Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)
manufakturartig betriebenen Handwerks (Porzellan, Papier, Seide). Das befriedete Staatswesen und der allgemeine Wohlstand führten in der Spätphase der Mandschu zwischen 1750 und 1850 zu einer annähernden Verdreifachung der Bevölkerung (von ca. 143 Millionen auf ca. 430 Millionen).
In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts gab es intensive Kontakte mit Missionaren, vor allem Jesuiten. Durch sie drangen Nachrichten aus Europa ins Reich der Mitte. In Europa wiederum wurde China in der Barockzeit mit sehr viel Respekt als philosophisch weise geordnetes Staatswesen betrachtet. Vor allem das Mandarin-System der Vergabe öffentlicher Ämter nach einer Staatsprüfung faszinierte die bürgerlichen Schichten, die nach Alternativen zum spätfeudalen Modell Europas suchten.
Die Nachfrage nach den exklusiven chinesischen Luxusprodukten Porzellan, Seide und Tee auf dem Weltmarkt war ungeheuer. Dem entsprachen die Mandschu im 17. Jahrhundert mit einer beträchtlichen Öffnung Chinas. Die Herstellung von Porzellan war in Europa nach wie vor unbekannt. Vor allem niederländische Händler verschifften es in großen Mengen nach Europa. Seide wurde in Shanghai nach europäischem Geschmack (symmetrische Muster) hergestellt. In England und den Niederlanden waren die chinesischen Seidenstoffe Statussymbole wie heute Kleider von Prada oder Handtaschen von Louis Vuitton. So floss weltwirtschaftlich gesehen sehr viel Geld, das die Europäer in ihren amerikanischen Kolonien verdienten, via Europa nach China. Auch kulturell fand der boomende chinesische Markt in Europa seinen Niederschlag. Im 17. Jahrhundert wurden im niederländischen Delft Fayencen hergestellt, die – da man noch kein weißes Porzellan herstellen konnte – mit weißer Zinnglasur grundiert und mit Mustern nach chinesischem Vorbild blau bemalt wurden. Bekannte Architekturbeispiele für den orientalisierenden Stil sind Schloss Pillnitz bei Dresden, das Chinesische Teehaus im Schlosspark von Sanssouci, der Chinesische Turm im Münchner Englischen Garten oder die Pagodenburg im Nymphenburger Schlosspark.
DIE EUROPÄISCHEN GROßMÄCHTE DER BAROCKZEIT
TÜRKENKRIEGE Seit der Schlacht von Mohács 1526, bei der Ungarn verloren ging, und der ersten Belagerung Wiens 1529, die vom Osmanen-Sultan wegen schlechten Wetters abgebrochen wurde, standen die Habsburger gegen das Osmanische Reich in Europa in vorderster Front. Nur der nordwestliche Zipfel Ungarns konnte gehalten werden. 1551 bis 1555 und 1566 bis 1568 war es zu erneuten Zusammenstößen gekommen. Venedig war im Ostmittelmeer ebenfalls an der Türkenfront engagiert und hatte 1571 Zypern verloren; 1671 musste die Lagunenstadt auch Kreta aufgeben. Und 1683 standen die Türken erneut vor Wien.
Die Stadtbefestigung war nach der ersten Türkenbelagerung 1529 mithilfe italienischer Festungsbaumeister auf den neuesten Stand gebracht worden. Die Osmanen versuchten, sie zu unterminieren, indem sie Tunnel in die Stadt gruben. In den Wiener Häusern musste immer jemand im Keller stehen und horchen, ob gegraben oder geklopft wurde.
Die Osmanen waren 1683 drei Monate lang unter der militärischen Führung des Großwesirs Kara Mustafa Pascha über den Balkan angerückt. Sie schlossen Wien von drei Seiten ein. Am 14. Juli begann die Belagerung. Kaiser Leopold I. hatte die Stadt verlassen, was keinen guten Eindruck hinterließ. Der Wiener Stadtkommandant Graf Starhemberg stand mit rund 20000 Mann den Türken gegenüber. Eine Mitte Juli geforderte Kapitulation lehnte er im Vertrauen auf die baldige Ankunft des Entsatzheeres von Kaiser Leopold ab. Die Wiener mussten zwei Monate ausharren, bis es am 11. September eintraf.
Am 12. September kam es zur Schlacht am Kahlenberg oberhalb von Wien. Die Abwehrkoalition war auf Initiative von Papst Innozenz XI. zwischen Kaiser Leopold und dem polnischen König Johann III. Sobieski zustandegekommen, wobei der Papst erheblich zur Finanzierung des Feldzuges beitrug. Den entscheidenden Beitrag lieferte aber der polnische König. Das eingeschlossene Wien hätte nicht mehr lange durchhalten können, als er in letzter Minute erschien. Er übernahm die Führung im Feld. Die Schlacht am Kahlenberg war sein Sieg. Der türkische Feldherr Kara Mustafa Pascha wurde später auf Befehl des Sultans erdrosselt – mit einem Seidenband.
Ü brigens : Angeblich hatten die Türken bei ihrem überstürzten Abzug etliche Säcke mit braunen Bohnen hinterlassen. Ihre zweckentsprechende Verwendung und Darreichung
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