Wanderungen durch die Mark Brandenburg
oder
Mittagszeit auf und ab zu schreiten. Aber ein solcher
Park ist nicht der , in den wir eben eingetreten sind.
2497
Nicht Kaskaden und Fontainen sind hier zu Haus,
kein Bach rieselt und plätschert über Steine hinweg,
als liefen spielende Kinder durch den Garten, ein
stiller und breiter Graben nur durchschneidet ihn und
dehnt sich aus, als wär es ein Teich. Die Buche hängt
ihr Gezweige tief in das Wasser nieder, und die Tan-
ne streut ihre Schuppenäpfel über die Kiesgänge hin.
Alles Bunte fehlt. Die Rüsternalleen, die sich wie Kir-
chenschiffe wölben, erscheinen nicht wie Weg und
Steg in die freie Natur hinaus, sondern wie Gitter
und Spaliere gegen dieselbe. Dieser Park hat zu lachen verlernt. Wenn das Sonnenlicht auf ihn fällt und
ihn erheitern will, ist es wie eine Witwe, die man mit
Bändern und Blumen schmückt.
Es war neun, als wir aus dem Park in das Wirtshaus
zurückkehrten und uns an den gedeckten Tisch setz-
ten, der unsrer schon wartete. Bald danach erschien
auch die Magd, um unser Nachtlager herzurichten.
Ein paar nach oben gekehrte Stühle gaben die
Schrägung, eine Schütte Stroh ward ausgebreitet,
und zwei große rote Deckbetten, deren jedes mich
an eine dicke, wulstige Päonie gemahnte, vollende-
ten den Hoch- und Tiefbau, darin wir eine halbe
Stunde später versanken.
Müdigkeit sorgte für Schlaf, und statt unsrer Träume
sei hier die Geschichte Buchs und seiner vier alten
Familien: der Röbel, Pöllnitz, Viereck und Voß, er-
zählt.
Zunächst ein Wort über die Röbels.
2498
Die Röbels
Die Röbels kamen etwa gleichzeitig mit den Aska-
niern in die Mark und gehörten einem Geschlecht an,
das sehr wahrscheinlich von der am Müritz-See gele-
genen Stadt Röbel (im Mecklenburgischen) seinen
Namen führte. Schon im Landbuche von 1375 ge-
nannt, waren sie später im Norden und Nordosten
von Berlin ansehnlich begütert und besaßen allda die
samt und sonders im jetzigen niederbarnimschen
Kreise gelegenen Ortschaften: Schönfließ und
Schöneiche, Birkholz und Blankenburg, Wartenberg,
Hohenschönhausen und Buch.
In teilweisem Besitze dieses letztren finden wir sie
schon vor Beginn der hohenzollerschen Zeit, aber
erst um 1541 kam das ganze Dorf Buch in ihre Hän-de.
Das war unter Hans von Röbel. Derselbe war kur-
brandenburgischer Rat und gehörte mit zu den eif-
rigsten Anhängern und Beförderern der Reformation.
Ebendesselben Geistes waren seine zwei Söhne Joa-
chim und Zacharias von Röbel, von denen der erste-
re, der mit einer Hedwig von Krummensee vermählte
Joachim, die freundschaftlichsten Beziehungen zu
Philipp Melanchthon unterhielt. Diese Beziehungen
waren der Art, daß der Reformator (und zwar allem
Anscheine nach wiederholentlich) auf Besuch nach
2499
Buch kam und zwei Kinder Joachims von R. über die
Taufe hielt. Er machte bei dieser Gelegenheit der
Kirche zu Buch ein aus den Werken Luthers beste-
hendes Geschenk, zehn Bände, in deren zehnten
Band er einen Paulinischen Spruch aus dem Brief an
die Kolosser: »Lasset das Wort Christi unter euch
reichlich wohnen in aller Weisheit, lehret und ver-
mahnet euch selbst mit Psalmen und Lobgesängen
und geistlichen lieblichen Liedern, und singet dem
Herrn in eurem Herzen«, eigenhändig eingetragen
hat. Darunter die Jahreszahl 1559. Dieses Geschenk
ist bis diesen Tag das Wertstück und die Zierde des
Bucher Kirchenarchivs.1)
Joachim von Röbel war aber auch ein Kriegsheld und
bracht es zu den höchsten militärischen Ehren in
brandenburgischen, sächsischen und zuletzt auch in
kaiserlichen Diensten. Er zeichnete sich namentlich
in der blutigen Schlacht bei Sievershausen aus, in
der Moritz von Sachsen fiel. Im Jahre 1572 besuchte
er, als kaiserlicher Feldmarschall, seinen Bruder Za-
charias von Röbel, der damals in der Festung Span-
dau kommandierte. Bei dieser Anwesenheit ver-
schied er im siebenundfünfzigsten Jahre seines Alters
und ward in der Spandauer Nikolaikirche beigesetzt.
Drei Jahre später, 1575, starb auch sein Bruder. Ein
beiden errichtetes Denkmal bewahrt ihre Namen in
obengenannter Kirche. Beide sind gleich gewaffnet,
in Plattenrüstung mit Schwert und Morgenstern. Da-
zu folgende, die Kriegstaten Joachims von Röbel ver-
herrlichenden Reime:
Der edel und viel kühne Held
2500
Joachim von Röbel, ich dir meld,
Von Jugend auf mit gutem Rat
Gar manche Schlacht besuchet hat.
In Holstein, Fünen, Kopenhagen,
In Ungarn,
Weitere Kostenlose Bücher