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Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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avec une estime parfaite, mon cher Voltaire etc.
      Mais vous le possédez, Voltaire,
Et cest vouloir vous ennuyer
Que d'aller longtemps calculer
L'heritage de votre père.
     
    Was ich vom »Mahomet« erhalten habe, erscheint mir vorzüglich. Sie, mein teurer Voltaire, bedürfen nicht der Beredsamkeit des Herrn von Valori; Sie sind in der glücklichen Lage, daß Ihren Ruf niemand weder zu zerstören noch zu steigern vermag.
      Un poeme immortel des Muses approuvé
La Satire, aux abois, de depit consumée,
Craind d'emousir ses dents sur votre renommée;
Et Rival de Virgille, élève de Newton,
Cet esprit, ces talents, ces qualités du cœeur
Peuvent plus sur mes sens que tout ambassadeur.
     
    Ich bin, mein teurer Voltaire, mit vorzüglicher Hochachtung etc.
     
    Was uns an diesem beschriebenen Quartblatt am meisten interessiert, ist wohl der Umstand, daß uns dasselbe (eben weil Brouillon) in die Entstehungsgeschichte dieser und ähnlicher Versbriefe des Kronprinzen einführt und uns genau zeigt, wie er arbeitete . Es überrascht dabei einmal eine gewisse Strenge gegen sich selbst, die sich in den doppelten und dreifachen Varianten ausspricht, andererseits aber ein gewisses prosaisches »Sich's-bequem-Machen«, das die Reimworte nicht mit ahnungsvoller Sicherheit im Momente heraufbeschwört, sondern sie aufschreibt , um nun völlig nüchtern und nach Bedürfnis die Auswahl treffen zu können. So finden wir in kurzen und langen Kolumnen untereinander geordnet erst: hyperbole, parole, dann pretendu, venu, parvenu, dann magnifique, rustique, implique, philosophique, intrique, musique, inique, poetique; endlich aprouvé, depravé, annoncé, consumé, alarmé etc., Aufzählungen, aus denen ersichtlich wird, daß der Kronprinz in vielen Fällen nicht eine Hülle für den Gedanken, sondern einen Gedanken für die Hülle suchte. Übrigens arbeiten bekanntlich viele Poeten auf ähnliche Weise, und so unpoetisch, auf den ersten Blick, dieser Weg erscheinen mag, so ist doch schließlich nicht erwiesen, daß derselbe wesentlich schlechter sei als ein andrer. Er erinnert an das Verfahren einzelner Maler, besonders guter Koloristen, die, zunächst eine bloß harmonische Wirkung auf die Sinne bezweckend, nicht klare Gestalten, sondern Farben nebeneinanderstellen. Farben, die dem Reim entsprechen. Form und Gedanke finden sich nachher. Wie sie sich finden, scheinbar zwanglos oder aber sichtlich erzwungen – davon hängt dann freilich das Gelingen oder Scheitern ab.
    Wir haben diesem umrahmten Quartblatt Papier wieder seinen Ehrenplatz an der Längswand des Bibliothekszimmers gegeben und treten nun aus dem kühlen schattigen Raum in den sonnbeschienenen Park hinaus. Es ist jener Mittagszauber, von dem es im Liede heißt:
    Vor Wonne zitternd hat die Mittagsschwüle
Auf Tal und Höh in Stille sich gebreitet,
Man hört nur, wie der Specht im Tannicht schreitet
Und wie durchs Tobel rauscht die Sägemühle.
    Hier ist es nicht die Sägemühle, die rauscht, aber ein Bach, der, aus dem Felde kommend, über ein natürliches Wehr von Feldsteinblöcken niedersprudelt und schillernd in Regenbogenfarben in den hellbeleuchteten Park tritt. Weiterhin wird er ein Teich, und die umstellenden Bäume werfen ihr Bild in die dunkelklare Tiefe. Durch den Park hin, südenwärts, ist eine Lichtung geschlagen, und vor die lichte Öffnung schiebt sich in Dämmerferne der Hügelzug der »Rauenschen Berge«. Der scharf gezogene Kontur ihres Profils mahnt an südlich Land und blauen Himmel. Über den Teich hin fliegen Libellen, das einzig Lebende, das um diese Zeit noch flügg und munter ist. Denn ihre Flügel sind groß, und ihre Leiber sind leicht.
    Ein seltsam Klingen und Tönen zieht durch die Luft,
    Jetzt ist die Zeit, wo tief im Schilf ein Wimmern
Den Fischer weckt...,
    aber eh noch das Klingen ein bestimmter Klang geworden, fällt die Kirchglocke mit ihren zwölf Mittagsschlägen ein, der Mittagsspuk verfliegt, und nur der Zauber der Schönheit und der Stille bleibt.
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Friedland
    Der Nixen muntre Scharen,
Sie schwimmen stracks herbei,
Nun einmal zu erfahren,
Was in den Mauern sei.
    Uhland

     
    Altfriedland, vormals Kloster Friedland, bildet die zweite Hälfte des Besitzes, den Markgraf Karl von Schwedt in diesen Gegenden, das heißt am Rande des Oderbruchs, innehatte.
    Friedland war in alten Zeiten ein Nonnenkloster des Zisterzienserordens. Was die Geschichte diesem Orden im allgemeinen nachahmt, das traf innerhalb der Marken, drin

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