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Wanted

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Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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mir einen Grund, Gringo, warum ich dich nicht töten sollte!« Das waren seine begleitenden Worte gewesen und sie hatten meine Fantasie zum Sprudeln gebracht wie Badesalz. Auch wenn dieser Vergleich der Dramatik der Situation jetzt nicht ganz gerecht wird.
    »Weil ich dir sagen kann, wer eure Siedlung in Brand gesteckt hat«, antwortete ich mit einer vorgeschobenen Coolness, wie man sie selbst in sechs Monaten Lee Strasberg nicht lernen könnte.
    Albans schwarze Augen funkelten tückisch.
    »Du sagst es mir«, er zuckte die Achseln, »und dann töte ich dich trotzdem.«
    »In dem Fall sag ich's nicht.«
    Er dachte tatsächlich nach jetzt.
    »Also gut. Sag's mir.«
    »Und du lässt mich am Leben?«
    »Hm. Vielleicht.«
    »Für ein >Vielleicht< rücke ich gar nichts raus.«
    Er dachte wieder nach und das Herumkauen auf einem Ende seines schwarzen Schnäuzers schien ihm dabei zu helfen.
    »Okay. Du sagst mir, wer unsere Siedlung angesteckt hat, und ich lasse dich am Leben.«
    »Da hab ich dein Wort drauf?«
    El Lobo wand sich ein bisschen, sah sich um. Mindestens ein Dutzend seiner Leute umstand uns. Galgenstricke, Halsabschneider, Meuchelmörder jeder Einzelne von ihnen, doch ein Wort ist ein Wort. Da kennen sie nix, die Mexe.
    »Ja«, rang ihr Anführer sich schließlich ab. »Du hast mein Wort.«
    Ich holte tief Luft für die vielleicht wichtigste Aussage meines ganzen Lebens.
    »Ich schneid dir nur die Eier ab«, brach es da aus Alban heraus, zur enormen Belustigung seiner Bande, und so ist das dann noch eine ganze, gottverdammte Ewigkeit lang weiter hin und her gegangen.
    Ich setzte die Flasche ab, keuchte. Das Mal auf meiner Stirn fühlte sich an, als ob es für immer bleiben wollte. Wie ein Brandzeichen.
    Eva glitt an meine Seite.
    »Sei froh, dass sie fort ist«, meinte sie.
    Doch ich war im Moment nicht in der Verfassung für Diversifikation. Ich war froh, einfach nur froh. Über alles. Alles auf einmal. So froh.
    Ich schnippte mit dem Finger und Bro Ho goss mir einen Becher des verstärkten Kaffees ein.
    »»Nimm ersmal einen!«, brüllte er mich an.
    Ich pustete, nippte, pustete und nippte noch mal, und jede Zelle meines Körpers schlug einen kleinen Salto rückwärts. »Was habt ihr jetzt vor?«, wollte Eva wissen.
    Ich blickte hoch gen Himmel. Die Dämmerung setzte ein. Die Zeit war gekommen.
    »Wir reiten nach Buttercup und sprengen ein Loch in den Safe deines Vaters!«, rief ich und warf meinen Hut in die Luft. »Und dann stopfen wir uns die Taschen voll, und nichts und niemand wird uns aufhalten können!« Und ich lachte wie toll und wartete auf den Jubel meiner Mitstreiter, doch die schnüffelten nur. Blickten um sich und schnüffelten.
    »Äh, was riecht'n hier so?«, bölkte Bro Ho.
    »Riechst du das auch?«, fragte Pancho und da roch ich es auch.
    »Rauch«, stellte ich mit einer Verwunderung fest, die ans Traumhafte grenzte.
    »Ah, verdammt!« Die Tagschwester hatte sich das Haar x-mal aus dem Gesicht gestrichen, doch es wollte und wollte nicht hinter ihren Ohren halten, und jetzt verlor sie die Geduld damit und zwang die blonde Pracht in einen von einem Haargummi gehaltenen Pferdeschwanz.
    »Ich hatte mich schon gewundert«, kommentierte ich vertraulich, »Sie mit offenem Haar?«
    »Ach, ich dachte, ich versuch's mal«, meinte sie, errötete in den Wangen und lächelte schüchtern, was ihre Grübchen zum Vorschein brachte.
    Hossa, dachte ich. Sie war doch sonst so spröde. Und sie hatte es nicht nur mit offen getragenem Haar versucht, fiel mir auf, sondern auch mit Make-up, mit Chanels Fünfer, wenn mich mein Zinken nicht trog, mit drei, nein, vier offenen Knöpfen an ihrer allerdings weiterhin gestärkten und gebügelten Bluse. Trotzdem ...
    »Sie wirken verändert«, beobachtete ich, als sie sich mit elegant übereinander geschlagenen Beinen neben mir auf einem Hocker niederließ und begann, meine Verschraubungen am Bein zu desinfizieren.
    Sie nickte und strahlte kurz auf, bevor ihre Augen zu schwimmen begannen. Verlegen tupfte sie daran herum.
    Hossa, dachte ich. Was ist denn mit ihr?
    »Irgendetwas, das Sie mir erzählen möchten?«, fragte ich im Tonfall eines vor Verständnis schwangeren Beichtvaters.
    Sie schüttelte den Kopf, lächelte und zog kurz die Nase hoch, an der ein Tränchen heruntergekullert war.
    »Da gibt's nicht's«, behauptete sie. »Ich könnte es auch gar nicht in Worte fassen.« Lächelnd, tränend, schniefend machte sie sich mit Mull und Sprühflasche an meinen Schrauben

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