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Wanted

Wanted

Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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wäre doch nur höflich.«
    Aus dem Handgelenk schleuderte ich meinen frisch gelochten Kopfputz lässig Richtung Hutständer, den ich leider knapp verfehlte. Dafür hätte ich aber um ein Haar den Spucknapf getroffen.
    »Womit kann ich dienen?«, fragte die Süßspeise und packte noch zwei Pfirsichhälften auf den Teller, als sie sich zu mir vorbeugte. Ich schluckte hart. Acht Wochen in einer Chain-Gang gefolgt von sechs Tagen Einöde machen es einem Mann nicht immer leicht, sich wieder in Gesellschaft zurechtzufinden. Doch ich riss mich zusammen. Die Erinnerung an Eile war zurückgekehrt.
    »Ich möchte gerne ein paar Papiere einsehen«, sagte ich in geschäftsmäßigem Tonfall. »Was mich interessiert, sind die Besitzverhältnisse eines bestimmten Anwesens.« Und dann nichts wie raus aus der Stadt. »Der Name lautet ...«
    »Starski«, bellte eine Stimme hinter mir und eine Türe schlug zu. »Ivan Starski, um genau zu sein.« Worte, gesprochen in einer Art geknurrtem Bariton, gesprochen wie mit einem zugekniffenen Auge. Über den Lauf eines Repetiergewehres hinweg. »Schon mal von mir gehört?«
    Hatte ich. Eine lebende Legende. Soll mehr Menschen gehenkt haben als irgendein anderer Sheriff im gesamten Westen. Und mehr erschossen als sonst einer auf dem Planeten. Ein Ruf, der, unter Umständen wie diesen, Widerstand als die zweitbeste Lösung erscheinen ließ.
    »Du bist verhaftet, Fremder. Hände hochgehalten und ab mit uns!«
    »Für den durchschnittlichen Fremden«, meinte Shits mit einem kalkulierenden Blick hoch zur Wanduhr, »hat er sich noch nicht mal schlecht gehalten.«
    Pancho unterbrach das Zusammenfegen der Spiegelscherben, um Shits einen ernsten Blick zu schenken.
    »Du weißt, dass er kein Fremder ist«, raunte er unnötig leise, wo doch, abgesehen von Mandoney, der bestenfalls physisch präsent war, sich nur noch Shits und Bro Ho im Saloon befanden, und die wussten es beide. »Zumindest nicht für uns.
    Und wenn er das erledigen will, was er vorhat, und noch dazu das, was wir uns von ihm erwarten, dann wird er sich noch eine gottverdammte Weile länger halten müssen.«
    »Na, damit«, meinte Bro Ho, der immer noch neben Mandoneys lang hingestreckter Gestalt kniete, düster, »damit sieht's aber schlecht aus.«
    Düster auch deshalb, weil der Deputy die Weitsicht besessen hatte, sämtliche Wertgegenstände aus seinen Taschen zu entfernen, bevor er losgegangen war und sich niederschießen ließ. »Wer'n Deputy kaltmacht, hängt«, fügte er düster hinzu.
    »Da kennt der Sheriff nix.«
    Wie von alleine fand eine kleine Zange ihren Weg in Bro Hos wurstige Finger, von denen er zwei weitere zur Anwendung brachte, um dem Hingestreckten die Zahnreihen zu entblößen, da verhielt er mitten in der Bewegung.
    »Ey, ihr zwei!«, rief er, überrascht. »Kommt ma eben her!«
    »Darf ich«, begann ich, während ich vor der Mündung eines Gewehrlaufs her mit erhobenen Händen die Hauptstraße hinunterlief, »fragen«, fuhr ich fort, während ich die Szenerie betrachtete wie jemand, der auf Besuch ist in der Stadt, »was man mir vorwirft? Der Deputy hat von hinten das Feuer auf mich eröffnet, das haben alle im Saloon ges ...«
    »Erst mal siehst du dem Steckbrief verdächtig ähnlich.«
    »»Jeder sieht dem Steckbrief ähnlich«, warf ich ein.
    »Dann eben Waffenbesitz.«
    »Ah«, sagte ich und verfiel in nachdenkliches Schweigen. Pancho, dachte ich nach einem Weilchen, Pancho war der einzige Mann, dem ich bisher in Buttercup begegnet war, der keine Waffe trug. Selbst die Neger hatten Sechsschüsser im Gürtel. Nachdenklich sah ich mich um. Jeder, jeder Einzelne, auf den mein Auge fiel, war bewaffnet. Ich sah mich weniger nachdenklich, dafür aber etwas demonstrativer um. Sheriff Starski verstand meinen Wink.
    »Fremden in Buttercup ist das Tragen von Waffen verboten«, klärte er mich auf.
    Na, da hatte er mein vollstes Verständnis. Wenn es nach mir ginge, dürfte es überhaupt keine bewaffneten Fremden geben, und auch einem Großteil meiner Bekannten, alten wie neuen, würde ich die Dinger am liebsten abnehmen. Ich wollte ihm gerade begreiflich machen, dass in meinem Fall er und seine Mitbürger die Fremden seien, zumindest für mich, als mich laute Hammerschläge ablenkten.
    »Hey«, sagte ich, »das sieht nach ordentlicher Arbeit aus.« Auf dem kleinen Platz vor der Kirche entstand eine hohe Bühne.
    »Ja, wurd mal Zeit für 'nen Neuen«, meinte der Sheriff hinter mir.
    Aus der Bühne ragte ein solider

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