Wanderungen durch die Mark Brandenburg
sonnen-
beschienenen Abhänge des Dorfes Lützow entspra-
chen mehr ihrem heitern Sinn. Schloß Köpenick ver-
ödete, wurde stiller und verlassener, als es je gewe-
sen, und Schloß Charlottenburg mit funkelnder Kup-
pel und goldnen Figuren wuchs statt seiner empor.
Die Zeit Friedrich Wilhelms I.
Schloß Köpenick war tot, bis es der soldatische Sohn
Sophie Charlottens zu neuem Leben erweckte. Die
Jagdpassion kam wieder zu Ehren, und Tage brachen
wieder an, wie sie Kurfürst Joachim nicht wilder und
weidmännischer gekannt hatte. Jene Dianenbilder an
Plafonds und Simsen, die dreißig Jahre lang ein Hohn
gewesen waren, sie kamen jetzt zum ersten Male,
seit Rütger von Langenfeld die Säle und Korridore
mit ihnen geschmückt hatte, zu ihrer Bedeutung und
ihrem Recht. Jagd tobte wieder um Schloß Köpenick
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her, und Fangeisen und Hörner waren wieder in ihm
zu Haus.
Diese Jagden zeichneten sich durch Gefahren aus,
die mehr aufzusuchen als zu vermeiden für guten
Ton galt. Züge von Ritterlichkeit machten sich gel-
tend, die an den Hof Franz' I. erinnert haben wür-
den, wenn nicht, anstelle galanten Minnedienstes,
jene kurbrandenburgische Derbheit vorgeherrscht
hätte, der zu allen Zeiten ein Kraftwort weit über ein
Liebesgedicht oder ein Wortspiel ging. Bei diesen
Jagden, wie Schloß Köpenick sie damals häufig sah,
wurde fast jedesmal der eine oder andere schwer
verwundet, wenn nicht getötet. In ein viereckiges
Gehege von 600 bis 700 Schritten, das von Leinen
eingeschlossen war, ließ man oft 200 oder 300 wilde
Schweine von jedem Alter und jeder Größe ein. Hier
erwarteten sie die Jäger, je zwei und zwei, um die
wild Hereinbrechenden auflaufen zu lassen. Verfehl-
ten sie das Tier oder zerbrach das Fangeisen, so
wurden sie oft über den Haufen gestoßen und von
dem verwundeten Wildschwein übel zugerichtet. Zu-
weilen nötigte der König auch wohl seine Jäger und
Pagen, die größten Keiler bei den Ohren zu fassen
und mit Gefahr ihres Lebens so lange festzuhalten,
bis er selbst herbeikam, um sie abzufangen. Wer sich
zu solchem Dienste weigerte, galt für feige. Der Kö-
nig selbst ward auf einer dieser Jagdpartien, in un-
mittelbarer Nähe von Köpenick, stark verwundet und
würde sein Leben eingebüßt haben, wenn ihm nicht
einer seiner Jäger rechtzeitig beigesprungen wäre.
Blutend schaffte man ihn nach Köpenick. Es war am
15. Januar 1729.
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Das nächste Jahr brachte gewichtigere Tage, Tage,
die den Namen Schloß Köpenicks mit einer der inte-
ressantesten Episoden unserer Geschichte für immer
verwoben haben. Am 28. Oktober 1730 trat hier das
Kriegsgericht zusammen, das über den Lieutenant
Katte vom Regiment Gensdarmes sowie über den
»desertierten Obristlieutenant Fritz« Urteil sprechen
sollte. Diese höchst denkwürdige Sitzung fand in
dem sogenannten Wappensaale statt. Unter den vielen Sälen des Schlosses ist er nicht nur der historisch interessanteste, sondern auch dadurch vor allen andern bemerkenswert, daß er in seiner Einrichtung
und Ausschmückung weder bedeutend gelitten hat
noch auch hinter einer Gips- und Mörtelverkleidung
seine Vorzüge verborgen hält. Dieser Wappensaal
(wegen einer in ihm aufgestellten Orgel auch der
»Orgelsaal« geheißen) ist zwei Treppen hoch gelegen
und blickt mit seinen Fenstern auf die Spree hinaus.
Im Verhältnis zu seiner Tiefe hängt die Decke zu
niedrig und würde bei ihrer reichen Ornamentik noch
viel mehr den Eindruck davon machen, wenn nicht
die hellen Farbentöne, Weiß und Lila, die durch den
ganzen Saal hin vorherrschen, eine gewisse Luftig-
keit wiederherstellten. Die völlig weiß gehaltene De-
cke wird von etwa zwanzig Karyatiden gestützt, die
alle vier Seiten des Saales umstehen und auf ihrer
Brust die Wappenschilde der verschiedenen preußi-
schen Gebietsteile jener Epoche tragen. Eine be-
stimmte Reihenfolge, nach den Provinzen, ist bei
Aufstellung derselben nicht beobachtet worden, und
Kassuben und Wenden, Jägerndorf und Minden, Ra-
vensberg und Gützkow, dazu Ruppin, Cammin, Mark,
Crossen, Barth, Pommern, Kleve usw. folgen bunt
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aufeinander. An den beiden Längswänden befinden
sich auch ein paar große Kamine, reich verziert mit
allerhand Emblemen und Wappenfiguren; alles wei-
ßer Stuck, wie der ganze Rest der Ausschmückung
überhaupt. Das Ganze, weniger schön als von ent-
schieden historischem Gepräge, macht es einem
glaublich, daß hier
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