Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Guichard, genannt Quintus Icili-
us, Seiner Königlichen Majestät wohlbestallter Obers-
ter von der Infanterie und Adjutant bei dero Suite,
nach einem zweitägigen Krankenlager an einer Kolik
und Inflammation, nachdem er mit seiner Gemahlin,
der hochwohlgeborenen Frau Henriette Helene Alber-
tine, gebornen von Schlabrendorf, aus dem Hause
Gröben, beinah viereinhalb Jahr in der Ehe gelebt
und mit derselben eine Tochter und einen Sohn, mit
Namen Friedrich Quintus Icilius, gezeuget.
Er war ein Herr, der in diesem Jahrhundert seines-
gleichen nicht gehabt noch haben wird, und ein je-
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der, der seine Geburt, Wissenschaften und Ehren
bedenket, muß sagen: Er hat große Dinge an ihm
getan, der da mächtig ist und des Name heilig ist.
Seine Eltern waren bürgerlichen Standes zu Magde-
burg, woselbst sein Vater das Amt eines Syndikus
bei der französischen Kolonie bekleidete. In seiner
Jugend widmete er sich der Gelehrsamkeit und stu-
dierte zu Halle Theologie, danach auch auf einigen
holländischen Universitäten und predigte mehrere-
mal zu Marburg und Heilbronn. Zu gleicher Zeit er-
warb er sich Kenntnis in den Antiquitäten und nützte
diese zur Explication des Kriegswesens der Alten,
sonderlich der Griechen und Römer. Wieviel er darin
vermocht, bezeugen unter anderm seine Schriften
über die Taktik der Alten und sein Kommentar über
den Julius Caesar. Eine natürliche Folge seines Ge-
schmacks am Militär und seiner Kenntnis desselben
war es, daß er sich diesem Stande widmete. Zuerst
trat er in holländische Dienste. Bei Beginn des letz-
ten Krieges aber ward er von Seiner Majestät in
Preußen, so seine Bücher über Taktik gelesen, ins
Lager und zur Armee berufen. Hier war er, soweit es
der Krieg gestattete, beständig um und an der Seite
des Königs, der an ihm einen Mann zu seinem Um-
gang und Vergnügen fand, einen Mann, den er als
Soldaten und Philosophen und zugleich auch in politi-
cis jederzeit gebrauchen konnte. Kurz, er war der
Favorit unseres großen Monarchen, und kein Tag
verging, an dem er nicht um ihn gewesen wäre. So
weit man Friedrichs Namen kannte, so weit kannte
man auch den des Quintus Icilius, mit welchem Na-
men ihn der König selbst beehret hatte.1)
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Wer Alexander ehrte, der sah auch freundlich auf
Hephästion, und als Quintus Icilius seinen Kommen-
tar zum Julius Caesar an Kaiser Joseph überreicht
hatte, ward ihm ein Gegengeschenk: ein rotes Etui
mit zweiundzwanzig goldnen Medaillen, auf deren
jeder das Bildnis eines Mitgliedes der kaiserlichen
Familie befindlich war. Alles in einem Gesamtwert
von mehr als 1000 Taler.
Sein Körper ward auf Befehl des Königs, der den Sitz
der Krankheit und die Todesursach erfahren wollte,
geöffnet und danach erst hierher nach Gröben ge-
bracht, allwo der Sarg unter dem Kirchenstuhle, dar-
in die Predigersfrau ihren Sitz hat, beigesetzt wurde.
Charles Guichard war am 27. September 1724 gebo-
ren und achtzehn Jahre lang in Königs Diensten ge-
wesen. Sein Alter hat er folglich gebracht auf fünfzig
und ein halbes Jahr. Sein moralischer Charakter war
guttätig und freundlich gegen seine Nächsten, ohne
Hochmut und Geiz, übrigens aber von deistischem
Glauben.
1778 am 14. April starb zu Berlin Joachim Ernst von
Schlabrendorf, auf Siethen Lehns- und Gerichtsherr.
Nachdem derselbe sein Gut über den doppelten Wert
hinaus verschuldet und selbiges endlich seinen Cre-
ditoribus zur Administration und Sequestration über-
lassen, auch seine Mobilien an die Meistbietenden
öffentlich verkauft hatte, hatte sich derselbe vor et-
wa anderthalb Jahren mit Frau und Tochter nach
Berlin begeben. Und ebendaselbst ist er denn auch,
der sich von jeher bis an sein Ende mit nichts als
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Intriguen und Listen zu seinem großen Schaden be-
schäftigt hatte, dreiundsechzig Jahre alt, an der Lun-
genentzündung gestorben. Er war auf dem ehemalig
Schlabrendorfschen Gute Blankensee geboren, klein
von Statur und hageren Leibes und hat in seiner Ju-
gend einige Zeit auf Schulen und Universitäten zuge-
bracht. Alles, was er von daher profitieret, wandte er
an, um anderen Übles zu tun, aber freilich immer zu
seinem eigenen Verderben. Vor den Augen und in-
sonderheit vor Leuten, die seine Schliche noch nicht
kannten, erschien er als ein Biedermann in Worten
und Mienen, und war kein christlicherer und ehrliche-
rer und treuherzigerer Mann als er in der ganzen
Welt zu finden. Er zeigte
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