War against people
zu
stellen«, wobei auch die Überreste der Agrarreform nach und nach beseitigt werden. Der
»Klassencharakter« des Wirbelsturms und seiner Nachwirkungen ist keineswegs Ausdruck
eines »göttlichen Willens oder [einer] mythischen Verfluchung der Armen«, sondern »das
Ergebnis sehr konkreter sozialer, ökonomischer und ökologischer Faktoren«.6Auch dies gilt
beileibe nicht nur für Nicaragua.
Als Nebenwirkung des Wirbelsturms wurden Zehntausende von Landminen in der Region
verstreut. Sie sind ein Überbleibsel der nicaraguanischen Komponente der Terrorkriege, die
Washington in den achtziger Jahren führte. Zum Glück kamen Minensuchexperten zu Hilfe
aus Frankreich. Berichtet wurde darüber in pazifistischen Publikationen.7Daß Washington sich nicht darum kümmerte, kann angesichts der Reaktion auf weit schlimmere
Menschenrechtsverletzungen ähnlicher Art, von denen noch die Rede sein wird, kaum
verwundern. Das vielleicht eindrucksvollste Beispiel sind die Opfer der Antipersonen-Minen,
die die Ebene von Jars in Laos zu einem tödlichen Gelände machen. Jars war Schauplatz der
schwersten und nachweisbar grausamsten Bombardements ziviler Ziele in der Geschichte
überhaupt: Dieser furienhafte Angriff auf eine arme bäuerliche Gesellschaft hatte mit den
Kriegen, die Washington sonst noch in der Region führte, kaum etwas zu tun.
Neue Rechte?
Untersuchen wir die allgemeineren Umstände, unter denen die in der Erklärung
niedergelegten Rechte Leben und Substanz gewinnen.
In vielerlei Hinsicht betrat die UN-Menschenrechtserklärung neues Terrain. Sie erweiterte
den Bereich der bereits formulierten Rechte und dehnte ihn auf alle Personen aus. In einem
großen Essay zum 50. Jahrestag gibt Mary Ann Glendon, Rechtsprofessorin in Harvard, einen
Überblick über die in der Erklärung festgelegten Rechte. Es handelt sich dabei, bemerkt sie,
»nicht lediglich um eine 'Universalisierung' der traditionellen 'Menschenrechte' (rights of
man) des 18. Jahrhunderts, sondern um den Bestandteil eines neuen 'Impulses' in der Geschichte
der Menschenrechte (human rights) ... [Die Erklärung] gehört zur Familie der nach dem
Zweiten Weltkrieg entwickelten Rechtsinstrumente, die dem Freiheitsbaum den Zweig der
sozialen Gerechtigkeit aufpropfen wollten«. Dazu zählen vor allem die Artikel 2227, eine
»Säule« der Erklärung, die »verschiedenden 'neuen' ökonomischen, sozialen und kulturellen
Rechten den Status von Grundrechten verleiht«. Im Grunde ist die Menschenrechtserklärung
ein weiterer Schritt zur »Rückerlangung der Rechte«, die durch Eroberung und Tyrannei
verlorengingen. Sie verspricht »dem Menschengeschlecht ein neues Zeitalter«, um an die
Hoffnungen von Thomas Paine vor über zweihundert Jahren zu erinnern.8
Weiter hebt Glendon hervor, daß die Erklärung von einem integralen Universalismus geprägt
ist: Die »relativistische« Forderung, daß bestimmte Rechte im Kontext »asiatischer Werte«
oder eines anderen Vorwands nur sekundären Status haben dürften, findet in ihr keinen Platz.
Eben dies wird auch in einem Bericht zur Menschenrechtsordnung, den die Vereinten
Nationen zum 50. Jahrestag der UN-Charta veröffentlichten, sowie im UN-Beitrag zur ersten
Weltkonferenz über Menschenrechte, die 1993 in Wien stattfand, betont. In seiner
Eröffnungsrede wies der UN-Generalsekretär daraufhin, »daß die Interdependenz aller
Menschenrechte von großer Bedeutung ist«. In der Einleitung zu einer Publikation, die dem
50. Jahrestag gewidmet ist, faßt er die Ergebnisse der Wiener Konferenz zusammen: »Förderung
und Schutz ökonomischer, sozialer und kultureller Rechte ist genauso wichtig wie die
Durchsetzung von Bürgerrechten und politischen Rechten.«
Ähnlich äußerte sich der Vatikan zum 50. Jahrestag der Menschenrechtserklärung. In seiner
Neujahrsbotschaft für 1999 verdammte Papst Johannes Paul II. neben Marxismus, Nazismus
und Faschismus auch die »nicht weniger bösartige« Ideologie des »materialistischen Konsums«,
bei der »die negativen Auswirkungen auf andere Menschen für völlig unbedeutend gehalten
werden« und »Nationen und Völker das Recht auf eine Beteiligung an den Entscheidungen,
die ihre Lebensweise oft so grundlegend verändern«, verlieren. Ihre Hoffnungen werden
»grausam zerstört« durch eine Marktordnung, in der »politische und finanzielle Macht
konzentriert sind«, während die Finanzmärkte unberechenbar fluktuieren und
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