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Wanted

Wanted

Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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bückte sich und ich ließ die beiden allein.
    »Auuiih!«, schallte mir noch nach, gefolgt von einem ausgesprochen fröhlichen Wiehern.
    Die Saloon-Tür schloss mit einem Knall und Shits fuhr herum. Ein professioneller Reflex.
    Shits war unglaublich schnell, doch tat er sein Bestes, das nicht publik zu machen. »Ich hatte schon zu viele unglaublich schnelle Kunden«, sagt er oft, »die dann alle einen getroffen haben, der noch 'nen kleinen Tick schneller gewesen ist.«
    Aus diesem Grund hatte Shits, als es knallte und er herumfuhr, auch keinen Revolver gezogen. Sondern sein Maßband.
    Ohne das Ergebnis einer exakten Messung erteilte der Sheriff schon lange keinen Auftrag mehr. Und wenn sich gerade mal wieder einer mit einem Knall verabschiedet hatte und man erst in die Werkstatt rennen musste, um eine Messlatte zu holen, konnte es passieren, dass, bis man zurück war, der Kunde schon längst anderswo diskret verscharrt worden war. Deshalb hielt Shits rund um die Uhr sein Maßband in Griffweite.
    Diesmal legte er es gar nicht erst wieder weg. Wo immer Dickie Thysson auftauchte, gab es früher oder später Arbeit. Und wenn nicht für ihn, Shits, dann zumindest für Doc Tatters. Und meist früher als später.
    »Pancho, wetz dein Messer«, befahl Dickie mit einer Stimme, die einem die Schulzeit in Erinnerung rief, als wir alle so gesprochen haben. »Mach es schön scharf.« Oder wenn die Kreide in der Hand der Lehrerin in einen unglücklichen Winkel zur Tafel geriet und dann ... »Denn wenn du mich auch nur anritzt, puste ich dich weg.«
    Pancho Escuzito seufzte schwer. Er stellte das Glas, mit dessen Politur er sich einen Großteil des bis jetzt recht ruhigen Vormittags beschäftigt hatte, beiseite und zog die Barbierutensilien aus der Schublade.
    Alles, was Pancho wollte, war, in seiner Destille hocken, den Tropfen beim Fallen zusehen und ein wenig Gitarre spielen. Doch seine Mutter, >Mama Escuzito<, die Eigentümerin des Saloons, hatte so lange konsequent jeden Barmann gefeuert, bis keiner mehr zur Verfügung stand und Pancho in die Bresche springen musste. Ihr war auch die Idee gekommen, die schlappen morgendlichen Einnahmen durch den Extra-Service des Rasierens ein wenig aufzupeppen. Was sie dabei nicht berücksichtigt hatte, war, dass es in der Natur der meisten Kunden hier in der Gegend lag, nur unter großen Vorbehalten jemanden mit einer scharfen Klinge an ihre Hälse zu lassen.
    Vorbehalte, denen sie gerne durch präliminarische Drohgebärden Ausdruck verliehen. Mit Vorliebe untermauert durch das demonstrative Herumfuchteln mit scharf geladenen Schusswaffen.
    Und Pancho hasste Schusswaffen. Nicht einmal so sehr, weil er, wie man vermuten durfte, seit Einrichtung der Barbierecke nun über ein Etablissement mit gleich zwei großen Spiegeln verfügte. Nein, Pancho hasste Schusswaffen grundsätzlich. Sie machten ihm Angst. Und Angst machte ihn zittrig.
    Draußen vor dem Mietstall flirrte die Luft, dass die Hauptstraße stellenweise schimmerte wie ein Spiegel. Die Sommer hier im tiefen Westen sind entweder nur unter Zuhilfenahme eines Kalenders vom Winter zu unterscheiden, oder aber sie machen ernst, überziehen die Gegend mit einer brütenden Schwüle, die die Mordlust auch im friedlichsten Zeitgenossen zu wecken vermag.
    Wer immer sich zwischen mich und den nächsten Drink stellt, dachte ich, wird das am eigenen Leib zu spüren kriegen.
    Meine Zunge lag mir im Maul wie etwas, das man normalerweise unter robuste Stiefel nagelt. Gemessenen Schrittes bewegte ich mich in der geradestmöglichen Linie auf den Saloon zu.
    Die Stadt hatte sich nicht besonders verändert, seit ich das letzte Mal hier gewesen war. Wie die meisten Orte in der Grenzregion sah sie aus, als habe man sie binnen eines halben Jahres zusammengenagelt und könne sie binnen einer Viertelstunde wieder niederbrennen. Der einzige größere Ziegelbau gehörte der >Buttercup Savings and Loans<, dem Geldinstitut Ihres Vertrauens. Ich blieb kurz davor stehen, besah mir die imposante, verschnörkelte Fassade, den makellosen Anstrich, die blattgoldenen Schriftzüge in jedem einzelnen Fenster.
    Später, entschied ich dann.
    Die Tür zum Saloon öffnete nach außen und quietschte hässlich in den Angeln, als ich sie aufzog. Ich mag das. Habe noch nie viel von diesen halbhohen Pendeltürchen gehalten, wie sie anderswo Mode sind. Ich will es hören können, wenn jemand Neues hereinschneit. Von einer Feder betätigt, schlug die Tür mit einem Knall hinter mir

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