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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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»Wer diese Arbeiten als meine besten gepriesen hat, mag es vor sich und vor der Welt ver-
    antworten.«
    Solcher Aussprüche finden sich viele. Eine ungeheure
    Produktionskraft und eine bis ins späte Alter hinein
    dem entsprechende Leichtigkeit des Schaffens mach-
    ten ihn gleichgültig dagegen, ob das ein' oder andre
    seiner Werke verlorenging oder nicht. Immer das
    Ganze vor Augen, war er nicht ängstlich bei jedem einzelnen auf Ruhm und Unsterblichkeit bedacht,
    auch wenn das einzelne wirklichen Wert besaß. Eine
    kleine Anekdote mag das zeigen. Unter den vielen
    Statuetten, die in seinem Zimmer auf Konsolen und
    Simsen umherstanden, befanden sich auch die Mo-
    dellfiguren zweier Grazien, die er in grüner Wachs-
    masse ausgeführt hatte. Es waren Arbeiten aus sei-
    ner besten Zeit, kleine Meisterwerke, die mehr als
    einmal die Bewunderung eintretender Künstler und
    Kenner erregt hatten. Durch eine Unvorsichtigkeit
    indes waren während des Winters 1840 beide Figu-
    ren in die Nähe des Ofens gestellt worden und hat-
    ten, weil das Wachs an der Oberfläche schmolz, eine
    wie mit Pickeln übersäte Haut bekommen. Ein Tau-
    sendkünstler aus der Schadowschen Bekanntschaft
    erbot sich, mit Hülfe von Naphtha oder Äther die alte
    normale Schönheit wiederherzustellen. »Na, na«,
    hatte der Alte kopfschüttelnd abgewehrt, sich aber
    schließlich doch bestimmen lassen. Leider sehr zur
    Unzeit, und in einem Zustande merkwürdiger

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    Schlankheit kehrten nach kaum acht Tagen die Ä-
    thergebadeten in das Schadowsche Haus zurück. Der
    Alte ging einen Augenblick musternd und schmun-
    zelnd um seine Lieblingsgestalten herum und sagte
    dann ruhig zu dem erwartungsvoll Dastehenden:
    »Ja, de Pickeln sind weg, aber de Pelle ooch.« Weni-
    ge hätten gleich ihm die Beherrschung gehabt, mit
    einer humoristischen Bemerkung von einer so wert-
    vollen und allgemein als mustergiltig angesehenen
    Arbeit Abschied zu nehmen.
    Ein solches, von einem leichten Humor getragenes
    Abschiednehmen war nun freilich nicht immer seine Sache. Mußt es sein, wie in dem vorerzählten Falle, so fand er sich darin; aber freiwillig – nein. Auch
    hierfür ein Beispiel.
    Einer seiner Schüler, der spätere Professor F., hatte
    sich durch Ausführung einer ihm im Interesse Scha-
    dows übertragenen Arbeit die ganz besondere Zu-
    friedenheit des Alten erworben, so daß dieser in gu-
    ter Laune sagte: »Nu höre, F., nu könntest du dir
    woll eigentlich sozusagen ne Gnade bei mir ausbit-
    ten. Na, sage mal, was möchtst du denn woll.«
    »Ja, Herr Direktor...«
    »Na, geniere dir nich. Sage man janz dreiste...«
    »Ja, Herr Direktor, wenn Sie denn wirklich so viel
    Güte für mich haben wollen, dann möcht ich Sie wohl
    um die beiden kleinen Modellfiguren bitten, die da
    oben stehen.«

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    »Um welche denn?«
    »Um den alten Dessauer und den alten Zieten.«
    »I süh!... Höre, F., du bist nich dumm. Aber ich wer-
    de dir doch lieber fünfundzwanzig Daler geben.«
    Und so geschah es.
    Er war auch ein Repräsentant der Berliner Ironie, der
    trostlosesten aller Blüten, die der Geist dieser Lan-
    desteile je getrieben hat. Aber er war ein Repräsen-
    tant derselben auf seine Weise. Man hat, wenn solche Abschweifung an dieser Stelle gestattet ist, dies
    ironische Wesen auf den märkischen Sand, auf die
    Dürre des Bodens, auf den Voltairianismus König
    Friedrichs II. oder auch auf die eigentümliche Mi-
    schung der ursprünglichen Berliner Bevölkerung mit
    französischen und jüdischen Elementen zurückführen
    wollen – aber, wie ich glaube, mit Unrecht. Alles das
    mag eine bestimmte Form geschaffen haben, nicht
    die Sache selbst . Die Sache selbst war Notwehr, eine natürliche Folge davon, daß einer Ansammlung bedeutender geistiger Kräfte die großen Schauplätze
    des öffentlichen Lebens über Gebühr verschlossen
    blieben. Das freie Wort ist endlich der Tod der Ironie
    geworden und wird es täglich mehr. Zu Schadows
    Zeiten aber blühte sie noch, und da es für den ein-
    zelnen immer mehr oder weniger unmöglich sein
    wird, sich gegen einen die Gesellschaft beherrschen-
    den Ton abzuschließen, so adoptierte denn auch
    Schadow diese Sprechweise, freilich erst, nachdem
    er sich dieselbe nach seinen eigenen Bedürfnissen

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    zurechtgemacht hatte. Er versetzte sie nämlich mit
    einem Element, von dem sie in der Regel wenig zu
    haben pflegt: mit humoristischer Derbheit, und er-
    zielte dadurch ein ganz eigenartiges Endresultat.
    Ein

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