Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Ordensmitteln zu übernehmen. Dies ge-
schah denn auch. König Friedrich Wilhelm I. war e-
ben nicht gewohnt, auf Widerspruch zu stoßen.
In diesem Palais, das Markgraf Karl zeitweilig be-
wohnte, befand sich, wie schon angedeutet, aller
Wahrscheinlichkeit nach ein Teil seiner Galerie, viel-
leicht sogar der größere Teil. Nach seinem Tode wur-
de die Sammlung versteigert und die Bilder zerstreu-
ten sich überallhin. Einige, die sich auf den alten Zieten beziehen, sah ich in Wustrau. In Friedrichsfelde
finden sich noch einige Rudera vor, die beim Verkauf
lediglich aus Indifferenz oder Bequemlichkeit zurück-
gelassen wurden, vielleicht erstand sie auch Prinz
Ferdinand, der nach dem Markgrafen Karl in Fried-
richsfelde einzog. Es sind: zwei alte Köpfe, höchst
vorzüglich, im Stil von Gerard Dou; außerdem ein
anderer Niederländer: Christus als Knabe predigt im
Tempel.
Markgraf Karl starb am 22. Juni 1762 zu Breslau. Er
war, wie sein Vater, Markgraf Albrecht teils um sei-
ner Herzensgüte, teils um der Pflege willen, die er
der heimischen Kunst bezeigt, eine in Berlin sehr
beliebte Persönlichkeit gewesen. Für viele war sein
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Hinscheiden ein herber Verlust. Er hinterließ keine
männliche Deszendenz.
Friedrichsfelde fiel an seine Tochter, die Herzogin
von Anhalt-Bernburg, deren Bevollmächtigter schon
im November desselben Jahres Schloß, Park und
Pertinenzien an den Prinzen Ferdinand von Preußen
verkaufte.
Friedrichsfelde von 1762 bis 1785
Prinz Ferdinand
Prinz Ferdinand, der jüngste Bruder des großen Kö-
nigs, hatte von 1744 an in Ruppin residiert, wo das
Regiment, das seinen Namen führte, in Garnison lag;
von 1756 bis 1763 war er mit den andern Prinzen im
Kriegslager gewesen. Der Hubertusburger Friede und
der Erwerb von Friedrichsfelde fielen fast zusammen,
und mit einer Art von Ausschließlichkeit gehörte der
Prinz von 1763 bis 1785 diesem anmutigen
Lustschloß an, das nun schon zweien Herrenmeistern
des Johanniterordens als Residenz gedient hatte. Er
war der dritte. Von 1785 an wurde Schloß Bellevue
(im Berliner Tiergarten) der Aufenthalt des Prinzen,
bis 1802, nach dem Tode seines Bruders, des Prin-
zen Heinrich, Rheinsberg an die Stelle von Bellevue
trat.
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Wir haben also, von dem siebenjährigen Kriegsinter-
regnum abgesehen, vier Epochen im Leben des Prin-
zen Ferdinand zu unterscheiden: Ruppin, Friedrichs-
felde, Bellevue, Rheinsberg, von denen die Fried-
richsfelder Epoche die wichtigste und die längste ist.
Sie umfaßt zweiundzwanzig Jahre und zeigt, nach
dem bescheidenen Maße von Geist und Gaben, das
speziell diesem Prinzen zuteil geworden war, wenigs-
tens Leben und Farbenfrische, wenn auch nichts von
Eigenart.
An dieser gebrach es durchaus. Man darf sagen, daß
er in allem seinen Bruder Heinrich kopierte; der
Friedrichsfelder Hof war Seitenstück und Nachah-
mung des Rheinsberger. Zunächst wurde die Hofhal-
tung im weitesten Sinne ganz nach dem dortigen
Muster eingerichtet. Kavalierhäuser, Stall- und
Wachtgebäude, Tempel und Grotten wurden aufge-
führt, alles wie in Rheinsberg. Wie Prinz Heinrich
einige vierzig Kammerhusaren hielt, die die Rheins-
berger Garnison bildeten und den Wachtdienst im
Schlosse hatten, so hatte Prinz Ferdinand eine Art
Invalidenkolonie in Friedrichsfelde, die ihren Zuzug
aus seinem Ruppiner Regiment empfing. Diese alten
Soldaten bestellten ihr Stück Garten- und Ackerland,
und nur immer einige wenige von ihnen mußten ab-
wechselnd auf Wache ziehn. Kam dann aber hoher
Besuch, Prinz Heinrich oder gar der König selbst, so
mußten sie sämtlich aufmarschieren, um die militäri-
schen Verhältnisse von Friedrichsfelde in möglichst
günstigem Licht erscheinen zu lassen. Das Wachtlo-
kal ist noch da und erinnert mit seinen Holzsäulchen,
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die das obere Stockwerk tragen, an die früheren
Wachthäuser am Halleschen Tor.
Natürlich war auch das Friedrichsfelder Leben dem Rheinsberger verwandt, nur blasser, insipider. Wir
müssen hinzusetzen, zu seinem Glück. Es hatte wohl
auch seine »Chronique«, seine Flüsterungen, seine
Geheimnisse, aber es fehlte doch der eigentümliche
Parfum, der in dem stillen, abgelegenen Schloß am
Grineritz-See alle Dinge durchdrang. In Friedrichsfel-
de gab es Frauen , das sagt alles. Ihre Gegenwart bedingte nicht immer Tugend, aber doch wenigstens
Natur . Und davon hatte der Friedrichsfelder Hof sein volles Maß. Die durchlauchtigste
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