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Wanted

Wanted

Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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hinterhergeschickt.
    Wird den Weg über das Wasser wegnehmen und den Kreis aus Eisen brechen, war da durch mein Schädelrund geechot, und das nachfolgende Gespräch mit den Herren Ingenieuren hatte erbracht, dass die einzige ihrer fünf Brücken, die tatsächlich über Wasser führte, die direkt vor uns war, die uns quer zur donnernden Schlammlawine und dann, auf der anderen Seite, in die relative Sicherheit eines kleinen Seitentals des Amish Valleys bringen sollte.
    Und wir schafften es. So gerade. Haarscharf.
    Wir donnerten mit zusammengebissenen Zähnen und geschlossenen Augen über die Brücke, pumpend und schwengelnd wie von Sinnen, und hatten just so eben wieder felsigen Grund unter den Schwellen, als die schwarzbraune Flut brüllend, gurgelnd, tobend und tosend hinter uns vorbeistürzte, die Brücke wie alles andere, was sie unterwegs aufgesammelt hatte, mit sich ins Verderben reißend.
    Unser Jubel der Erleichterung stieg zusammen mit den schäumenden Fontänen gen Himmel.
    Leiser und leiser klang das Rattern der Räder, langsamer und langsamer wurde der Hufschlag des Schecken wie der Ausschlag der Schwengel, mannhafte Tränen flossen ohne Hemmung, als wir uns gegenseitig in die Arme fielen und ...
    »Ich will euch ja nicht den Spaß verderben«, rief Shits, »aber werft mal rasch einen Blick nach vorne!«
    Mit Funken durchsetzter Qualm quoll in rhythmischen Intervallen und enormen Mengen aus dem Schornstein von Minna, der grünen Lok, Dampf umzischte ihre Flanken, grell schrillte ihre Pfeife und hell leuchtete mir ihr einsamer Rundscheinwerfer ins Gesicht. Sie kam mit Endgeschwindigkeit die Gefällstrecke hinabgeflogen und damit direkt auf uns zu.
    »Scheiße, ich hab ja gleich gesagt, wir sind in der falschen Richtung unterwegs«, schrie Pancho, was in Momenten wie diesen immer sehr hilfreich ist.
    Die Räder der Lok quietschten schrill auf, als Sam in fliegender Hast die Bremsblöcke herunterschraubte, und blockierten schließlich zu beeindruckendem Funkenflug, allerdings ohne die Lok auch nur ansatzweise in ihrer Fahrt zu bremsen.
    Pendelschlag auf Pendelschlag rollte die kleine, rote Draisine aus, schienengebunden und damit unfähig, dem auf sie zukreischenden Unheil noch auszuweichen.
    Unbeweglich, Arme verschränkt, die hagere Miene eine Maske von Entschlossenheit, stand Deputy Mandoney vorne auf dem Kuhfänger der Lok, ein, wenn man so will, Spiegelbild meiner selbst auf der Stoßstange der Draisine.
    »Springt! Springt ab!«, schrie Pancho und einer nach dem anderen flankte sich herunter vom Gefährt nach - wie ich mit Befriedigung feststellen konnte - beiden Seiten.
    Der Kreis aus Eisen, und mit ihm sein Bann, war also tatsächlich gebrochen, meine Aufgabe erfüllt. Jetzt blieb nur noch eins zu tun. Etwas Persönliches.
    Als Letzter sprang Sam ab, dann waren wir alleine unterwegs, Mandoney und ich, mit hoher Geschwindigkeit und in schnurgerader Linie aufeinander zu.
    Unsere Blicke verschränkten sich ineinander wie Bohrgestänge, und wir wussten, jeder für sich, mit vollkommener Gewissheit, dass keiner von uns beiden auch nur blinzeln würde, bis wir schließlich, Arme verschränkt, Kinn runter, Stirn voran, kollidieren mussten.
    Mit einem Knall.

ENDE
    »It's ten miles to Laredo
    And a hundred to Hell
    And I know a shortcut
    But I ain't gonna teil. «
     
    Cliff Barnes And The Fear Of Winning >Bound for Clory<
     
    Mit einem Knall flog die Türe auf und schwang bis gegen die Wand. Ich war, aller Schmerzen zum Trotz, auf vieles vorbereitet, doch nicht auf das: Im Türrahmen stand ein Stier. Ein Stier in weißem Kittel. Kinn wie ein Stier, Stirn wie ein Stier, Nacken wie ein Stier, Arme .
    »Kasper«, stellte er sich vor, »und machen Sie ruhig Ihre Witze.«
    Das war nett gesagt, doch irgendwas in seinem Tonfall, von der Statur und ihrer Haltung mal ganz zu schweigen, ließ einem das Tri-Tra-Trullala von ganz alleine im Hals stecken bleiben.
    »Ich«, sagte Kasper mit unerklärlicher Befriedigung, »bin ab sofort Ihr persönlicher Physiotherapeut.«
    Er ließ seine Fingerknöchel knacken, trat nah ans Bett, sah auf mich herunter, und urplötzlich wusste ich, wie sich ein Schwein fühlt, das seinem Schlachter gegenübersteht.
    »Biker, was?«, fragte Kasper im gleichen Tonfall äußerster Zufriedenheit, »'ne Sorte«, meinte er, ohne eine Antwort abzuwarten, und griff nach meinem rechten Arm, »mit der ich null Mitleid habe.«
    Prüfend beugte er den Arm am Ellenbogen, und ich machte Geräusche dazu,

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