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Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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kleinen, magern Gäulen vor ihm im Sattel saßen, konnten reiten, freilich schlecht genug; aber gut oder schlecht, er hielt es für das beste, sie bei ihrer Reitart zu belassen. Er sagte sich sehr richtig, daß, wenn ein Naturalist zur Reitkunst dressiert werden soll, er anfangs notwendig schlechter und ungeschickter reitet als vorher, weil er seine alten Gewohnheiten aufgeben soll und sich die neuen nicht schnell genug zu eigen machen kann. So ließ er es denn beim alten, befahl, die Pferde mit bloßer Trense zu zäumen, gab jedem Reiter einen Kantschu statt der Sporen und beschränkte seine ganze Forderung darauf, daß jeder imstande sei, dahin zu reiten, wohin er wolle. »Gewalt über das Pferd« war die einzige Forderung. Wie und durch welche Mittel war gleichgültig.
    Mit dieser Reiterei, die, abgesehen von der Lanze und einem ärmlichen Uniformstück, nicht viel anders aussehen mochte als Bauerjungen und Pferdeknechte, die abends zur Tränke reiten, war Marwitz, weil er den Geist zu wecken gewußt hatte, nichtsdestoweniger imstande, am 7. Juni ein siegreiches Gefecht vor den Toren Wittenbergs zu bestehen und eine Abteilung polnischer Ulanen zu werfen und Gefangene zu machen. Eine Paradetruppe waren seine Landwehrreiter freilich nicht, und als während des Waffenstillstandes auf dem Tempelhofer Berge eine große Musterung vor dem Könige stattfand, ging das ganze Regiment, dessen kleine Klepper angesichts der Zuschauermenge scheu wurden, bis auf den letzten Mann durch. Was der Anblick des Feindes nicht vermocht hatte, vermochte der Anblick der Berliner Beaumonde. Der König ritt an Marwitz heran und sagte lächelnd: »Ein Glück, daß die Mauer so fest stand.« Der Spott war empfindlich. Marwitz aber blieb unerschütterlich bei seinem System.
    Und mit Recht. Wie seine Leute sich bei Wittenberg bereits bewährt hatten, so vor allem auch am 27. August in dem berühmt gewordenen Gefecht bei Hagelberg (bei Belzig). Den Ausschlag an diesem Tage gab freilich das Fußvolk. Es traf sich glücklich für unsern Marwitz, der an diesem Tage die Reserve kommandierte, daß er mit seinen drei Bataillonen die schon verlorene Schlacht zum Stehen bringen und endlich siegreich hinausführen konnte. Den entscheidenden Stoß tat sein Lebuser Bataillon, was zu dem Stolz, den er an diesem Tage über die tapfere Haltung seiner ganzen Brigade empfand, auch noch eine gewisse lokalpatriotische Befriedigung fügte. Die Verluste seines Truppenteils waren nicht unbedeutend gewesen, er selbst kam gesund heraus und erhielt nur – ähnlich wie bei Jena, wo sein Hut mehrfach durchlöchert worden war – eine Kugel durch den Mantel.
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    Noch auf dem Stettinschen Landtage im Jahr 1602 hatte die Ritterschaft feierlich geschworen, denjenigen, der sich künftig weigern werde, richtige Schulden prompt zu bezahlen, für einen Unmann, Schelm und Bösewicht zu halten und mit ihm weder essen noch trinken zu wollen. Versündigung am Vaterland, Höhnung des Gottesdienstes, grobe Insolenz, mutwilliger Bankerott sollte der ritterschaftlichen Vorrechte verlustig machen und den Gutsbesitz auf den würdigeren Agnaten bringen. In solchem wahrhaft ritterlichen Sinne hatten der pommersche und brandenburgische Adel ihre Kinder meist in spartanischer Genügsamkeit für den Dienst des Königs erzogen, und die Schlachtfelder, auf denen Preußen seine Ebenbürtigkeit mit den großen Mächten errungen, hatten dem Stande den ersten Rang nach dem regierenden Hause gegeben. (Pertz, »Leben Steins«.) Und Marwitz selbst schreibt über denselben Gegenstand: »In der Tat hat es niemals eine Institution gegeben, in welcher das Rittertum ähnlicher wieder aufgelebt wär als in dem Offizierstande Friedrichs des Zweiten. Dieselbe Entsagung jedes persönlichen Vorteils, jedes Gewinstes, jeder Bequemlichkeit – ja, jeder Begehrlichkeit, wenn ihm nur die Ehre blieb; dagegen jede Aufopferung für diese, für seinen König, für sein Vaterland, für seine Kameraden, für die Ehre der preußischen Waffen. Im Herzen Pflichtgefühl und Treue, für den eigenen Leib keine Sorge.« [Image: Zurück]
 
Marwitz, in seiner Bitterkeit, erklärte dies daraus, daß der Justizminister Kircheisen eine »Kreatur Hardenbergs« gewesen sei. Die eigentliche Erklärung – wie überhaupt die Erklärung alles dessen, was an Rechtsverunglimpfungen vorausgegangen war – liegt wohl darin, daß in der allgemeinen Anschauung des Volks, an der eben jeder mehr oder weniger teilnahm, ein ständischer

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