Wanja und die wilden Hunde
Beispiel unseren Gruppenschnösel Felix ungerührt seinem Schicksal überlassen durfte.
Das menschliche Eingreifen und das Eingreifen eines souveränen Hundes unterscheiden sich dadurch, dass wir »Lotto spielen« und auf Ablenkung, Kunststücke oder Abschreckung setzen, während der Leithund seine Entscheidung in einer bestimmten Situation einfach durchsetzt. In den meisten Fällen verwendet er dafür ein Abbruchsignal.
Abbruchsignale
Abbruchsignale sind inzwischen relativ bekannt und werden von vielen Trainern und Hundehaltern angewandt. Leider wird jedoch dabei sowohl in der Fachwelt als auch unter Laien fast alles, was ein unerwünschtes Verhalten des Hundes unterbrechen soll, als Abbruchsignal bezeichnet.
Im Verhalten des Menschen sind das zum Beispiel Schimpfen, Schreien, mit einer mit Nägeln gefüllten Dose rappeln, mit Wasser spritzen, Wurfscheiben oder Wurfketten werfen, ein konditioniertes Abbruchsignal wie »Schluss« verwenden, nachdem der Hund zuvor erschreckt wurde, usw.
Aufseiten des Hundes werden von uns so verschiedene Verhaltensweisen wie mit den Augen fixieren, knurren, Nase rümpfen, Scheinattacken, Kopf vorstoßen oder auflegen, anrempeln oder Pfote auflegen zu diesem einen Begriff »Abbruchsignale« zusammengefasst.
Genau hier liegt der Hund begraben.
Wie erziehen souveräne Hunde?
In den sieben Jahren, die ich mit meinem russischen Hunderudel zusammenlebte, sowie bei meiner Arbeit mit inzwischen mehr als fünftausend Hunden konnte ich bei souveränen Hunden, die ein Verhalten unterbrechen wollten – neben den weniger häufigen Beruhigungs- und Beschwichtigungssignalen, die ebenfalls dazu dienen können – immer wieder vor allem folgende sehr viel differenziertere Vorgehensweise beobachten:
Zuerst senden sie Abbruchsignale, das heißt die Warnung an einen anderen Hund, dass eine Handlung nicht erwünscht ist. Dazu gehören zum Beispiel:
• mit den Augen fixieren
• knurren und bellen
• Nase rümpfen
• Lefze heben
• sich in den Weg stellen
Erst wenn diese Warnung nicht beachtet wurde, folgen Abbruchhandlungen, das heißt, die unerwünschte Handlung des anderen Hundes wird aktiv unterbrochen. Dazu gehören zum Beispiel:
• Rempler
• Bewegungseinschränkung (dem anderen Raum abnehmen oder einen Raum bestimmen, in dem er bleiben soll)
• Abschnapper (kurzer Biss ohne den Einsatz der Zähne)
• Zuschnapper (Biss mit etwas Einsatz der Zähne)
• sich über den Hund stellen (maximaler Einsatz)
• Schnauzenbiss (nur erwachsener bei jungem Hund und unter Junghunden).
Nur unsichere oder ängstliche Hunde halten sich lange bei den Abbruchsignalen auf und verstärken diese, ohne eine Abbruchhandlung vorzunehmen (so bellen, knurren und gebärden sie sich beispielsweise immer stärker, ohne wirklich zu handeln). Oder sie starten ohne Vorwarnung sofort einen Scheinangriff (zum Beispiel die »Wadenbeißer«, die von hinten zuschnappen). Solche Hunde können natürlich nicht als Vorbild für Menschen dienen, die lernen wollen, einen Hund zu führen, sondern brauchen selbst eine gute Führung.
So können Sie selbst Abbruchsignale und -handlungen anwenden:
Abbruchsignale
• streng blicken
• in den Weg stellen
• ein Warngeräusch machen wie »Scht«, »Ssst«, »Hej« (»Nein« und »Schluss« eignen sich nicht, weil Menschen, wenn sie sich in ihrer Sprache aufhalten, ganz schnell wieder zehn Mal »Nein« und »Schluss« rufen, ohne es zu bemerken).
Abbruchhandlungen
• Anrempler (bei kleinen Hunden mit der Hand, bei Größeren mit den Oberschenkeln oder dem Knie; immer nur vor dem Brustkorb oder an der Seite, nie am Kopf)
• Aktive Bewegungseinschränkung (dem Hund mit dem eigenen Körper Raum abnehmen oder einen Raum bestimmen, in dem er bleiben soll)
• Abschnapper (kurzer Stüber mit zwei Fingern in die Seite des Hundes, nicht am Kopf)
• Zuschnapper (kurzes Zwicken mit der ganzen Hand in die Seite, nicht am Kopf)
• Schnauzengriff (nur bei einem ganz jungen Hund)
• in die Haut neben der Wange greifen, um den Kopf zu fixieren (wenn der Hund emotional so aufgeladen ist, dass er keinen Kontakt mehr zum Menschen aufnehmen kann; schützt auch vor Bissen).
Timing
Genauso wichtig wie das Abbruchsignal ist es, genau zu registrieren, ob und wie der Hund darauf reagiert. Das Signal selbst ist nur die Ankündigung einer Handlung, nicht die Handlung selbst. Reagiert der Hund nicht unmittelbar darauf, wird er auch fünf Minuten später nicht mehr reagieren.
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