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Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition)

Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition)

Titel: Wandlungen einer Ehe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sándor Márai
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nicht dafür. Gott hat mich so geschaffen. Das ist meine Aufgabe auf Erden. Mir schien, das Zimmer drehe sich mit mir, und dafür gab es mehr als nur einen guten Grund.
    Erstens hatte ich nie ein solches Band gehabt. Eine Frau weiß so etwas. An keinem meiner Kleider, an keinem meiner Hüte hatte ich je so ein Band getragen. Ich mochte solche ernsten Trauerfarben nicht. Es war also ganz sicher und braucht nicht weiter erörtert zu werden, daß das nicht mein Band war, daß mein Mann es nicht von einem meiner Kleider oder Hüte abgeschnitten hatte, um es liebevoll aufzubewahren. Leider nicht.
    Und zweitens war ich bestürzt, weil das Band nicht nur zu mir nicht paßte, sondern auch zu meinem Mann nicht. Ich meine, ein Gegenstand, ein Stück Stoff, das ein Mensch wie mein Mann derart in Ehren hält, daß er es jahrelang in seiner Brieftasche aufbewahrt und aufgeregt aus dem Büro telephoniert – denn er hatte wegen des Bandes angerufen, das brauche ich dir wohl nicht zu erklären, wozu hätte er denn vormittags in der Fabrik so dringend Geld, Visitenkarten oder Mitgliedsausweise gebraucht –, also dieser Gegenstand war mehr als nur ein Andenken oder eine Devotionalie. Deshalb war ich so verstört.
    Mein Mann hatte also eine Erinnerung, die wichtiger war als ich. Das war die Bedeutung des violetten Bandes.
    Es konnte aber auch etwas anderes bedeuten. Das Band war nicht verblaßt, sondern bloß alt geworden, auf die seltsame Art, wie Gegenstände von Toten alt werden. Weißt du, so wie die Hüte oder die Taschentücher der Toten sehr rasch altern, sozusagen im selben Augenblick, da ihr Besitzer stirbt. Irgendwie verändert sich ihre Farbe, so wie das Grün eines abgerissenen Blattes gleich seine Lebendigkeit verliert … Offenbar fließt in jedem Menschen so etwas wie ein elektrischer Strom, der auch durch die Dinge hindurchgeht, die zu ihm gehören.
    In diesem violetten Band war kaum mehr Leben. Als ob es vor sehr langer Zeit getragen worden wäre. Vielleicht war die Person, die es getragen hatte, längst tot … jedenfalls für meinen Mann. Hoffte ich. Ich betrachtete das Band, roch daran, rieb es zwischen den Fingern, versuchte es auszuhorchen. Doch es gab sein Geheimnis nicht preis. Schwieg verstockt, mit dem dumpfen Trotz der Gegenstände.
    Und redete in seiner Stummheit doch. Schadenfreudig und überheblich. Das Band war wie die böse violette Zunge eines Kobolds, der sie mir ausstreckte, um mich auszulachen und zu verhöhnen. So redete die Koboldszunge: »Siehst du, irgendwo hinter der schönen, geordneten Fassade war ich. Ich war und bin. Ich bin die Unterwelt, das Geheimnis, die Wahrheit.« Ob ich das verstand? … Ich wurde furchtbar aufgeregt und enttäuscht und betroffen und gleichzeitig auch so neugierig und wütend, daß ich am liebsten auf die Straße hinuntergerannt wäre, um die Frau zu suchen, die das Band einst getragen hatte, im Haar oder am Mieder … Ich wurde rot vor Eifersucht und innerem Aufruhr. Du siehst, auch jetzt ist mein Gesicht feuerrot und heiß. Weil mir das violette Band eingefallen ist. Warte, gib mir etwas Puder, ich will mich ein bißchen zurechtmachen.
    So, danke, jetzt geht’s besser. Also, dann ist der Bürodiener gekommen, und ich hatte alles wieder schön ordentlich in die Brieftasche zurückgesteckt, die Visitenkarten, die Ausweise, das Geld und das violette Band, das meinem Mann so wichtig war. Dann stand ich da, mit meinem großen Entschluß und meinen brennenden Gefühlen, und ich verstand das Leben nicht mehr.
    Besser gesagt: etwas verstand ich doch.
    Dieser Mensch war weder ein sentimentaler Student noch ein erbärmlicher alternder Lüstling. Er war ein Mann, und seine Handlungen hatten Sinn und Zweck. Er versteckte nicht grundlos das violette Band einer Frau in seiner Brieftasche – so viel begriff ich, und zwar voll und ganz, so wie man seine eigenen Geheimnisse kennt.
    Wenn er also jahrelang einen sentimentalen Fetzen mit sich herumtrug, dann hatte das einen sehr ernsten Grund. Dann mußte die Person, der das Stoffstück gehört hatte, für ihn wichtiger sein als alle anderen Menschen.
    Wichtiger als ich, so viel war sicher. Meine Photographie trug er zum Beispiel nicht in seiner Brieftasche. Jetzt willst du sagen – ich sehe es an deiner Nasenspitze, auch wenn du schweigst –, daß er keine Photographie brauchte, weil er mich auch sonst sah, Tag und Nacht. Aber das reicht nicht. Er soll mich auch sehen wollen, wenn ich nicht bei ihm bin. Und wenn er in seine

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