War da noch was - Roman

von den beringten Händen der Frauen gestreichelt. Sie sahen allesamt schrecklich gut aus, waren aber dennoch sehr freundlich und offen.
    Imogen Harrison mit goldblonden Haaren, einem breiten
Lächeln und einer durchdringenden Stimme, saß mir gegenüber und erzählte mir von einer Jagdgesellschaft, auf der sie vor Jahren gewesen war, und auf der auch der Jockey Lester Piggott als Gast geladen war. Er war ein Jagdneuling, und als er sein Gewehr auf einen am Boden laufenden Fasan richtete, hatte der Gastgeber sanft gefragt: »Sie warten doch, bis er hochfliegt, nicht wahr, Lester? «, woraufhin der Jockey geantwortet hatte: »Nein, ich warte darauf, dass er stehen bleibt.« Wie sie alle lachten in unserem polternden Gefährt und wie ich »ha, ha, ha!« mitlachte. Ja, unglaublich komisch.
    »War das die Jagd bei den Witherstone-Parkers?«, fragte ein vornehm aussehender, grauhaariger Herr neben ihr.
    »Ja, Piggy und Fluff. Und natürlich hat Piggy nicht mit der Wimper gezuckt!«
    Wieder brüllten alle los vor Lachen, und diesmal war ich rechtzeitig dran und verpasste den Einsatz nicht.
    So werde ich auch bald sein, dachte ich, und musterte Imogen eifrig: Perlenohrringe, Kaschmir um den Hals, makellos frisierte Haare unter einer entzückenden Tweed-Mütze mit Samtkante. Und diese schicken Leder-Schaftstiefel mit Schnallen am oberen Rand. Ich musste Laura fragen, wo man die bekam. Obwohl Laura selbst eher Jeans und irgendwelche eilig geborgten, knallbunten Gummistiefel von ihrer Tochter trug. Ja, Hal und ich: Wir amüsierten uns mit unseren Freunden bei einem verlängerten Wochenende in Schottland, vielleicht beim Angeln oder auf der Pirschjagd. Dabei kam mir Bambis Mutter in den Sinn. Nein, lieber doch nur Angeln. Und vielleicht sogar mit Imogen und ihrem Mann? Sie wirkte nett, dachte ich. Sie lächelte, während ich sie betrachtete.
    »Sie sind Lauras Schwester, nicht wahr? Wir wurden uns gestern Abend gar nicht richtig vorgestellt.«

    »Ja, Hattie.«
    »Also, wenn Sie noch länger bleiben, dann kommen Sie doch morgen Abend zum Essen zu uns. Wir haben ein paar Leute eingeladen. Hal kommt auch, nicht wahr, Hal?«
    Aber Hal war ganz ins Gespräch mit dem Typ neben ihm vertieft und lachte herzhaft über eine weitere Jagd-Anekdote.
    »Sehr gerne«, gab ich glücklich lächelnd zurück. Hatte sie uns bereits als Paar erkannt? Wie aufregend. »Sind Sie von hier?«
    »Ja, wir leben nur ein Stück in diese Richtung.« Sie zeigte es mir.
    »Ach, im Dorf?«
    »Nun ja, im Schloss.«
    »Oh, natürlich.«
    Verdammt. Ich wusste ja, dass Lauras und Hughs Freunde in ganz schön großkotzigen Hütten residierten, aber ich hatte nie richtig aufgepasst. Das würde ich in Zukunft tun. Ich würde Infos über die ganzen Herrenhäuser und Adelssitze büffeln. Ich sollte wirklich wissen, wer wo lebte. Ob man das wohl googeln konnte? Oder gab es ein Buch, das ich mir kaufen konnte? Ja natürlich, da gab es die Debrett’s- Genealogie. Himmel. Nie hätte ich gedacht, dass ich das einmal in meinen Warenkorb bei Amazon legen würde. Aber was sein musste, musste sein, und ich war ziemlich sicher, dass ich diese aristokratischen Feinheiten in null Komma nichts beherrschen würde. Falls mir nicht irgendwann dieser hochgestochene Akzent auf den Keks gehen würde, dachte ich nervös, als mir eine hochgradig blaublütige Frau auf spektakuläre Weise ins Ohr wieherte.
    Imogen streichelte den Kopf eines Labradors, während
sie mit mir plauderte und sich sehr nett und mit echtem Interesse nach London und meiner Tätigkeit dort erkundigte. Ich antwortete freundlich und streichelte kumpelhaft den Kopf des Labradors neben mir. Aber als er sich bewegte, bemerkte ich, dass ich stattdessen das Knie von Hal gestreichelt hatte, das in weichen Stoff gehüllt war. Er kreuzte die Beine andersherum, und ich glühte vor Scham. Am besten hätte ich auf der Stelle einen Witz daraus gemacht. Imogen hätte das getan: »Dachte, du wärst der verdammte Hund!«, aber Hal war noch immer ins Gespräch mit seinem Nachbarn vertieft, und dann war es zu spät.
    Über einen gewundenen Feldweg rumpelten wir ins Tal hinab, wo wir schließlich zum Stehen kamen. Jemand kam nach hinten gelaufen, um uns herauszulassen, und als ich in das frische, frostige Gras hinabsprang, warf ich einen Blick zu Hal hinüber. Er grinste zurück, seine Augen blitzten. Natürlich blitzten sie: Schließlich hatte ich ihn bereits in aller Öffentlichkeit gestreichelt. Und dabei hatte ich doch so