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War against people

War against people

Titel: War against people Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noam Chomsky
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vollständig verwirklicht werden können«. Nur die USA legten gegen die
    Erklärung ihr Veto ein und damit implizit auch gegen jene Artikel der Erklärung, in denen
    dieses Recht näher umschrieben wird. 12
    Gerade wegen der relativistischen Angriffe ist die Menschenrechtserklärung es wert,
    verteidigt zu werden. Doch machen wir uns keine Illusionen: Der mächtigste Staat der Welt
    hat immer schon das Lager der Relativisten angeführt, und selbst in der Unterkategorie der
    Menschenrechte, zu denen er sich bekennt, »gibt es ein dauerhaftes und weitverbreitetes
    Muster« von Übertretungen und Verletzungen, wie es in einem Interview mit Amnesty In-
    ternational heißt. 13
    Das System der Menschenrechte war einer der drei miteinander verstrebten Pfeiler der
    Neuen Weltordnung, die nach dem Zweiten Weltkrieg von den Siegern errichtet worden
    war. Einen zweiten Pfeiler bildete die politische Ordnung, die in der UN-Charta ihren
    Ausdruck fand; den dritten die in Bretton Woods formulierte Wirtschaftsordnung. Werfen
    wir einen kurzen Blick auf diese Komponenten des geplanten internationalen Systems, wobei
    wir uns auf die Dimension der Menschenrechte konzentrieren.
    Das System von Bretton Woods funktionierte bis zu den frühen siebziger Jahren, also während
    einer Epoche, die mitunter das »Goldene Zeitalter« des Industriekapitalismus genannt wird.
    Die Wirtschaft florierte und mit ihr die Verwirklichung der in der Menschenrechtserklärung
    formulierten sozialen und ökonomischen Rechte. Sie lagen den Begründern von Bretton
    Woods besonders am Herzen, und ihre Ausweitung während des »Goldenen Zeitalters« war
    ein Beitrag zur zumindest partiellen Umsetzung der Menschenrechte, die mehr sein sollten
    als »fromme Sprüche« oder ein »Brief an den Weihnachtsmann«.
    Ein Grundprinzip des Systems von Bretton Woods war die Regulierung der Finanzmärkte,
    deren Liberalisierung, so wurde mit Recht befürchtet, zu einer gefährlichen Waffe im Kampf
    gegen Demokratie und Wohlfahrtsstaat werden könnte. Das Finanzkapital sollte kein
    »virtuelles Oberhaus« der Regierung werden, das seine eigene Sozialpolitik betreiben und
    jene durch Kapitalflucht bestrafen würde, die sich dieser Politik zu entziehen suchten. Das
    System wurde durch die Regierung Nixon unter tätiger Beihilfe Großbritanniens und anderer
    Finanzzentren beseitigt. Von den Ergebnissen wären die Erbauer des Systems nicht überrascht
    gewesen.
    Für die großen Industriestaaten bedeutete die Ära nach Bretton Woods geringeres
    Wirtschaftswachstum und die schleichende Auflösung des Sozialvertrags, ein Prozeß, der
    sich am deutlichsten in Großbritannien und den USA vollzog. In den Vereinigten Staaten
    war die wirtschaftliche Erholungsphase der neunziger Jahre die schwächste seit dem Zweiten
    Weltkrieg und steht in der amerikanischen Geschichte insofern einzigartig da, als die
    Bevölkerungsmehrheit noch nicht einmal das Niveau des letzten Konjunkturgipfels von 1989,
    geschweige das von 1979 zurückgewonnen hat. Die Durchschnittsfamilie arbeitet heute pro
    Jahr 15 Wochen länger als vor 20 Jahren, während das Einkommen stagniert oder gar rückläufig
    ist. Das eine Prozent der Superreichen hat enorme Gewinne gemacht, während die zehn
    Prozent der Gutverdienenden immerhin Zuwächse zu verzeichnen haben. Für die nächsten
    zehn Prozent ist der Nettowert — Vermögenswerte minus Schulden — in den neunziger
    Jahren ständig gefallen. Die soziale Ungleichheit, die während des sogenannten Goldenen
    Zeitalters stetig reduziert wurde, ist jetzt auf das Niveau der Zeit vor dem New Deal
    abgesunken. Die Ungleichheit korreliert mit der Zahl der Arbeitsstunden. 1970 waren die
    USA in beiderlei Hinsicht mit Europa auf einer Linie, aber mittlerweile sind sie gegenüber
    den anderen Industriestaaten weit zurückgefallen. Immer noch sind sie das einzige Land des
    reichen Westens, in dem es keine Regelungen für bezahlten Urlaub gibt. Während der
    Präsidentschaft von Reagan hat die Regierung ganz offen die Verbrechen der Konzerne
    unterstützt, worüber in den Wirtschaftszeitungen bisweilen sehr genaue Berichte zu lesen
    waren, und dadurch die Rechte der Arbeiter untergraben. Daran hat sich auch nach Reagan
    nichts geändert. All dies vollzieht sich in direktem Konflikt mit der Menschenrechtserklärung
    — das heißt mit den Teilen, denen unter dem vorherrschenden Relativismus die Anerkennung
    verweigert wird. 14
    Regelmäßig bejubelt die Presse »ein Zeitalter noch

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