Wanderungen durch die Mark Brandenburg
kommt es denn auch, daß
Großbeeren – beispielsweise weit über das im übri-
gen sehr verwandte Dennewitz hinaus – ein Lieb-
lingstag in unserer berlinisch-brandenburgischen
Geschichte geblieben ist, fast so beliebt und gefeiert wie Fehrbellin.
Als ein gefälliges Spiel des Zufalls mag dabei noch
hervorgehoben werden, daß es, wie bei Fehrbellin,
so auch bei Großbeeren, ein Prinz von Hessen-
Homburg war, der durch einen im entscheidenden
Moment geschickt ausgeführten Angriff zum Siege
mitwirkte.
1. »Bernadotte«, so schreibt ein Offizier aus
dem Jahre 13, »entwarf beständig Pläne, die
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durch Kühnheit in Erstaunen setzten, und ge-
dachte beispielsweise Magdeburg und Stettin
mit Sturmleitern zu ersteigen, kam aber der
Entscheidungsmoment heran, so nahm er
rückwärts Stellungen. Er wurd in allem nur
durch eine Rücksicht bestimmt: sich und sei-
ne schwedische Hilfstruppe keiner Niederlage
auszusetzen.«
2. Bei diesem Kampfe ging die alte Kirche von
Großbeeren in Flammen auf und wurd erst in
den zwanziger Jahren durch eine neue, nach
einem Schinkelschen Plan erbaute, ersetzt. In
Nähe derselben erhebt sich auch das gußei-
serne Monument das zu direkter Erinnerung
an den 23. August 1813 errichtet wurde. Es
trägt die Inschrift: »Die gefallenen Helden
ehrt dankbar König und Vaterland.«
3. Über dies abendliche Kavalleriegefecht find
ich das Folgende: Der Marschall Oudinot, als
er mit dem 12. Corps von Trebbin her in Ah-
rensdorf eingetroffen war, schickte die leichte
Kavalleriedivision Fournier vor, um Reynier,
von dessen Rückzug er noch keine Kenntnis
hatte, zu soutenieren. Diese Division Fournier
stieß in der Dunkelheit auf das bei Neubeeren
stehende Leibhusarenregiment das sich nun-
mehr seinerseits ohne weiteres auf die Vorhut
obengenannter Division stürzte. Diese, völlig
überrascht und unkundig des Weges, wurde
von den Husaren, immer am Waldrande hin,
auf Großbeeren zu getrieben. Aber den Husa-
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ren folgte wieder das Gros der französischen
Kavalleriedivision, und so ging es in wilder
Jagd in den bunten Haufen der am Windmüh-
lenberge stehenden Bataillone hinein. An die-
ser Stelle schloß sich ein diesseitiges Ulanen-
regiment und den Ulanen wiederum eine Hu-
sarenabteilung an, die samt und sonders die
Hetze mitmachten, ohne zu wissen, wem es
galt und wohin es ging. Oberstlieutenant von
Zastrow und Major von Reckow wurden um-
geritten, und als letzterer am Boden lag,
schrie nachstürmende Landwehrkavallerie:
›Schlagt ihn tot.‹ Er war für einen Franzosen
gehalten worden, und nur die Dazwischen-
kunft des Majors Friccius entriß ihn der Ge-
fahr und rettete sein Leben.«
Geist von Beeren
Von allen Geistern, die verneinen,
Ist mir der Schalk am wenigsten verhaßt.
Der Großbeerener Kirche schräg gegenüber, an der
anderen Seite der Dorfgasse, werden wir, über eine
Feldsteinmauer hinweg, eines sauberen und gut er-
haltenen Wohnhauses sichtbar, in dem zur Zeit der
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Großbeerener Schlacht oder doch noch kurz vorher
der »Geist von Beeren« hauste. Das klingt gespens-
tisch und darf so klingen, wenn zwischen Gespenstern und Kobolden irgendwelche Verwandtschaft ist.
»Geist von Beeren« war ein Kobold, nebenher auch
Besitzer von Groß- und Kleinbeeren und der letzte
aus jenem alten Geschlecht der Beeren oder Berne,
das vier Jahrhunderte lang die genannten beiden
Güter innehatte.
Von diesem Hans Heinrich Arnold von Beeren will ich
erzählen.
Ums Jahr 1785 hatte er beim Könige die Erlaubnis
nachgesucht, seinem alten Namen »von Beeren« den
Namen »Geist« hinzufügen zu dürfen. Die Erlaubnis
war auch erteilt worden, und seitdem hieß er der
»Geist von Beeren« oder, kürzer, »der tolle Geist«.
Er war ein kleiner, schmächtiger, lebhafter Mann,
witzig, sarkastisch, hämisch. Zwietracht anstiften,
zanken, streiten und opponieren war seine Lust. Von
seinen unzähligen Schnurren, Injurien und Prozessen
lebt noch einzelnes in der Erinnerung des Volkes,
und ich erzähle, was ich davon erfahren konnte. Die
meisten dieser Geschichten setzen sich freilich bloß
aus Albernheit, Übermut und Chicane zusammen,
manches indes ist wirklich gut und treffend, und je-
denfalls entsprach all und jedes dem nicht sehr ver-
feinerten Bedürfnis seiner Zeit und seiner Umge-
bung.
Zwei Gruppen von Personen waren es besonders, mit
denen der streitlustige Geist eine unausgesetzte
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Fehde
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