Wanderungen II. Das Oderland.
woll er das letztere wählen, denn es möchte ihm nicht immer die Zeit werden, sich so gut vorzubereiten wie jetzt.« Unter solchen Gesprächen verging der Abend. Gegen zehn Uhr bat ihn von Schack, sich niederzulegen, was er anfänglich nicht mochte. Zuletzt aber tat er es und genoß eines festen Schlafes.
Am anderen Morgen ging es weiter. Er war mitteilsam wie den Tag zuvor und sprach viel darüber, daß man ihn für einen Atheisten gehalten. Das sei er nie gewesen, ja er dürfe vielmehr versichern, daß er vor atheistischen Büchern allezeit einen wahren Abscheu gehabt habe. Andererseits könne er nicht leugnen, daß er öfters »eine Thesin maintenieret«, aber bloß, um seinen Verstand sehen zu lassen. Denn er habe gefunden, daß solches in belebten Gesellschaften »vor sehr artig passieret wäre«. Und so hätte er es mitgemacht.
Auch an diesem Tage – die jedesmalige Tagesfahrt war nur vier Meilen – kamen sie früh ins Quartier, und er erquickte sich an Kaffee, »der überhaupt sein bestes Labsal war«. Sowohl abends wie morgens.
Der dritte Tag war ein Regentag. Als er gegen Mittag Küstrin erkannte, das er immer nur bei Gelegenheit des in Sonnenburg (eine Meile östlich von Küstrin) stattfindenden Johanniter-Ritterschlages gesehen haben mochte, erinnerte er sich des Markgrafen Albrecht, damaligen Herrenmeisters, und hat von Schack, dem Markgrafen seinen untertänigsten Respekt vermelden, demselben auch danken zu wollen, daß er ihn in den Johanniterorden aufgenommen habe. Dieses sei die höchste Ehre gewesen, die ihm diese Welt erwiesen, und er wolle in schuldiger Dankbarkeit dafür bei Gott bitten, den hohen Herrn in seinen himmlischen Orden aufzunehmen.
Während dieses Gespräches waren sie bis an die große Oderbrücke gekommen; der Regen ließ nach, und die Sonne trat hervor. »Das ist mir ein gutes Zeichen«, sagte er, »hier wird meine Gnadensonne anfangen zu scheinen.«
Gleich danach hielten sie vor dem Tor und wurden von dem Platzkommandanten von Reichmann empfangen, der den Delinquenten in eine dicht über dem Tor gelegene Stube führte.
Von hier aus trat er den anderen Morgen seinen letzten Gang an.
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Der 6. November 1730
Der nächste Morgen war für die Hinrichtung bestimmt. Eine Relation des Majors von Schack, die derselbe dienstlich an den Feldmarschall von Natzmer richtete, enthält eine genaue Schilderung aller Vorgänge von dem Augenblick an, wo Katte am 5. nachmittags am Küstriner Tore eintraf. Es ist aus dieser Relation, daß ich nachstehendes entnehme.
»... Als wir um zwei Uhr«, so schreibt von Schack, »an das Tor kamen, fanden wir daselbst den Kommandanten. Er hielt uns an und ließ uns aussteigen. Danach nahm er den seligen Herrn von Katt bei der Hand und führte ihn die Treppe zum Wall hinauf, allwo über dem Tor« (es ist das Tor zwischen Bastion König und Bastion Königin; vergleiche die Festungsskizze) »eine Stube mit zwei Betten, eines für Katt und das andere für den Feldprediger, präparieret war. Der Kommandant sagte mir danach, daß wir den Herrn von Katt auch an dieser Stelle noch in Verwahrung zu halten hätten, und zeigte mir die Punkte, wo unsre Posten am besten auszusetzen wären. Gleicherzeit wies er mir die königliche Ordre, aus der ich ersah, daß die Hinrichtung am andern Morgen um sieben Uhr stattfinden und mein ganzes Kommando (aber zu Fuß) den Herrn von Katt in einen durch 150 Mann von der Küstriner Garnison zu bildenden Kreis hineinführen solle.
Als ich alles dieses erfahren, ging ich zu dem seligen Herrn von Katt, nicht ohne Wehmut und Betrübnis des Herzens, und sagte ihm, ›daß sein Ende näher sei, als er vielleicht vermute‹. Er fragte auch unerschrocken, ›wann und um welche Zeit?‹ Da ich ihm solches hinterbracht, antwortete er mir: ›Es ist mir lieb; je eher, je lieber.‹
Darauf hat ihm der Gouverneur von Lepel Essen, Wein und Bier geschickt, wovon er auch gegessen und getrunken.
Etwas später schickte der Herr Präsident von Münchow auch Essen und ungarischen Wein, wovon er auch genossen. Dann aber nahm unser Feldprediger Müller den dasigen Garnisonprediger Besser mit zur Hülfe und blieb in beständiger Arbeit mit ihm. Von acht bis neun Uhr war ich mit den anderen Offiziers bei ihm, und wir sangen und beteten mit. Weil aber die Prediger gern mit ihm allein sein wollten, gingen wir weg. Um zehn Uhr ließ man ihm Kaffee machen, davon er nachgehende drei Tassen getrunken; meinen Kerl (Burschen) ließ ich die
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