an; er hat nich mal 'nen Hof und
    steht so blank da wie 'n Zehnmarkstück.«
    »Es is richtig. Aber Moll, warum sagen Sie bloß
    Zehn markstück?«
    »Jott, ich dachte, vor die Gegend...«
    Und damit gingen wir auf das Gasthaus zu, wo mein
    Mammon- und Adelsfreund schon ein Zimmer für
    mich, und zwar »auf der rechten Giebelseite«, be-
    stellt hatte.
    »Gott, Moll, das ist ja die Mondseite.«

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    »Na, denn tauschen wir. Ich hab es gern, wenn er
    mir so prall aufs Deckbett scheint.«

    4. Blossin
    In aller Frühe brachen wir auf und machten den Weg
    vom Tage vorher wieder zurück, einzig und allein mit
    dem Unterschiede, daß wir, statt um die Nordspitze
    des Schermützel, um seine Südspitze herumfuhren.
    Es waren dieselben Bilder, und Wagen und Gesprä-
    che mahlten ruhig und unverändert weiter. Aus der
    Reihe der letztern war eins über Zahnweh unbedingt
    das wichtigste, weil Moll ein Mittel angab, wie diesem
    Urfeinde der Menschheit beizukommen

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