Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Dame, die demselben vorstand, war eine Prinzessin von Schwedt, ge-
hörte mithin einem Frauenzirkel an, von dem man
sagen konnte, daß er der Natur noch um einen
Schritt näher stand, als Frauen ihr gewöhnlich zu
stehen pflegen. Ihren Bildern und Büsten in alten
Galerien (am besten in der Schwedter selbst) zu be-
gegnen ist eine wahre Herzensfreude. Welche Fülle
von Leben, welche Gesundheit in Formen und Far-
ben! Ihre Ehen waren nicht immer normal, nicht im-
mer das, was Ehen sein sollen, aber es waren gute
Frauen, und – die Männer waren glücklich.
Überraschend zu sagen, die Hauptfestlichkeiten in
Friedrichsfelde waren Taufen! Namentlich um jene
Zeit herum, wo die gesamte hohenzollernsche Des-
zendenz auf zwei Augen stand. Am
11. November 1771 wurd im Friedrichsfelder Schloß
ein Prinz geboren, bei der damaligen Sachlage
durchaus ein »Ereignis«. Der Prinz erhielt die Namen
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Friedrich Christian Heinrich Ludwig. Der König, die Königin, Prinz Heinrich wohnten der Tauffeierlichkeit
bei; von auswärtigen Mitgliedern der Familie war die
verwitwete Königin von Schweden, Luise Ulrike, ge-
laden. Im Kirchenbuche finden sich von der Hand des
Pastors Lindenberg1), der die Taufe vollzog, folgende
Bemerkungen eingetragen:
»Diese glückliche Entbindung war um so viel freudi-
ger, weil der teuerste Vater seit einigen Wochen an
einer sehr gefährlichen Krankheit darniederlag, so
daß man verschiedene Tage sein Ableben befürchte-
te; Umstände, welche bei der nahen Entbindung die
geliebte Gemahlin äußerst geängstigt und elend ge-
macht hatten, so daß man wegen ihres Lebens be-
sorget war.... Es war auch, bei der äußersten Gefahr
des Prinzen, von seiner fürstlichen Gemahlin, und
zwar vor ihrer Entbindung, dem Prediger aufgetragen
worden, eine Betstunde in dero Zimmer zu halten,
welches denn auch in aller Stille, in Gegenwart der
Prinzessin, der Prinzessin Philippine und zween Da-
mes geschah. Es war rührend, dabei so viel Andacht
und Wehmut an so hohen Personen wahrzunehmen.«
Über die anderweiten Aufzeichnungen des Kirchen-
buches gehen wir schneller hinfort, trotzdem diesel-
ben an zwei Namen anknüpfen, die es in der Ge-
schichte Preußens, in Glück und Unglück, zu hohem
Ansehen gebracht haben. Am 18. November 1772
wurde Prinz Louis Ferdinand, der »Saalfelder«, am
19. September 1779 Prinz August, der Reorganisator
der preußischen Artillerie, geboren.
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Sechs Jahre später verließ der Ferdinandsche Hof
Friedrichsfelde. Es scheint nicht, daß er, trotz langen Aufenthalts daselbst, in der Einrichtung des Schlosses Erhebliches zu ändern vorfand. Am 21. Juni 1785
wurden Schloß und Park an den Herzog von Kurland
verkauft.
1. Dieser Pastor Lindenberg starb 1774 an den
Folgen eines Schrecks, den ihm eine Spuker-
scheinung verursacht hatte. Als er nämlich, kurz
vor seinem Tode, von einem Besuch im Schloß
in seine Pfarre zurück wollte, sah er eine weibli-
che Gestalt, die vor ihm herging und auf sein
Anrufen keine Antwort gab. Als sie bis dicht
vor der Kirche waren, wies sie mit der Hand auf
eine Stelle neben einem Eckpfeiler und ver-
schwand dann. Der Pastor kam in äußerster Er-
regung in seiner Wohnung an, erzählte, was er
gesehen, und starb den dritten Tag danach. Er
wurde neben dem Eckpfeiler an ebender Stelle
begraben, auf die die Gestalt gezeigt hatte.
Friedrichsfelde von 1785 bis 1799
Herzogin Dorothea von Kurland
Am 21. Juni 1785 wurden Schloß und Park von Fried-
richsfelde für den Herzog von Kurland gekauft; er
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selbst befand sich um diese Zeit noch in Italien, wo-
hin er das Jahr zuvor eine Reise angetreten hatte.
Im Herbst 1785 aber traf er in Begleitung seiner
Gemahlin, der vielgefeierten Herzogin Dorothea, ge-
bornen Reichsgräfin von Medem, wieder in Berlin ein
und bezog auch Friedrichsfelde. Daran reihte sich
1786 ein zweiter, 1791 und 1793 ein dritter und
vierter Aufenthalt, von denen jedoch nur der letztere
durch eine längere Zeit hin dauerte. Fast ein Jahr.
Die anderen Anwesenheiten waren bloße Besuche
und zählten nur nach Wochen.
Wir betonen dies, weil man mannigfach der Ansicht
begegnet, Friedrichsfelde sei während seiner »kur-
ländischen Epoche« abermals eine Stätte der Kunst,
ein Sammelplatz schöngeistigen Lebens geworden,
etwa wie zur Zeit des Markgrafen Karl. Um das zu
werden, dazu fehlte jedoch 1785, 86 und 91 die Zeit und von 1793 bis 1794 die Stimmung .
Ein Blick
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