Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
an langer Tafel das Kriegsgericht
    saß, das über Tod und Leben eines Prinzen und sei-
    ner Mitschuldigen aburteilen sollte.
    Der Tag, an dem die Kriegsgerichtssitzung im » Wap-
    pensaale zu Köpenick « stattfand, war, wie bereits erwähnt, der 28. Oktober 1730. In dem Kapitel
    » Küstrin « (Band II, »Oderland«) hab ich ausführlich darüber berichtet. Hier nur noch einmal das : Die das Kriegsgericht bildenden sechzehn Offiziere lehnten
    einen Rechtsspruch über den Kronprinzen einfach ab
    und verurteilten den Lieutenant von Katte zu lebens-
    länglichem Festungsarrest. Der König stieß dies Ur-
    teil um. Manche Punkte hinsichtlich dieser Vorgänge
    waren bis in die neueste Zeit hinein nicht völlig auf-
    geklärt, das aber hat immer festgestanden, daß jene denkwürdige Kriegsgerichtssitzung im großen Wappensaale zu Köpenick stattfand. Vielleicht wär es
    angebracht, wenn nicht ein historisches Bild, so doch
    wenigstens eine Gedächtnistafel aufzurichten, die die
    Erinnerung an jenen Tag an ebendieser Stelle leben-
    dig hält.

    2403
    Die Zeit Henriette Maries,
    von 1749 bis 1782
    Henriette Marie, geborne Prinzessin von Branden-
    burg-Schwedt, hatte sich mit vierzehn Jahren bereits
    an den Herzog von Württemberg-Teck vermählt und
    war mit neunundzwanzig Jahren Witwe geworden.
    Als solche lebte sie zunächst in Berlin und erschien
    während der letzten Regierungsjahre Friedrich Wil-
    helms I. bei allen Hoffesten. Auch noch unter dem
    großen Könige. So gingen die Dinge bis 1749, um
    welche Zeit ihr Schloß Köpenick als Witwensitz an-
    gewiesen wurde. Es hieß damals, »sie sei verbannt«,
    auch scheint sie von jenem Zeitpunkt ab am Berliner
    Hofe nicht länger erschienen zu sein. Welche Gründe
    den König zu dieser Verbannung veranlaßten, ist nur
    zu mutmaßen, nicht nachzuweisen. Es heißt, daß
    Friedrich II. an dem wenig korrekten Lebenswandel
    der Prinzessin Anstoß genommen habe, doch ist es
    nicht unwahrscheinlich, daß andere Dinge mit ins
    Spiel kamen und den Ausschlag gaben. Die Seitenli-
    nie Brandenburg-Schwedt wurde vom großen Könige
    mit derselben Abneigung betrachtet, die schon sein
    Vater und namentlich sein Großvater Friedrich I. ge-
    gen dieselbe gehegt hatte, und – »wie's in den Wald
    hineinschallt, so schallt es auch wieder heraus«. So
    bedeutend jene Zeit in vielen Stücken war, so war
    sie's doch keineswegs in allen , und Klatsch, Intrigue und chronique scandaleuse hatten ein unglaublich
    großes Feld. Wir werden kaum irren, wenn wir an-
    nehmen, daß Prinzessin Henriette Marie ihre Zunge
    weniger als wünschenswert im Zaum gehalten habe

    2404
    und daß dieser Umstand mit zur unfreiwilligen Muße
    von Köpenick führte. Daß die Prinzessin infolge da-
    von dreißig Jahre lang die Kunst des Schweigens
    geübt habe, haben wir allerdings nicht die geringste
    Ursach anzunehmen, es scheint vielmehr, daß man
    sich die Langeweile durch allerpikanteste Plaudereien
    nach Möglichkeit vertrieben und alle Mesquinerien
    eines kleinen Hofes, als bestes Mittel, die Zeit hinzu-
    bringen, mit wahrer Meisterschaft kultiviert habe.
    Über das damalige Leben im Köpenicker Schlosse
    geben einige Notizen Aufschluß, denen wir in einer
    Biographie des Freiherrn von Krohne, der sich könig-
    lich polnischer Wirklicher Geheimerat nannte, begeg-
    nen. Dieser Abenteurer, der überall im trüben zu
    fischen und an kleinen Höfen sein »Fortune« zu ma-
    chen suchte, kam auch an den Hof des Markgrafen
    Friedrich Wilhelm von Schwedt, des regierenden
    Bruders unsrer Henriette Marie, deren Hofstaat der
    Markgraf aus den Revenuen seines Schwedter
    Markgrafentums zu unterhalten hatte. Prinzessin-
    Schwester brauchte mehr, als Markgraf-Bruder zu
    zahlen liebte, und so wurde denn Freiherr von Kroh-
    ne, nachdem er eben seine Dienste angeboten, an
    den Köpenicker Hof geschickt, angeblich um der
    Prinzessin als Kammerherr zu Diensten zu sein, in
    Wahrheit aber, um die Ausgaben, zu denen ihre
    Freigebigkeit oder ihre Verschwendung führte, zu
    kontrollieren. Freiherr von Krohne traf ein, debütierte mit Geschick, wußte einen Hofrat, der ihm in
    Schwedt als Hauptträger des Verschwendungssys-
    tems bezeichnet worden war, glücklich zu entfernen
    und stand bereits auf dem Punkte, sich als Erster
    Minister und Plénipotentiaire am Hofe zu Köpenick zu

    2405
    etablieren, als die beiden alten Günstlinge der Prin-
    zessin, die bis dahin auf gegnerischem Fuße gestan-
    den und ihre Macht balanciert hatten, sich

Weitere Kostenlose Bücher