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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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überaus betörende, verlockende Mischung aus den Obstgärten, von Rosmarin
und Thymian verwirrte mir die Sinne und benebelte meinen Kopf. Hatte ich wirklich Ivan testen wollen? Und warum war ich nicht nur auf Seffy sauer, sondern auch auf ihn? Weil er, genau wie Seffy, noch nicht den kurzen Hosen entwachsen war, und was ich wollte, war ein Mann? Warum? Warum war ich in letzter Zeit nicht mehr in der Lage meine eigenen, rationalen Entscheidungen zu fällen, so wie ich es immer getan hatte?
    Plötzlich angelte ich spontan – ein gefährliches Manöver – nach meinem Handy. Schaltete es ein. Batterie schwach. Eigentlich Batterie bei null. Fieberhaft suchte ich rechts und links nach einem passenden Platz zum Wenden, wobei mir von Minute zu Minute heißer wurde und meine Hände am Steuer feucht wurden. Aber die Straße war lang und schmal und überhaupt, ich konnte doch jetzt nicht einfach umkehren, oder? Was sollte ich sagen? Ich warf einen Blick auf die Uhr. Abgesehen davon wäre er jetzt ohnehin schon unterwegs zum Markt. Mit Ricard … Sylvie … Mein Magen krampfte sich zusammen. War das der Grund, warum ich so wütend war? Weil gestern … gestern war seine Brieftasche aus seiner Jeans gefallen, und als ich sie aufgehoben und ihm gegeben hatte, war ein Foto herausgerutscht. Nur eine Ecke und ich hatte nicht mehr gesehen als den Arm eines Mädchens, aber er hatte es schnell wieder hineingeschoben. Offensichtlich wollte er nicht, dass ich es sah …
    Langsam legte ich das Handy wieder auf das Armaturenbrett und meine Hand aufs Steuerrad. Plötzlich brummte es, weil es eine SMS empfangen hatte. Sofort schnappte ich es. Sie war von Ivan. Ein Teil fehlte, aber es war der übliche erotische Unterton. Irgendetwas von wegen »… relaxed im LKW – Kuss, Kuss«. Angewidert warf
ich das Handy zur Seite. Glaubte er wirklich, dass ich so etwas jetzt brauchen konnte?
    Nein, das brauchte ich nicht. Ich biss die Zähne zusammen und fuhr weiter. Ich sollte mich lieber auf die Straße konzentrieren, die zwar wenig befahren, aber doch kurvenreich und holprig war, wie Straßen in Frankreich manchmal sein konnten. Und wie so viele der Straßen in meinem Leben gewesen waren. Plötzlich saß ich wieder am Steuer eines anderen Lasters, meines Pritschenwagens damals in Kroatien, auf dem Weg zum Krankenhaus, nachdem ich gehört hatte, dass Ibbys Familie getötet worden war. Ich hielt die Luft an und überlegte, wo das auf einmal hergekommen war. Ich bin dort nie selbst hingefahren. Nie. Ungeduldig schüttelte ich den Kopf und fuhr weiter gen Norden.
    Natürlich hatte der Laster dann auch noch einen Platten, in einem Dorf kurz vor der Normandie, und natürlich dauerte es Stunden, bis es sich jemand in der Werkstatt vor Ort ansehen konnte. Drei Männer in Overalls standen kopfschüttelnd da, saugten die Luft durch die Zähne und murmelten: » Catastrophe …«
    Inzwischen war es Abend, und ich heulte fast vor Erschöpfung. Ich war neun Stunden am Stück gefahren, und es war fast eine Erleichterung, als man mir sagte, ich müsste über Nacht bleiben, weil der Laster erst am nächsten Morgen repariert werden könnte. Der Reifen war total kaputt und musste ersetzt werden. Den Laster ließ ich in der Obhut der Automechaniker zurück, die sich jetzt wichtigtaten und ihren Spaß dabei hatten, sich darüber zu beklagen, dass sie ihn nun möglicherweise mitsamt den ganzen Möbeln darin hochwuchten mussten, und tatsächlich diskutierten, ob ich ihn nicht doch entladen müsste. Ich tat das, was ich in solchen Extremsituationen
immer tue, ich zückte Geld und bat sie, das Notwendige zu veranlassen, während ich mich in einen Gasthof gleich neben dem Marktplatz zurückzog. Erschöpft und niedergeschlagen schleppte ich mich nach oben, schon wieder mit einem anderen Zimmerschlüssel, schon wieder in ein leeres Hotelzimmer und dann in ein heißes Bad.
    Anschließend rief ich in ein Handtuch gehüllt Dad an, um ihm zu erzählen, was passiert war und dass ich erst morgen kommen würde.
    »Das ist kein Problem, Süße, hetz dich nicht. Seffy ist hier – wir sind bei Laura – er hat eben zu Abend gegessen. Du kannst sowieso nichts tun. Er muss das mit sich selbst ausmachen.«
    »Und tut er das auch?«
    »Wer weiß? Ich habe ihn nicht ausgefragt, sondern ihn nur abgeholt und hierhergebracht.«
    Während ich ihn natürlich mit Fragen bombardiert hätte. Ihm kreischend Vorwürfe gemacht hätte. Ich nickte mit einem Kloß im Hals.
    »Er war früher so ein

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