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Wanja und die wilden Hunde

Wanja und die wilden Hunde

Titel: Wanja und die wilden Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Maja Nowak
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auf.
    »Wenn ich mit Dollar bezahle, macht er sicher noch einmal auf«, erwidere ich, die russische Realität zur damaligen Zeit (1992) nutzen wollend.
    Tatsächlich bringen wir es fertig, dass der Hund untersucht wird und wir alle Mittel zu seiner weiteren Behandlung bekommen. Er hat Ungeziefer, entzündete Ohren und ist so stark unterernährt, dass er nicht mehr lange gelebt hätte, wie der Tierarzt sagt.
    Zu Hause füttere ich ihn. Er frisst fast die Schüssel mit. Dann stecken wir ihn in die Badewanne und waschen ihn mit Flohshampoo. Er lässt sich alles schwanzwedelnd gefallen. Ich taufe ihn Bambino, weil er noch so jung ist, vielleicht fünf Monate, und weil er etwas von einem Reh hat. Bambino/Bambi – das passe meiner Meinung nach ganz gut, wie ich Vera erkläre.
    »Diesen Hintergrund darfst du dann Baba Luba klarmachen«, sagt Vera trocken. »Sie hat ›Bambi‹ sicher gelesen und kann bestimmt auch Italienisch.«
    Wir müssen noch einen Tag länger in Moskau bleiben, damit sich der kleine Kerl erholen kann und zu Kräften kommt für den Weg nach Lipowka.
    In der folgenden Nacht steigen wir mit Bambino in den Zug. Wir haben viel Gepäck und einen Hund an einem Strick, der noch nie an einer Leine gelaufen ist. Bambino jedoch entfernt sich keinen Millimeter von meinem Bein und passt im Gedränge des riesigen Moskauer Bahnhofes genau auf, mich nicht zu verlieren.
    Im Großraumwagen beäugen ihn einige Russen skeptisch. Hier reist man mit Kindern, mit Hühnern, mit viel Gepäck, aber selten mit einem Hund. Ich schiebe ihn unter unsere untere Schlafpritsche, und noch eine Stunde lang hört man das aufgeregte Klopfen seines Schwanzes auf dem Boden. Dann ist es ruhig.
    Wir fahren die ganze Nacht. Ich kann lange nicht einschlafen, weil ich darüber nachdenke, ob Wanja wieder im Wald ist, ob er in diesem Fall je zurückkommt und ob er das Vertrauen zu mir verloren hat.
    Am ersten Fluss angekommen, schnuppert Bambino vorsichtig. Vera und ich blasen die Luftmatratze auf, ziehen uns aus und legen das Gepäck darauf.
    »Vielleicht kann er gar nicht schwimmen«, sagt Vera besorgt. Sie hat Bambino bereits genauso ins Herz geschlossen wie ich.
    Bambino sieht uns erwartungsvoll an und wedelt mit dem Schwanz, als wäre er zu allem bereit. Ich wette, dass er mitkommt, wenn wir einfach losschwimmen. Er fiept leise, als wir uns entfernen, und trappelt aufgeregt mit den Pfötchen. Er rennt bis zum Bauch ins Wasser, spürt die starke Strömung und flüchtet zurück. Als wir am anderen Ufer ankommen, beginnt er zu heulen. Er hebt seinen Kopf wie ein Wolf zum Himmel: »Ehuuu, ehuuu …«
    »Vielleicht geht er auf die Luftmatratze«, sage ich hoffnungsvoll.
    Vera nickt und wir schwimmen mit der Luftmatratze zurück. Der Fluss ist ungefähr vierhundert Meter breit und die Strömung spült uns jedes Mal auf einer anderen Höhe an. Bambino läuft auf und ab und taxiert die Stellen, an denen wir stranden könnten. Er empfängt uns hüpfend und winselnd.
    »Komm, hier.« Ich tippe auf die Luftmatratze. Bambino klemmt den Schwanz ein.
    »Hier rauf – oder du musst dableiben«, versucht ihn Vera energisch zu überzeugen. Bambino legt sich flach auf den Boden und wedelt mit dem Schwanz, als bitte er um Nachsicht. »Vielleicht geht er drauf, wenn auch du dich drauflegst?« Vera schiebt mir einladend die Luftmatratze hin.
    Ich suche im Sitzen noch nach einem Balanceschwerpunkt, als Bambino mit einem entschiedenen Satz zu mir hinaufspringt. Der Sprung bewirkt, dass ich die Balance vollends verliere und wir beide mit der Luftmatratze ins Wasser kippen. Bambino paddelt wild mit den Pfoten und entdeckt nach ein paar Sekunden, dass er schwimmen kann. »Los, schnell! Rüber jetzt!«, schreit Vera. Ich lege mich mit der Luftmatratze ins Zeug – und tatsächlich: Bambino schwimmt hinter uns her bis auf die andere Seite des Flusses.
    Nach 18 Kilometern und einem weiteren Fluss stellen wir das Gepäck am Ortsrand von Lipowka ab. Wir wollen zu Kolja, um sein klappriges Pferdegespann zum Transport nach Hause auszuleihen. Der tiefe Sand auf den Wegen in Lipowka ist beim Laufen beschwerlich. Unterwegs kommen wir am Hof von Baba Luba vorbei und stellen ihr Bambino vor. »Luba, dein Hund ist doch weg.«
    »Ja, ja, der hat sich amüsiert und dann haben ihn im Winter sicher die Wölfe gefressen«, erwidert sie und winkt ab.
    »Wir haben hier für dich einen guten, jungen Hund mitgebracht«, sagt Vera und zeigt auf Bambino.
    »Ach, ich habe kein Glück mit

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