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Wanted

Wanted

Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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breiten Kapuze, die fast vollständig ihr Gesicht verbarg. Sie sah zu Boden, als ich näher trat.
    »Ich wusste, dass du kommen würdest«, sagte sie leise, kaum hörbar. »Ich hatte es so gehofft.«
    »Gehofft?«, fragte ich, ungläubig wie nur je.
    »Ja«, antwortete sie mit kleiner Stimme, »ich hatte gehofft, vom ersten Augenblick an gehofft, du und ich, wir würden . wir könnten ...« Sie brach ab, warf die Kapuze nach hinten und strich sich eine Locke ihrer hell glänzenden Haare aus dem weichen, halb traurig, halb vorwurfsvoll dreinblickenden Gesicht. In ihren blauen Augen standen Tränen.
    Eijeijeij, dachte ich. Vielleicht taugte ich ja doch zum Rancher. Seite an Seite mit einer blonden, liebeshungrigen Rancherin .
    Vorausgesetzt natürlich, dass sie mich immer noch unwiderstehlich fände, auch nachdem ich ihren Vater und ihren Bruder ins Jenseits befördert hatte. Nachdenklich kratzte ich mich am Hinterkopf und stieß dabei auf eine prachtvolle Beule, Resultat eines fast schon vergessenen Hiebes mit einem -meinem eigenen - Revolverknauf.
    »Oh«, machte sie schuldbewusst und trat einen Schritt näher. »Tut es noch sehr weh?«
    Nicht so sehr wie die Schmach des Ganzen, nicht so sehr wie anschließend ohne Pferd aufzuwachen und sich in der Gewalt von vier hässlich lachenden Rohlingen wiederzufinden, hätte ich fast entgegnet. Etwas in ihrem Blick hielt mich zurück.
    »Ich musste das tun«, flüsterte sie, nun ganz nahe. »Vater durfte nicht erfahren, dass ich mit dir . durchbrennen wollte. Er hätte mich sonst auspeitschen lassen. Er ist so, so . grausam.«
    Eijeijeij, dachte ich. Vielleicht machte es ihr ja wirklich nichts, wenn ich sie von dieser familiären Tyrannei befreite? Gewaltsam, sicher, doch manchmal geht es halt nicht anders.
    »Nimm mich.« Ihre Stimme war rau, ihre Nähe magnetisch, der Blick ihrer aufwärts in meine gerichteten Augen hypnotisch. Blutdruck und Denkvermögen rutschten mir, Hand in Hand und lachend, schwungvoll unter die Gürtellinie. Mann, war ich müde. »Nimm mich mit dir mit.«
    »So ein Irrsinn!«, schäumte Mandoney. Er stand neben der fauchenden Lok, und die drei Ingenieure, die ihn auf offener Strecke gestoppt hatten, standen vor ihm und blickten betreten drein.
    »Ich habe euch losgeschickt, den Fremden aufzuspüren und festzusetzen, und was macht ihr!? Ihr lasst euch nicht nur überrumpeln und besoffen machen, nein, ihr verratet diesem Verrückten auch noch, wo ihr euren Sprengstoff gebunkert habt! Seid ihr denn noch ganz gescheit!?«
    »Sie waren uns zahlenmäßig überlegen«, entgegnete der mit dem Schnauzer.
    »Im Verhältnis zwei zu eins«, fügte Ziegenbart hinzu.
    »Doch immerhin, kaum dass wir uns befreit haben«, führte der Glattrasierte an, »sind wir ohne Zögern die ganze Strecke hier rausgeritten, um Sie von den Vorfällen zu unterrichten. Das sind fast zwölf Meilen gestreckter Galopp.«
    »Elf Komma acht, Luftlinie«, präzisierte Ziegenbart.
    »Und was haben diese Knallköpfe jetzt vor?«
    »Nun, sie haben sich die Draisine ausgeliehen .«, begann Schnauzer, ». und sind runter ins Amish Valley .«, fuhr der Glattrasierte fort, ». Richtung Beau Rivage«, schloss der mit dem Ziegenbart.
    Im nächsten Moment hatte sich Mandoney wieder auf die Lok geschwungen.
    »Volle Kraft voraus!«, bellte er, und die drei Ingenieure verschwanden im Dampf, als Sam das Fahrt-Ventil bis hinten hin aufriss.
    »Tu, was du willst, nur, bitte, nimm mich.«
    Fast hätten sich unsere Lippen berührt. Da trappelten Hufe und mein Schecke tauchte auf, mit stiebenden Nüstern und wehender Mähne. Ein kurzer Schritt und ich hatte ihn am Zügel, ein kurzer Blick und ich war erleichtert, den Stiefel in seinem Steigbügel leer vorzufinden. Falco wieherte und furzte vor Freude, mich zu sehen, und wir knutschten kurz und heftig und dann stupste er mir den Hut vom Kopf und ich bückte mich rasch danach und ein Schuss peitschte und ich schrie auf vor Schmerz und Empörung.
    Der verdammte Gaul hatte es natürlich wieder geschafft, mir seine gelben Hauer in die Kehrseite zu graben, als ich mich vorbeugte. Wütend richtete ich mich auf und erblickte den rauchenden, kleinen Einschüsser, eine Waffe, wie sie Spieler gern im Stiefel tragen, Huren im Strumpfband und Damen der Gesellschaft in ihren Handtäschchen. Ich hatte keine Ahnung, wo Eva ihren versteckt gehabt hatte, doch es konnte keinen Zweifel geben, dass die daraus abgefeuerte Kugel nun in meinem Wanst stecken würde, hätte mein

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