Wanderungen durch die Mark Brandenburg
4. Fülle und Elend;
früher bekannt unter dem Titel: »Wohl endet der Tod
des Lebens Not, doch schauert Leben vor dem Tod«.
5. Christus bei den Sündern und Zöllnern, von den
Pharisäern zurechtgewiesen. (Vom Kommerzienrat
Zimmermann für die Kunsthalle in Chemnitz gestif-
tet.) 6. Ägyptische Bettlerinnen. Alle diese Bilder
wurden in Paris ausgestellt, die beiden letztgenann-
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ten auch in Berlin, wohin er, aller Paris-Passion und
alles internationalen Zuges unerachtet, im
Herbst 1857 dennoch zurückzukehren für gut fand.
Die vier Jahre von 1853 bis 1857, während welcher
Zeit er – nunmehr auf eigenen Füßen stehend – frei
und selbständig schuf, waren ihm in besonders an-
genehmer Weise vergangen, wozu sehr wesentlich
die freundlichen Beziehungen beitrugen, in denen er
ebensowohl zu französischen wie zu deutschen
Künstlern stand. Gérôme, Boulanger, Louis Hamon,
Aubert, sämtlich, wie er selbst, aus der Gleyreschen
Schule hervorgegangen, zählten zu seinem Umgang,
während er sich mit Ferdinand Heilbuth (Hamburger,
aber in Paris geblieben und dort naturalisiert; vor
kurzem verstorben) befreundete. Desgleichen stand
er auf freundlichem Fuße mit Feuerbach, Victor Mül-
ler, Rudolf Henneberg, Lindenschmit, Gustav Span-
genberg, alle Schüler von Couture, zu dem er sich,
wie schon erzählt, nach Austritt aus dem Gleyre-
schen Atelier, ebenfalls ein Jahr lang gehalten hatte.
Alle diese waren gleichaltrig Mitstrebende; seine gu-
ten Beziehungen aber beschränkten sich nicht auf
diese, sondern erstreckten sich auch auf solche, die
damals in der Pariser Malerwelt als anerkannte Meis-
ter den Ton angaben: Paul Delaroche, Horace Ver-
net, Robert-Fleury, Ary Scheffer, Courbet, Winterhal-
ter. Und diesen hier Genannten darf auch Ludwig
Knaus zugezählt werden, »der« (so schreibt G.)
»schon als Meister dorthin kam, dort, wie überall,
eine Ausnahmestellung einnahm und in Paris alles
erreichte, was ein Maler erreichen kann«.
247
1. Prinz Friedrich von Schleswig-Holstein, Sohn
des Prinzen von Noer, wurde 1830 geboren
und starb 1881. Er erhielt 1870 vom König
von Preußen für sich und seine Deszendenz
den Titel Graf von Noer . Prinz Friedrich war
ein begeisterter Orientalist, der, nachdem er
jahrelang in Indien gelebt, über seine Reisen
in Kleinasien geschrieben und zuletzt ein sehr
beachtenswertes Werk: »Geschichte des Kai-
sers Akbars des Großen«, hinterlassen hat.
IV
Rückkehr in die Heimat. Ruppin. Übersiedlung nach
Berlin.
Verheiratung (1861). Reisen. Briefe aus Stockholm
(Von 1857 bis 1874)
1857, wie bereits kurz erwähnt, verließ W. Gentz
Frankreich, um nun dauernd in die Heimat zurückzu-
kehren. Aber er blieb, wie jeder Künstler das muß, in
intimer Fühlung mit Paris, und so mag denn, eh ich
in nachstehendem über die zweite Hälfte seines Le-
bens und Schaffens berichte, zunächst das noch eine Stelle hier finden, was er – aus aller Chronologie
herausgerissen und anknüpfend an die gelegentli-
chen Begegnungen einer späteren Zeit – über die
französischen Maler überhaupt insonderheit über
248
ihren naiven Chauvinismus, also mehr über die Men-
schen als über die Künstler, und schließlich auch
noch über die neueste Pariser Kunstrichtung ge-
schrieben hat.
»... Ich war allezeit«, so schreibt er, »sehr gern in
Paris und stand, was ich immer wieder und wieder
betonen muß, mit den französischen Künstlern auf
dem besten Fuße, wennschon ihnen ihre ›Superiori-
tät‹ über uns, und zwar nicht bloß für den Moment,
sondern für alle Zeiten, unverbrüchlich feststand. Sie
waren darin ganz naiv. Der Gedanke, daß sie von
anderen überflügelt werden könnten, ist ihnen bis
diese Stunde fremd geblieben. Und so ist es denn
auch ein charakteristischer Zug jedes Franzosen,
ohne weiteres anzunehmen, daß seine Nation von
einer andern nicht besiegt werden könne. Davon ein
Beispiel. Als ich Gleyre im Jahre 1868 das letztemal
sprach, lud ich ihn ein, mich in Berlin zu besuchen,
ich wolle bei der Gelegenheit sein Führer durch die
Museen wie auch durch die Museen in Dresden usw.
sein. ›Ich nehme es an‹, sagte er, ›doch zuvor müs-
sen wir mit den Deutschen uns messen.‹ Die Wut
gegen uns datierte schon vom österreichischen Krie-
ge her. ›Aber‹, erwiderte ich ihm, ›Sie sind ja gar
kein Franzose, Sie sind ja ein Schweizer; was geht
Sie diese Rivalität an?‹ – ›Schweizer hin
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