Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanted

Wanted

Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
einzulassen.«
    »Ja was, willste etwa für immer im Kreis aus Eisen bleiben?«, fragte Bro Ho ungläubig.
    »Neien .« Pancho wand sich. »Was ich sagen will, ist, dass es Wahnsinn ist, sich einem Wahnsinnigen anzuschließen, und das auch noch auf die Prophezeiung eines anderen Wahnsinnigen hin.«
    »Wieso?«, fragte Bro Ho, dem vor lauter Wahnsinn ein ganz klein wenig der Kopf schwamm.
    »Macht doch Sinn.«
    »Das da oben sieht mir wie ein netter Platz für die Nacht aus«, fand Shits.
    Die Tag- und die Nachtschwester hatten mir gemeinsam ein frisches Laken unter den Balg gezogen und mich dann mit frischen Bildern von zu dritt zerrupftem Bettzeug allein gelassen, schwitzige Leiber, gereckte Nippel, stiebende Federn, alles. Alles. Spitze Schreie, dumpfes Stöhnen, Kratzer, Bisse, der Geschmack von Lust auf der Zunge ...
    Lange Märsche über frostige Höhen, eisige Winde und kalte, kalte Bäder, dachte ich, um nicht hier und heute noch dem Wahnsinn anheim zu fallen.
    Menden nebenan telefonierte leise und klang richtig zufrieden, als er auflegte.
    »Hatten Sie mir nicht erzählt, Sie seien amnestiert worden?«, fragte er dann. Aus der Hüfte, wenn man so will.
    »Bin ich auch«, bestätigte ich hastig und nicht ohne eine leise Vorahnung. Wann immer Menden so zufrieden klingt, hat das noch nie etwas Gutes für mich bedeutet. »König Mohammed oder wer auch immer hatte Geburtstag oder was auch immer gehabt und feierte das, indem er den halben Abschaum der Nation wieder auf die Menschheit losließ. Und den einen oder anderen unschuldig Eingekerkerten natürlich auch. Mich, zum Beispiel.«
    »Und wieso erreicht uns dann erst ein Haftbefehl und nun auch ein Auslieferungsersuchen von den marokkanischen Behörden?«
    »Das muss ein Übersetzungsfehler sein«, behauptete ich. Und brauchte keine eisigen Winde mehr.
    »Sie sollen einen Justizbeamten schwer verletzt haben.«
    Und auch keine kalten Bäder.
    »Ach das«, sagte ich etwas sehr leichthin. Zwei Monate lang hatte das fette, haarige Schwein alles nur Denkbare unternommen, um mich gefügig zu machen. Und mir schließlich, nach der Verkündung der Amnestie, praktisch als letzten Versuch, meine beschlagnahmte Aprilia zum Kauf angeboten. Unter der Hand. Für einen hohen Preis. Die eine Hälfte in Euro und die andere in Libido. Das Geld hatte ich einfach nicht, doch den zweiten Teil der Vereinbarung habe ich, in gewisser Weise, eingehalten. Auch wenn ich mich dabei, technisch gesehen, habe vertreten lassen.
    »Das«, sagte ich, »das geschah mehr oder weniger auf eigenes Verlangen.«
    Von einem Gummiknüppel, falls das jemanden interessiert.
    »Doch seien Sie unbesorgt«, meinte Menden.
    »Die da unten kriegen Sie erst in die Finger, wenn wir mit Ihnen fertig sind.«
    Na, dachte ich, wenn das kein Grund zur Freude ist. Und so ganz, ganz allmählich begann sich in mir jetzt doch der innige Wunsch nach etwas Rechtsbeistand zu manifestieren.
    Falco wieherte und furzte gleichzeitig, so freute er sich, mich zu sehen. Er stupste mir den Hut vom Kopf, doch ich fing ihn noch in der Luft, und dann benagten und betatschten und beschnupperten wir einander ein bisschen, wie das zwischen Ross und Reiter so üblich ist. Schließlich untersuchte ich ihn und das auf seinem Rücken festgebundene Gerät. Bis auf ein paar wunde Stellen von übermäßigem Sporeneinsatz schien mir mein Pferd ganz in Ordnung, auch der Sattel war nicht schlecht und die Ausrüstung die eines Cowboys vor einem mehrtägigen Ritt inmitten der Herden. Lasso, Wolldecke, Munition, Kochgeschirr, Zündhölzer, getrocknete Bohnen, eine halbe Speckseite, ein bisschen Hafer und zwei große Wasserflaschen.
    Nicht weit vom Schecken entfernt fand ich Dickie Thyssons Gewehr, am Boden liegend. Was auffiel, war, dass sein Lauf nicht in Richtung des Weges zeigte, den unsere kleine Combo hergeritten gekommen war, sondern in eine tiefe Höhle in der Steilwand. Neugierig trat ich näher heran und entdeckte eine frisch abgesplitterte Ecke im Fels, auf Bauchhöhe ungefähr. Thysson jr. hatte auf etwas oder jemanden geschossen, der oder das aus dieser Höhle gekommen war.
    Bär? Dann stünde der Schecke nicht mehr da. Indianer? Mexikaner? Dann wohl auch nicht.
    Nachdenklich fasste ich mein Pferd am Zaumzeug und führte es die schwierige Geröllpassage hinab. Es wurde Zeit. Dunkelheit fiel ringsherum mit einem Tempo wie sonst nur nach einem Schlag auf den Schädel.
    »Es war Wahnsinn von ihm«, ereiferte sich Pancho, Bündel von Brennholz

Weitere Kostenlose Bücher