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Wanja und die wilden Hunde

Wanja und die wilden Hunde

Titel: Wanja und die wilden Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Maja Nowak
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versucht ihm den Schatz zu entreißen.
    Jetzt kommt Tempo in die Sache. Bei dem äußerst flinken und hartnäckigen Felix kann Anton nicht einfach nur den Kopf wegdrehen. Er versucht sich durch Flucht in Sicherheit zu bringen, doch der Terrier attackiert ihn spielerisch von allen Seiten.
    Schließlich bekommt Felix tatsächlich einen Zipfel des Zipfels zu fassen und tackert augenblicklich einen Zahn in ihn hinein, um mit aller Kraft daran zu reißen. Er fasst so lange nach, bis die beiden Rüden Maul an Maul zusammengewachsen scheinen und das rote Ding nicht mehr zu sehen ist. Mit einem weiteren Ruck ergattert Felix die Trophäe. Anton läuft noch ein paar Meter hinter dem davonrennenden Felix her und legt sich dann in den Sand.
    Mir fällt auf, wie sehr die Hunde unterscheiden zwischen der Verteidigung von etwas, das man gerade ernsthaft als eigenen Besitz beansprucht, und einer Sache, die man selbst zum Spiel anbietet.
    Kaut Anton, ohne einen der anderen Hunde anzusehen, auf einem Stock, und Bambino beginnt ihn zu umschleichen, hebt er warnend die Lefze. Diesen Stock würde er nicht kampflos hergeben. Wirft er denselben Stock jedoch »in die Runde«, um einen der Hunde zum Spiel aufzufordern, überlässt er ihn auch einem anderen, wenn dieser schneller ist.
    Dasselbe Verhalten zeigen auch die Übrigen. Bis auf Felix. Ihm scheint einfach aus Prinzip alles zu gehören. Er kann sich keinesfalls beruhigen, wenn ein anderer ihm sein Spielzeug abjagt.
    Dass auch die anderen Hunde in Erfahrung bringen können, worum es sich bei dem roten Schatz handelt, ist nur der Tatsache zu verdanken, dass Felix seine Aufmerksamkeit schnell wieder etwas anderem zuwendet, das Unterhaltung versprechen könnte. Als ein fremder Hund in der Nähe bellt, schießt er sofort aus dem Hof nach draußen. Der Stofffetzen, der vielleicht einmal zu einer Schürze gehörte, bleibt zurück. Das ist Bambinos Chance, die er ohne zu zögern nutzt. Er schnappt sich den roten Zipfel und schüttelt ihn mit Wonne.
    Im Laufe des Tages sehe ich, wie sich jeder Hund mit dem roten Stofffetzen beschäftigt. Er wird von Laska behutsam abgeleckt, von Wanja getragen, von Milyi ausgiebig untersucht und von Husar mit der Nase gestupst. So eine Müll-Entdeckung ist jedes Mal ein Ereignis.
    Ein weiteres gemeinsames Spiel nenne ich Hügeltanz, in Anlehnung an das Gesellschaftsspiel »Stuhltanz« (oder »Die Reise nach Jerusalem«).
    Die Landschaft Lipowkas ist eine Ebene. Vera sagte einmal zu einer Petersburger Künstlerin, die sie von Lipowka begeistern wollte. »Du musst unbedingt einmal dorthin kommen. Die Landschaft ist herrlich. Da siehst du nichts!« Dabei wischte sie energisch in vertikaler Linie mit dem Arm durch die Luft. Sie hat dabei jedoch nicht an die wenigen kleinen Hügel gedacht, die sich sanft in die Landschaft einfügen.
    Laufen wir über die Wiesen, spurtet Milyi oft mit großer Begeisterung auf eine solche Erhebung hinauf und hält von dort aus die Nase in den Wind. Häufig sind es Anton, Bambino und Husar, die dann ebenfalls auf den Hügel wollen, um herauszufinden, was es dort Tolles zu sehen gibt.
    Bevor die anderen ihn erreichen können, senkt Milyi den Oberkörper nach unten, reckt den Hintern nach oben und versucht so, die Besetzung des Hügels durch Körperblockaden spielerisch zu verteidigen. Er wirft sich gegen die »Angreifer« und hat spätestens dann verloren, wenn er – an vorderster Front kämpfend – nicht mitbekommt, dass hinter ihm schon ein anderer Hund den Hügel besteigt. Die Spielpositionen wechseln, jetzt verteidigt der jeweils andere sein Hoheitsgebiet. Es geht hin und her, und alle sind mit viel Begeisterung bei der Sache.
    Am schönsten ist es für mich, mit den Hunden schwimmen zu gehen. Ich selbst habe mich im Wasser schon immer fast wohler gefühlt als an Land und halte mich im Sommer dreimal täglich darin auf.
    Nachdem Wanja nach einigen Tagen verstanden hat, dass ich immer von einer kleinen Landzunge aus um eine Flussbiegung bis zu einer Bucht und zurück schwimme, begleitet er mich das erste Stück, geht dann auf der anderen Seite des Flusses ans Ufer, legt sich in die Sonne und hat von dort einen ausgezeichneten Überblick über meine Schwimmbahn. Auf dem Rückweg begleitet er mich dann wieder den letzten Teil der Strecke.
    Felix jedoch, der im Wasser eine echte Plage ist, schwimmt auch nach Jahren noch hektisch platschend neben mir und versucht dabei immer wieder, auf mich draufzuschwimmen. Ob er dabei mich oder

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