Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Geist «. Solchem Repartie war er nicht gewachsen, und er gab
die Fortsetzung des Kampfes auf.
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Sein bester, weil treffendster Streich war vielleicht
der folgende. Wir hatten ein Kienraupenjahr, und die
Forstheiden der Mark befanden sich in einem aller-
traurigsten Zustande. Die Potsdamer Regierung sah
sich deshalb veranlaßt, eine Verfügung zu treffen, in
der sie mitteilte, wie den Raupen am besten beizu-
kommen und weiterer Schaden zu vermeiden sei.
Die Verfügung schmeckte freilich etwas nach »grü-
nem Tisch« und war unpraktisch. Geist antwortete
wenige Tage später: »Probatum est! Ich bin in den
Wald gegangen, habe den Kienraupen das Reskript
einer königlichen Regierung vorgelesen, und siehe
da, die Raupen haben sich sämtlich totgelacht .«
Solche Repliken gingen alsbald von Mund zu Mund
und machten ihn beim Landvolk, auch wohl bei man-
chem Gutsbesitzer beliebt, die, um solcher Abferti-
gungen und Verhöhnungen willen, gern vergaßen,
was sonst wohl gegen den »tollen Geist« zu sagen
war. Denn der Landmann unterhält eine natürliche
Feindschaft gegen den Städter, dessen überhebliches
Wesen ihn verdrießt und dessen Erlassen und Geset-
zen er mißtraut. »Der Städter weiß nichts vom
Land«, das ist ein Satz, der sich von Vater auf Sohn
vererbt.
Bis in sein hohes Mannesalter blieb Geist von Beeren
unverheiratet und führte ein wüstes, sittenloses Le-
ben. Er hielt einen völligen Harem um sich her. Von
seiner »Favoritin« hatte er einen Sohn, der des Va-
ters würdig war und zweimal das ganze Gehöft an-
zündete und in Asche legte. Geist von Beeren indes
nahm keinen Anstoß daran, vielleicht weil er sein
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Abbild darin sah, und ging damit um, diesen Sohn zu
adoptieren. Dazu gehörte jedoch die Einwilligung
seines (des alten Geist) einzigen Bruders, der als
General in preußischen Diensten stand und in Er-
scheinung und Sinnesart das volle Gegenteil unseres
Helden und Kobolds war. Er kommandierte die spä-
tern Brandenburger Kürassiere, die nach ihm damals
die »von-Beeren-Kürassiere« hießen. Der General
verweigerte die Zustimmung. Geist von Beeren sei-
nerseits war natürlich nicht der Mann, dergleichen
ruhig hinzunehmen, und beschloß, sich zu verheira-
ten, lediglich seinem Bruder zum Tort. Der Harem
wurde mit großen Kosten von ihm aufgelöst, und
gleich danach erfolgte seine Vermählung mit einem
Fräulein von Eysenhardt. Es währte jedoch nur kurze
Zeit. Er starb 1812 und hinterließ eine einzige Toch-
ter. Auch diese schied jung aus dem Leben. Das
plötzliche Erlöschen der Familie, wie aller Unsegen
überhaupt, der teils vor, teils nach dem Tode des
alten Geist die Zugehörigen des Hauses traf, wird mit
der Familiensage vom » Allerhühnchen « in Verbin-
dung gebracht. Es ist dies die folgende.
Vor mehreren hundert Jahren war eine Frau von
Beeren eines Kindleins glücklich genesen. In einem
großen Himmelbett, dessen Gardinen halb geöffnet
waren, lag die junge Frau, neben sich die Wiege mit
dem Kind, und verfolgte in träumerischem Spiel die
Schatten, die in dem spärlich erleuchteten Zimmer
an Wand und Decke auf und ab tanzten. Plötzlich
bemerkte sie, daß es unter dem Kachelofen, der auf
vier schweren Holzfüßen stand, hell wurde, und als
sie sich aufrichtete, sah sie deutlich, daß ein Teil der 2699
Diele wie eine kleine Kellertür aufgehoben war. Aus
der Öffnung stiegen alsbald allerhand zwergenhafte
Gestalten, von denen die vordersten kleine Lichtchen
trugen, während andere die Honneurs machten und
die nach ihnen Kommenden willkommen hießen. Alle
waren geputzt. Ehe sich die Wöchnerin von ihrem
Staunen erholen konnte, ordneten sich die Kleinen
zu einem Zuge und marschierten zu zwei und zwei
vor das Bett der jungen Frau. Die zwei vordersten
baten um die Erlaubnis, ein Familienfest feiern zu
dürfen, zu dem sie sich unter dem Ofen versammelt
hätten. Frau von Beeren war eine liebenswürdige
Natur, ihr guter Humor gewann die Oberhand, und
sie nickte bejahend mit dem Kopf. Alsbald kehrten
die Kleinen unter den Ofen zurück und begannen ihr
Fest. Aus der Kelleröffnung wurden Tischchen he-
raufgebracht, andere deckten weiße Tücher darüber,
Lichterchen wurden aufgestellt, und ehe viele Minu-
ten um waren, saßen die Kleinen an ihren Tischen
und ließen sich's schmecken. Frau von Beeren konn-
te die Züge der einzelnen nicht unterscheiden, aber
sie sah die lebhaften Bewegungen und
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