Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Barjatinskijschen oder die
Holstein-Beckschen Güter geschafft werden. Die
Friedrichsfelder waren zum Transport um so lieber
bereit, als ihnen für die Fahrt bis Memel (dort warte-
te russisches Fuhrwerk) 400 Taler geboten wurden.
Es zerschlug sich aber wieder und kam statt dessen
zu einem Pakt mit jener moskau-astrachanischen
Karawane , die damals alljährlich, in den ersten Win-termonaten, Kaviar nach Berlin zu bringen pflegte.
Dies waren in der Regel fünfzig Schlitten, jeder mit
einem Pferd und am Hals jedes Pferdes ein Glöckchen. Auf den vordersten dieser Schlitten wurde, bei
der Rückfahrt, der Sarg gestellt, und die lange Kara-
wane hinter sich, ging es nun im Schritt bis an die
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russische Grenze – die Winterstille nur durch den
Ton der Glöckchen unterbrochen.
Friedrichsfelde von 1812 bis 1816
König Friedrich August von Sachsen
Nach dem Tode der Prinzessin von Holstein-Beck
wurde Friedrichsfelde durch einen Bevollmächtigten
der Barjatinskijschen Familie verwaltet. In diese Ad-
ministrationszeit fällt der Aufenthalt beziehungsweise
die Staatsgefangenschaft des Königs von Sachsen an dieser Stelle.
Wir finden darüber folgendes:
Der König von Sachsen, nach der Einnahme Leipzigs
durch die Verbündeten, war deren Gefangener. Am
23. Oktober 1813 erfolgte seine Abreise nach Berlin;
am 26., morgens vier Uhr, traf er in der preußischen
Hauptstadt ein und wurde daselbst mit »vielen Eh-
ren« (so sagt das Tagebuch eines sächsischen Kava-
liers) empfangen. Von Leipzig aus hatten
100 Kosaken mit drei Offizieren den Wagen des Kö-
nigs umgeben. Außerdem begleiteten ihn Fürst Gali-
zin und Baron Anstetten.
Der König bezog Wohnung im Berliner Schloß und
verblieb daselbst bis zum Sommer 1814. Um diese
Zeit aber wurd ihm die preußische Hauptstadt unbe-
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quem, denn das »Berliner Volk« zeigte sich wenig
respektvoll; die Tage von Großbeeren und Dennewitz
stimmten es zum Groll und die altfränkische Art des
sächsischen Hofes zum Spott. Beidem wollte der Kö-
nig entgehn. Er suchte daher nach, das dem russi-
schen Fürsten Barjatinskij zugehörige Schloß Fried-
richsfelde, selbstverständlich gegen eine Miets- oder
Entschädigungssumme, beziehen zu dürfen.
Dies wurde gewährt.
Am 26. Juli 1814 erfolgte der Umzug, wobei ein Un-
teroffizier und zehn Mann preußischer Garde als Eh-
renwache dienten. Diese blieben in Friedrichsfelde
und wurden aus der sächsischen Hofküche beköstigt.
Bis zum 24. März 1814 hatten Berliner Bürgergardis-
ten die Wache beim Könige gehabt.
In den »Denkwürdigkeiten aus dem kriegerischen
und politischen Leben eines alten Offiziers« wird er-
zählt, der König Friedrich August habe von Fried-
richsfelde aus fliehen wollen, sei aber eingeholt und
zurückgebracht worden. Diese Mitteilung ist mindes-
tens unwahrscheinlich. An Ort und Stelle wird nichts
der Art berichtet.
Der König, während seines Friedrichsfelder Aufent-
haltes, empfing viel Besuch und Deputationen aus
seinem Lande, darunter den jungen Grafen Hohen-
thal, den Baron von Houwald (Vater des Dichters)
und eine Deputation des Freiberger Bergbaues.
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Unter den Personen von Rang, die ihn dauernd um-
gaben, haben wir in erster Reihe Generalmajor von
Watzdorf zu nennen; doch war dieser oft monatelang
auf Spezialmissionen, zum Beispiel in London, abwe-
send. Am 13. Oktober 1814 trat Generallieutenant
Sahrer von Sahr an Watzdorfs Stelle und blieb beim
Könige, bis dieser Friedrichsfelde verließ. Es war die
Sahrsche Division, die bei Großbeeren vorzugsweise tapfer gefochten hatte.
Der Aufwand, den der König in Friedrichsfelde mach-
te, wurde teils aus den Geldern seiner Schatulle, teils durch eine Anleihe bei dem Berliner Banquierhause
Benecke bestritten.
Am 9. Februar 1815 endlich war in Wien das Proto-
koll unterzeichnet worden, das über das Schicksal
Sachsens entschied; – am 22. Februar verließ der
sächsische Hof Friedrichsfelde und begab sich, auf
Einladung des Kaisers von Österreich: »doch in sei-
nen Landen Residenz nehmen zu wollen«, durch
Schlesien über Wien nach Preßburg, wo der König
den Palast des Primas bezog.
Soviel hab ich aus Aufzeichnungen, die damals ge-
macht wurden, zu entnehmen vermocht. In Fried-
richsfelde selbst wird noch folgendes erzählt:
Der König lebte ganz als König. Sehr viel Diener-
schaft, altfränkisch gekleidet, blau und gelb, war um
ihn her; die Kutscher immer in
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