Wanderungen durch die Mark Brandenburg
das Denkmal angefertigt ward – etwa ein Jahrzehnt nach dem To-de von Vierecks –, als unerläßliches Requisit eines
preußischen Kultusministers angesehen wurde. Die
Büste des Ministers krönt das Ganze; darunter sein
und seiner beiden Frauen Wappen und unter diesen
wiederum eine lateinische Inschrift in Goldbuchsta-
ben, die, wie sich denken läßt, nur bei den Verdiens-
ten des illustren Mannes verweilt und keinen Nach-
klang enthält von jener Reprimande König Friedrich
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Wilhelms I., die da lautete: »Geheimer Rat von Vier-
eck soll sich meritieret machen, nicht zu viel
à L'hombre spielen, diligent und prompt in seiner
Arbeit sein, nicht so langsam und faul, wie er bisher gewesen .«
Der Unterschied zwischen preußischen Cabinet-
sordres und Grabschriften war immer groß.
Noch eine Stelle bleibt, an die wir heranzutreten ha-
ben. Unter der Kuppel, inmitten der Kirche, bemer-
ken wir eine Vertiefung, als seien hier die Ziegel,
womit der Fußboden gepflastert ist, zu einem be-
stimmten Zweck herausgenommen und später wie-
der eingemauert worden. Es wirkt als habe die Ab-
sicht bestanden, einen Grabstein in diese Vertiefung
einzulegen. Und in der Tat, wir stehen hier an einer
Gruft. An ebendieser Stelle wurde die schöne Julie
von Voß, bekannt unter dem Namen der Gräfin In-
genheim, beigesetzt.
Eine Darstellung ihres Lebens oder doch wenigstens
ihrer Beziehungen zu König Friedrich Wilhelm II. er-
möglicht sich seit 1876, seit welchem Jahre die Ta-
gebuchblätter vorliegen, die durch die Gräfin von
Voß, Oberhofmeisterin am preußischen Hof und Tan-
te Juliens, während eines Zeitraums von beinah sieb-
zig Jahren, von 1745 bis 1814, niedergeschrieben
wurden.
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1. Allerdings scheinen nicht alle Mitglieder der damaligen Röbelschen Familie von gleich ausgesprochener Kirchlichkeit gewesen zu sein.
Einige waren Lebemänner, insonderheit And-
reas von Röbel, ein am Hofe zu Cölln
a. d. Spree hochangesehener Gast. Und zwar
hochangesehen wegen seines adligen Ze-
chens.. Erst um 1577, als er zur Bekleidung
eines geistlichen Ehrenamtes an den Havel-
berger Dom berufen wurde, schien es nötig,
ihn einen Enthaltsamkeitsrevers unterzeich-
nen zu lassen. In diesem hieß es: »... Und so
will ich denn bei jeder Mahlzeit mit zwei ziem-
lichen Bechern Biers und Weins zufrieden
sein. Sollt ich das aber übertreten und einmal
trunken befunden werden, so will ich mich in
der Küche einstellen und mir vierzig Streiche
weniger eins (wie dem heiligen Apostel Paulus
geschehen ist) von denen, so Ihro Kurfürstli-
che Gnaden dazu verordnen werden, mit der
Rute geben lassen.
Andreas von Röbel.«
2. Die »Klaus« in Tirol, um deren Besitz sich auf
Kurfürst Moritz' Zuge nach Innsbruck ein hef-
tiger Kampf entspann.
3. Auch eines andern Röbel noch, der sich im
siebzehnten Jahrhundert auszeichnete, möcht
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ich hier flüchtig und in einer Anmerkung we-
nigstens erwähnen dürfen. Es war dies der
Oberst Dietrich von Röbel auf Hohenschön-
hausen, der, »durch den sächsischen Kurfürs-
ten Johann Georg III. mit Führung eines Re-
giments zu Fuß begnadigt, an der Spitze die-
ses Regiments mit vor Wien und Ofen war
und unterschiedenen Campagnen und Battal-
gen beiwohnte«. Des Krieges endlich müde,
zog er sich um 1690 oder doch nicht viel spä-
ter auf sein väterliches Gut (Hohenschönhau-
sen) zurück und begann daselbst die kleine
Steinkirche zu schmücken. Zu Helm und
Schild einer mutmaßlich längst zurückliegen-
den Epoche hing er die Fahnen und Feldzei-
chen seines sächsischen Regiments und be-
kleidete die Wandung der Empore mit den
Wappenschildern aller ihm durch Heirat ver-
wandt gewordenen Familien: der Sparrs und
Flanß', der Pfuels und Arnims und inson-
derheit der jetzt ausgestorbenen, aber im
siebzehnten Jahrhundert über den ganzen
Barnim hin reich begüterten Krummensees.
4. In einem andere märkischen Dorfe (Kampehl,
in der Grafschaft Ruppin) kam eine ähnliche
Geschichte vor. Übermütige Franzosen schaff-
ten die Mumie des Herrn von Kalbutz aus der
Gruft in die Kirche und begannen, in hölli-
scher Blasphemie, ihn als Gekreuzigten auf
den Altar zu stellen. Einem der Übeltäter in-
des mochte das Herz dabei schlagen. Als er
beschäftigt war, die linke Hand festzunageln,
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fiel der erhobene Mumienarm zurück und gab
dem unten stehenden Franzosen einen Ba-
ckenstreich. Dieser fiel leblos um;
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