War against people
Operationen,
»strategische Bündnisse« mit angeblichen Konkurrenten und andere Verkopplungen. Von
den mächtigen Staaten, über die sie, wie John Dewey einst sagte, den »Schatten« namens
»Politik« werfen, fordern und erhalten sie entscheidende Unterstützung und bestätigen damit
die Befürchtungen, die James Madison vor zweihundert Jahren hegte, daß private Macht das
Wagnis Demokratie zerstören könnte, indem der Privatsektor »zugleich zum Werkzeug und
zum Tyrannen« der demokratischen Regierung wird. Das Hauptziel des »Neoliberalismus«
besteht darin, den öffentlichen Raum für andere einzuschränken und den Staat zugleich zum
Werkzeug des wirtschaftlichen Privatinteresses zu machen. Die Grundidee wurde klar und
deutlich von David Rockefeller formuliert: Es gehe darum, »den Einfluß der Regierung
zurückzudrängen«. So etwas »liegt den Geschäftsleuten am Herzen«, bemerkte er, »andererseits
jedoch muß irgend jemand die Rolle der Regierung übernehmen, und da scheint mir die
Geschäftswelt der logische Nachfolger zu sein. Ich glaube, daß allzu viele Geschäftsleute
sich dessen einfach noch nicht bewußt geworden sind oder gesagt haben: 'Das muß jemand
anderer verantworten, nicht ich.'« 23
Auf keinen Fall aber darf es die Öffentlichkeit verantworten. Der große Fehler einer Regierung
besteht darin, daß sie dieser Öffentlichkeit gegenüber in gewissem Maße Rechenschaft
ablegen muß und ihr Mitwirkungsmöglichkeiten bietet. Der Fehler wird behoben, wenn die
Verantwortlichkeit in die Hände unsterblicher, mit großer Macht ausgestatteter
Rechtspersonen gelegt wird, die den Schutz von Persönlichkeitsrechten genießen und ohne
störende Einwirkung der Öffentlichkeit planen und entscheiden können.
Gegenwärtige politische Initiativen wollen die Rechte juristischer Personen gegenüber
denen, die Personen aus Fleisch und Blut zustehen, enorm ausweiten. Davon zeugen
Handelsabkommen wie das NAFTA oder das Multilaterale Investitionsabkommen (MAI),
wobei letzteres auf öffentlichen Druck hin wieder zurückgezogen wurde, aber sehr
wahrscheinlich in weniger spektakulärer Form wieder auftauchen wird. 24 Diese Abkommen
garantieren Konzerndiktaturen das Recht auf »nationale Behandlung«, das Personen im
herkömmlichen Sinn nicht zusteht. General Motors kann in Mexiko »nationale Behandlung«
verlangen, wohingegen Mexikaner aus Fleisch und Blut nördlich der Grenze keinen Anspruch
auf »nationale Behandlung« haben (und auch nicht unbedingt haben wollen).
Ebenfalls haben Konzerne die Möglichkeit (mit Aussicht auf Erfolg), Nationalstaaten wegen
»Enteignung« verklagen, was heißt, daß ihnen bei ihrer Forderung nach freiem Zugang zu
Ressourcen und Märkten kein Entgegenkommen gezeigt wurde.
Auch ohne die formelle Gewährleistung solcher außerordentlichen Rechte, die den
Prinzipien des klassischen Liberalismus krass widersprechen, zeitigt die Rolle dieser
juristischen Personen als »Werkzeuge und Tyrannen« der Regierung und als Vertreter der
herrschenden Lehre ähnliche Resultate. Das läßt sich anhand des Artikels 17 der
Menschenrechtserklärung illustrieren, in dem es heißt, daß »niemand willkürlich seines
Eigentums beraubt werden darf«. In der wirklichen Welt sind es gerade die juristischen
Personen, deren Rechte vor allen anderen geschützt werden, und zwar von einer Doktrin,
die zur gleichen Zeit formuliert wurde wie die Menschenrechtserklärung. Diese Doktrin
bestätigt das Recht auf »angemessene, wirksame und schnelle Entschädigung« für enteignetes
Eigentum zu »einem fairen Marktpreis«, der natürlich von denen festgelegt wird, die mächtig
genug sind, ihren Willen durchzusetzen. Die Roosevelts Außenminister Cordell Hull
zugeschriebene Formulierung wurde in anerkannten Abhandlungen zum internationalen Recht
als »internationaler Mindeststandard an Zivilisation« bezeichnet. 25
Die Anwendungskriterien für diese Formel mögen auf den ersten Blick inkonsistent wirken,
aber nur, solange nicht die Faktoren der wirklichen Welt in Betracht gezogen werden. Die
Formel ist die Grundlage für den seit vierzig Jahren geführten Wirtschaftskrieg der USA
gegen Kuba, der mit dem Vorwurf gerechtfertigt wird, Kuba habe diesen »internationalen
Mindeststandard« nicht erreicht. Die Formel gilt allerdings nicht für US-Investoren und die
Regierung, die sich um 1900, als Kuba militärisch besetzt war, die Besitztümer aneigneten.
Es gilt auch nicht
Weitere Kostenlose Bücher