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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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himmlischen
    Lichte leben zu sollen. Er forderte für den Maler und
    Bildhauer, wie für jeden andern Menschen, das tägliche Brot und bekannte sich sogar zu dem in der
    Kunst vielleicht anfechtbaren Satze, daß sich Art und Wert der Arbeit nach dem Lohn zu bestimmen habe.
    Sein gemünztes Wort in solchem Falle war: »Kup-
    pern bezahlt, kuppern gemalt.«

    1. In der Regel wurde dieser Dank brieflich ab-
    gestattet, und ein paar dieser Dankesbriefe
    liegen mir vor: »Berlin, 17. April 1843. Meine
    vortreffliche Frau Gevatterin. Ihr wahrschein-
    lich mit eigenen Händen gebackener Osterfla-
    den hat mich um so unerwarteter angenehm
    überrascht als ich annehmen konnte, daß Sie
    mich altes Exemplar vergessen hätten. Ich
    kann weite Wege nicht mehr mit Annehmlich-
    keit machen, und Besuche werden mir
    schwer, weil ich immer eine lästige Begleitung
    dabei nötig habe; sonst käm ich, Ihnen per-
    sönlich meinen Dank zu bringen. Von dem
    Kuchen habe ich nichts abgegeben und so-
    eben das letzte Stück zum zweiten Frühstück
    genossen. Grüßen Sie von mir alles um sich
    herum. Ihnen einen Rest vergnügter Feierta-
    ge wünschend, verbleibe Ihr alter getreuer

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    Gevatter J. G. Schadow, Direktor.« Und zwei
    Jahre später: »Berlin, 29. Mai 1845. Meine
    Frau Nachbarin, Gevatterin und Freundin hat
    meiner wieder gedacht und nach alter Sitte
    mir um diese Jahreszeit wieder einen Quark-
    fladen gebacken. War diesmal vorzüglich!
    Auch hab ich anderen wenig davon abgege-
    ben, gestern abend das letzte davon verzehrt
    und bin heute mit dem gebührenden Dankge-
    fühl erwacht. Hierbei ist mir wieder lebhaft in
    Erinnerung gekommen Ihre Mutter, die auch
    eine so angenehme Erscheinung war. Das
    häusliche Glück sei stets mit und bei Ihnen!
    Zu fernerem Wohlwollen empfiehlt sich Ihnen
    Ihr alter ergebner Freund J. G. Schadow, Di-
    rektor.«

    Er hatte, wie alle volkstümlichen Figuren unseres
    Landes, eine Vorliebe für den Dialekt 1), wiewohl er ihn ebensoleicht beiseite tun und namentlich in Aufsätzen und Abhandlungen – deren höchst vortreffli-
    che von ihm existieren – eine durchaus mustergülti-
    ge Sprache führen konnte. Lakonisch war er immer,
    wie fast alle Leute hervorragenden Könnens. Er trieb
    diese Kürze des Ausdrucks gelegentlich bis zur Un-
    verständlichkeit, und nur Eingeweihte konnten ihm in
    solchem Falle folgen. Ein Jugenderlebnis, von dem er
    gerne sprach und das ihm so recht deutlich gezeigt
    hatte, mit wie wenig Worten sich durchkommen las-
    se, schien eine Nachwirkung auf sein ganzes Leben
    ausgeübt zu haben. Als er 1791 über Schweden nach

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    Petersburg reiste, fand er an der russischen Grenz-
    station Kymen einen ehemaligen russischen Korporal
    als Posthalter vor. Schadow fror bitterlich und hatte
    Hunger und Durst. Er wußte kein Wort russisch, und
    um sich so gut wie möglich zu introduzieren, sagte
    er bloß: »Tottleben, Tschernyschew, Zarewna.« Der
    Korporal antwortete: »Belling, Zieten, Fridericus
    Rex.« So wurde mit Hülfe des Siebenjährigen Krieges
    Freundschaft geschlossen. Man fand sich und schüt-
    telte sich die Hände. Der Russe schaffte Speisen und
    Tee herbei und trat dann unserm Schadow sein Bett
    ab, das das einzige in der ganzen Gegend war. Er
    hatte hier praktisch erfahren, daß es nur darauf an-
    komme, das rechte Wort zu treffen! –
    Voller Selbstbewußtsein, war er doch frei von jeder
    kleinlichen Eitelkeit. Ja, er erwies sich nach dieser
    Seite hin als eine echte und große Künstlernatur. Die
    Autobiographie, die er hinterlassen hat, zeigt uns in
    erhebender Weise die Beispiele davon. Nirgends ein
    Verkleinern anderer, nirgends ein Vordrängen des
    eigenen Ich, nirgends ein Verkennen oder wohl gar
    ein Grollen über die Fortschritte, die Zeit und Kunst
    um ihn her gemacht hatten. Selten mag ein Künstler
    mit größerer Unbefangenheit über seine Werke zu
    Gericht gesessen haben. »Es kann dies Denkmal
    Tauentziens« – so schreibt er selbst – »nicht zu den
    Kunstwerken gezählt werden, die als Vorbilder die-
    nen dürfen«, und über die Statue Friedrichs II. in
    Stettin, die von vielen Seiten seinen besten Arbeiten
    zugezählt und über das Rauchsche Kolossalwerk gestellt worden ist, läßt er sich selber in abwehrender
    Weise vernehmen: »Ich zähl auch diese Arbeit nicht

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    zu den gelungenen; die Drapierung des Mantels war
    ein mühseliges Unternehmen.« Von den Reliefs am
    Berliner Münzgebäude sagt er in heiterer Anspruchs-
    losigkeit:

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