Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Grabschrift lautet: »Wilhelm Hensel, Profes-
sor und Hofmaler; geboren zu Linum den
6. Juli 1794, gestorben zu Berlin den
26. November 1861.«
Geboren zu Linum . Also doch! Und so bat ich denn meinem Trebbiner Schützenmajor ab, über den gro-
ßen Sohn seiner Stadt, der sich nun schließlich als
ein Linumer Kind herausstellte, so schlecht unterrichtet gewesen zu sein.
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Aber auch diese reumütige Stimmung hatte keine
Dauer und konnte sie nicht haben. Er war eben doch ein Trebbiner. Eine sich entspannende Zeitungs-controverse ließ mir, nach Austausch einiger Pros
und Contras, endlich keine Zweifel darüber, daß sich
auch dieser Grabstein, in Geltendmachung traditioneller Vorrechte, geirrt habe.
Noch einmal also: W. Hensel, geboren zu Trebbin !
1. Künstler, Schauspieler und Sänger finden sich
folgende: Bendemann, de Bièfve, Cornelius,
David d'Angers, Genelli, Ingres, Kaulbach, de
Keyser, Kiss, Kopisch, F. Mendelssohn Bar-
tholdy, Fr. Tieck, Horace Vernet, Beethoven,
Professor Wach, Carl Maria von Weber, Zelter,
Franz Liszt, Loewe, Magnus, Moscheles, Pa-
ganini, Chr. Rauch, der alte Schadow, Wil-
helm Schadow, Schinkel (dreimal), Schnorr,
Jul. Schrader, Schwind, Thorwaldsen, Eduard
Devrient, Viardot-Garcia, Grisi, Lablache,
Lind-Goldschmidt, Milder, Clara Novello, Pas-
ta, Rachel, Rebenstein, Pius Alex. Wolff,
Schröder-Devrient, Seydelmann, Wilh. und
Aug. Stich (Crelinger).
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Schlußwort
Mit diesem IV. Bande nehm ich – wenigstens in mei-
ner Wanderereigenschaft – Abschied vom Leser,
nicht weil der Stoff erschöpft wäre, wohl aber viel-
leicht die Geduld. Und ein Band zuviel ist wie ein Tag
zuviel, der den guten Besuchseindruck wieder in Fra-
ge stellt.
Über zwanzig Jahre sind vergangen, seit ich im
Sommer 59 mit diesen Wanderungen begann. Was
den Anstoß dazu gab, darüber hab ich mich in dem
Vorworte zu Band I ausführlicher ausgesprochen und
wiederhole hier nur in aller Kürze, daß es auf einer
Tour in Schottland, angesichts eines im Leven-See
sich erhebenden alten Douglas-Schlosses, war, wo
mir zuerst der Gedanke kam: »Je nun, so viel hat
Mark Brandenburg auch. Geh hin und zeig es.«
Auf einer »Tour«, sagt ich, war mir dieser erste Ge-
danke zu den Wanderungen gekommen, und aus-
schließlich als »Tourist« gedacht ich daheim ihn aus-
zuführen. Jede wissenschaftliche Prätension lag mir
fern. Es drängte mich nur, das eingewurzelte Vorur-
teil von einer hierlandes auf alle Dinge sich erstre-
ckenden Armut und Elendigkeit zu bekämpfen und
durch Hinweis auf diesen oder jenen Schönheits-
beziehungsweise Berühmtheitspunkt unsrem so gern
in die Ferne schweifenden Märker zu Gemüt zu fuh-
ren: »Sieh, das Gute liegt so nah.«
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Und so fuhr ich denn in meine spezielle Heimat, ins
Ruppinsche , hinein und begann in seinen Luch- und Bruchdörfern umherzuwandern, den Rhin und die
Dosse hinauf und hinunter, und gleich das erste Ka-
pitel, das ich schrieb, ergibt denn auch bis diese
Stunde, wie lediglich touristenhaft ich meine Sache
damals auffaßte.
Dies erste Kapitel behandelte »Wustrau«, das am
Ruppiner See gelegene Herrenhaus des alten Zieten.
Es fiel mir nicht ein, unter dieser Überschrift irgend
etwas auf historischem Gebiete Neues über den be-
rühmten alten Husarenvater erzählen zu wollen,
vielmehr lief in meinem Vorhaben alles auf etwa fol-
gende Betrachtung und Ansprache hinaus:
»Ihr kennt alle den alten Zieten, den Zieten aus dem
Busch, der auf dem Wilhelmsplatze steht und zu dem
der Alte Fritze sagte: ›Zieten, setz Er sich.‹ Und ist
auch derselbe, der den Zieten-Ritt ausführte, den
unser Scherenberg in wahren Steeplechase-Versen
besungen hat, und ist endlich auch der, der bei Tor-
gau nicht lockerließ und die Schlacht gewann, die der
König schon verloren glaubte... Nun seht, dieser alte
Zieten ist nicht so bloß spurlos aus dieser Zeitlichkeit geschwunden und sitzt auch nicht so bloß, wie's uns
unser Chodowiecki, glaub ich, gezeichnet hat, oben
im Himmel und regiert da mit Gott und dem Alten
Fritzen um die Wette, nein, nein, er ist auch noch
diesseits zu finden, und wenn ihr nur an den rechten Fleck Erde kommt, so wird sich euch noch allerhand
auftun, Kleines und Großes, das an ihn erinnert. Und
dieser Fleck Erde liegt am Ruppiner See. Da geht nur
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hin, und wenn ihr erst da seid, so werdet ihr daselbst
nicht bloß das Herrenhaus sehen, das er gebaut, und
den Park, den er
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