Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Frankreich tat er's wagen,
Der Graf von Oldenburg sein' Mut
Gespürt; der Sachs ihm auch war gut:
Zum Wacht- und Rittmeister ihn macht';
Feldmarschall ihn vor Magd'burg bracht.
Clauß2) er auch half nehmen ein,
In Ungarn Feldmarschall sollt sein.
Feldmarschall im Braunschweiger Land
War er, braucht' ritterlich sein' Hand;
Da Herzog Moritz fiel, der Held,
Feldmarschall er war kühn im Feld.
Feldmarschall er vor Gotha kam,
Kurfürst August ihn mit sich nahm.
Ein Sohn dieses Feldmarschalls Joachim von R. war
Ehrentreich von Röbel, der, neben Stipendien und
anderen zahlreichen Stiftungen, auch ein »Röbel-
sches Erbbegräbnis«, und zwar in der Marienkirche
zu Berlin, errichtete. Dasselbe zeigt die vor einem
Kruzifix knienden lebensgroßen Figuren Ehrentreichs
selbst und seiner Gemahlin Anna von Göllnitz, ge-
storben 1630. Jener – ein wohlbeleibter Herr mit stattlichem Bart – trägt die Ritterrüstung des siebzehnten Jahrhunderts, diese die kleidsam Frauentracht jener Zeit: ein langes Gewand mit weiten,
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faltigen Ärmeln und eine Flügelhaube.3) Soviel über
die Röbels. Von den andern drei Familien an andrer
Stelle.
Die Sonne weckt uns bei guter Zeit. Das rote Deck-
bett hat uns mit all seiner Schwere nicht sonderlich
gedrückt, und aufspringend eilen wir ans Fenster und
lassen den Sommermorgen ein. Auch das Frühstück
kommt, und die Lindenbäume draußen sorgen für
Duft und Klang. Ein Blick noch auf das Strohlager,
den Schauplatz unseres stillen Muts, und wir treten
in die Dorfgasse hinaus, um zunächst dem Schlosse
drüben unsern Frühbesuch zu machen.
Das Schloß zu Buch ist ein Flügelbau von jener einfachen Art, wie das vorige Jahrhundert ihrer so viele
auf unsern märkischen Rittergütern entstehen sah.
Sie haben einen gemeinsamen Familienzug, und
wenn sich das vor uns liegende Schloß von ähnlichen
Bauten unterscheidet, so ist es durch nichts als
durch eine noch größere Einfachheit. Aller Schmuck
scheint geflissentlich vermieden. Keine Säulen, kein
Fries, kein Fenstersims; nicht Turm, nicht Erker, ja
selbst die Rampe fehlt, die sonst wohl den Eindruck
der Stattlichkeit schafft oder steigert. Ein paar Ara-
besken schnörkeln sich um die Tür, und ein halbes
Dutzend Orangenbäume fassen den Kiesplatz ein.
Alles schlicht, und doch hat man das bestimmte Ge-
fühl, daß hier Reichtum und Vornehmheit ihre Stätte
haben. Das Haus gleicht einem einfachen Kleid, ein-
fach und altmodisch, aber der Park, der es einfaßt,
ist wie ein reicher Mantel, der die Frage nach dem
Schnitt des Kleides verstummen macht.
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Und dieser Eindruck wiederholt sich im Innern. Aller
bürgerliche Komfort fehlt, ebenso die kleinen Nied-
lichkeiten, in deren Hervorbringung die Neuzeit so
verschwenderisch gewesen; aber diese Nippes fehlen
nur, weil das Herz des Besitzers an andern Dingen
hing oder weil er in feinem Sinn empfand, daß das
Moderne zu dem historisch Überlieferten nicht pas-
sen würde.
Wir haben unsern Umgang vollendet und treten wie-
der in den Park hinaus. Einer der vielen Laubengänge
desselben führt uns bis an die nahe gelegene Kirche.
Diese Kirche zu Buch ist ein ziemlich auffälliges Bauwerk. In einer alten Beschreibung Berlins und seiner
Umgegend wird sie die »schöne Kirche« genannt, ein
Ausspruch, der wohl nur in Zeiten möglich war, in
denen man aufrichtig glaubte, durch Laternen- und
Butterglockentürme die gotischen Formen unsrer
alten Feldsteinkirchen ersetzen oder gar noch
verbessern zu können. Alles, was dieser Bucher Kir-
che zugestanden werden darf, ist Stattlichkeit und
ein gewisser malerischer Reiz. Ihre Grundform bildet
ein griechisches Kreuz, aus dessen Mitte sich eine
merkwürdige Mischung von gegliedertem Kuppel-
und Etagenturm erhebt. Versuch ich eine Beschrei-
bung. Jeder kennt jene Garten- und Speisepavillons,
die sich in den Parkanlagen des vorigen Jahrhunderts
so vielfach vorfinden und meist aus sechs oder acht
ein gewölbtes Dach tragenden korinthischen Säulen
bestehn. Denke man sich nun drei solcher Pavillons
in Verjüngung übereinandergestellt und den unters-
ten Pavillon kreuzartig erweitert, so hat man im we-
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sentlichen ein Bild der Bucher Kirche. Nur eines
kommt noch hinzu: rotgetünchte Wandflächen füllen
den Raum zwischen den weißen Säulen und Pfeilern
aus und stellen dadurch ein gestreiftes Ganze her,
das am ehesten vielleicht an die holländischen Bau-
ten aus dem Anfange
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